»Ich habe in den ersten Jahren meines Berufslebens alles zu diesem Thema falsch gemacht, was man nur falsch machen kann. Und ich glaube, dass ich aus genau diesem Grund heute diesen Job mache«, sagt Martina Ernst, Gründerin von SalaryNegotiations. lachend, wenn man sie nach den allerersten Stationen ihrer beruflichen Laufbahn fragt. »In meinem ersten Jobinterview habe ich auf die Frage, wie viel ich verdienen möchte, geantwortet, dass es mir egal ist, solange ich etwas zum Erfolg der Firma beitragen kann. Was für eine dumme Antwort«, fügt sie noch hinzu. In ihren Beratungsgesprächen trifft sie aber nicht nur auf Frauen, die behaupten, dass ihnen Geld einfach nicht wichtig ist. Auch Männer sind dabei. Auffällig ist jedoch, dass in Gehaltsverhandlungen Männer meist eher den oberen Rand eines gewissen Gehaltsspektrums anvisieren und Frauen dazu tendieren, sich am unteren Rand anzusiedeln. »Es gibt natürlich vielfältige Gründe dafür, warum das so ist,«, so Ernst. »Oft liegt es am eigenen Selbstwert bzw. eher daran, dass nicht ausreichend Selbstwert vorhanden ist, oder sie trauen sich die Verhandlung an sich nicht zu. Dabei kann natürlich auch die Erziehung eine Rolle spielen. Wenn mir als junge Frau permanent eingetrichtert wurde, dass ich bescheiden sein muss und die Männer sich ums Geld kümmern, dann wird es mir sicher deutlich schwerer fallen, in Gehaltsverhandlungen zu gehen.«

Martina Ernst rät dazu, nüchtern zu bleiben, wenn es um das Thema Geld geht, denn im Jobverhältnis wird man plötzlich selbst zur Ware – und diese Ware hat, wie eben alle anderen Waren auch, ein Preisschild. Was auf diesem Etikett steht wird durch den Markt vorgegeben. »Ich finde es immer wieder verblüffend, wie viele Menschen es gibt, die ihren Marktwert nicht kennen«, sagt Martina Ernst, die vor ihrer Selbstständigkeit lange im Personalbereich großer Finanzunternehmen gearbeitet hat. »Jobs haben einen Marktwert, wie ihn Autos zum Beispiel auch haben. Und genau da setzt eine professionelle Beratung an.« Während die Tatsache, dass Leistung ihren Wert hat, in so vielen anderen Lebensbereichen gar nicht erst diskutiert wird, wird sie bei einem selbst viel zu oft angezweifelt.

Das bedeutet aber keinesfalls, dass ein möglicher Job, der sich als Meilenstein am eigenen Karriereweg erweisen könnte, rigoros abgelehnt werden muss, nur weil die Möglichkeiten des Unternehmens nicht mit den eigenen Gehaltsvorstellungen zusammenpassen. »Das darf aber trotzdem nicht heißen, dass man sich unter Wert verkauft. Wenn ich das gewünschte Gehalt nicht bekomme, muss ich mir überlegen, ob die Firma mich genauso will wie ich sie. Kann ich dieses Gefühl bejahen, dann ist das schon mal gut. Dann wollen beide das gleiche und das ist auf jeden Fall eine gute Ausgangsbasis«, so Ernst. Geht es nach der Expertin, dann handelt es sich dabei sogar um ein solides Fundament, um positiv und selbstbewusst den eigenen Marktwert zu verhandeln. Und dann lassen sich in sehr vielen Fällen auch Lösungen finden. »Vielleicht ein höherer Bonus, mehr Urlaub oder Flexibilität im Job, Zuschüsse zu einem Pensionsfonds oder andere Benefits. Also ganz der Redewendung Geld hat kein Mascherl entsprechend«, zählt Martina Ernst lachend auf. Man sollte also immer den Job machen, den man auch haben will, aber nur zu Bedingungen, die für einen selbst auch passen. »Einen Job anzunehmen, den man nicht will, nur weil er gut bezahlt ist, macht ebenso wenig Sinn.« Man sollte also immer den Job machen, den man auch haben will, aber nur zu Bedingungen, die für einen selbst auch passen. »Auf der anderen Seite reicht es aber auch nicht, nur passionate zu sein und für den Job zu brennen, wenn die Bezahlung nicht passt.«

Martina Ernst, Gründerin von SalaryNegotiations.

»So sehr die Leidenschaft für eine Aufgabe einen beflügelt, so wenig sollte man darauf bauen, dass die Wertschätzung der Vorgesetzten ausreicht, um automatisch eine Gehaltserhöhung zu bekommen – da warten viele vergeblich, und wenn sie dann endlich das Thema ansprechen, reagieren sie unnötig emotional, wenn das Gespräch nicht gleich nach Plan verläuft.«

Zu überprüfen, wie man sich selbst beurteilt und welchen inneren Dialog man führt, schärft das Gefühl für den eigenen Selbstwert. »Wann habe ich mir eigentlich zum letzten Mal selbst die Frage gestellt, wo meine Stärken liegen und wo ich besonders gut bin? Wir neigen sehr schnell dazu, uns einem scheinbar unendlichen Selbstoptimierungsprozess zu unterwerfen und stellen uns stattdessen viel zu selten Fragen nach unserem Potential «, erzählt Martina Ernst aus ihren Beobachtungen und rät, sich aktiv seiner Stärken bewusst zu werden. »Sehr hilfreich sind dabei 360-Grad-Feedbacks, die viele Unternehmen anbieten. Oder damit beginnen, Freunde und Kollegen zu fragen, worin man in ihren Augen besonders gut ist. » Das auch wirklich annehmen zu können, fällt vielen Menschen nicht immer leicht. Den inneren Hang zur Selbstkritik kennt auch die Expertin und fühlt sich dabei ganz klar als Teil einer Generation, die das ständige Hinterfragen von Dingen stark internalisiert hat. Sie bezieht sich hier auf jene Zeit, in der Max Horkheimers und Theodor W. Adornos »Kritische Theorie« weit verbreitet war – mit den entsprechenden Auswirkungen auf die gesamte Gesellschaft: »Man hat einfach alles kritisch analysiert, nichts als gegeben hingenommen und wurde auch in der Schule so unterrichtet. Das wäre an sich ja gar nicht schlecht, es bedeutet aber auch, dass man irgendwann anfängt, sich selbst auf diese Weise zu hinterfragen. Und das kann irgendwann zersetzend sein.«

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