In Vreni Frosts Finanz-Podcast „Summa Summarum“ lernen Hörer:innen, die Finanzen „im Marie Kondo Style“ aufzuräumen, wie sie es zur eigenen Immobilien bringen oder was es mit Gold auf sich hat. In jungen Jahren nahm es Vreni Frost allerdings selbst nicht so genau mit den Finanzen.
Dieses Interview erschien auf www.her-career.com.
Daher weiß sie auch, was es für einen unterhaltsamen und praktisch umsetzbaren Finanzratgeber braucht. Ihr Buch „Coin Stress“ ist kürzlich erschienen – und fängt frau erstmal an zu lesen, kriegt sie richtig Lust auf Finanzen. Im Interview mit der herCAREER spricht sie über trockene Finanzbücher, Auswege aus der Schuldenfalle, ihre Kritik an „Money Mindset Gurus“ und smartes Wirtschaften.
Vreni Frost: „Coin Stress“ und mehr Lust auf Finanzen
Dein Buch hat zum Untertitel: „Ein Plädoyer für den entspannten Umgang mit Geld“. Dein Umgang mit Geld war bis zum Alter von 30 ein bisschen zu entspannt, wie du schreibst. Wann hast du begonnen, dich ernsthafter damit auseinanderzusetzen?
Vreni Frost: Finanzen und ich, das war bis kurz vor meinem 30. Lebensjahr eine On-Off-Beziehung – wobei sie eher off war. Mein Interesse an Finanzen ist erst durch meine Selbstständigkeit gestiegen. Damals hat mein Vater, ein Arzt, mir bei der Steuererklärung geholfen und brachte mich dazu, mich einzulesen. Irgendwann habe ich geschnallt, dass meine Steuererklärung viel aussagt darüber, woher mein Geld kommt, wohin es geht und wie ich mein Geld einsetze. Dann bekam ich die Gelegenheit, mit „Summa Summarum“ einen Podcast als Laiin zum Thema Finanzen zu moderieren. Ich habe mit verschiedensten Finanzexpert:innen zu Eigenheim, Versicherungen, Gender Pay Gap und Finanzgrundlagen gesprochen – und das hat mich geprägt.
Du gibst in „Coin Stress“ Tipps zum Umgang mit Geld, zu Investments und Veranlagung und Versicherungen. Und zwar mit lockerer Schreibe und amüsant. Ist das abstrakte, trockene Thema oft die Hemmschwelle, warum vor allem junge Menschen – und Frauen – sich zu wenig mit ihren Finanzen beschäftigen?
Vreni Frost: Die meisten Finanzbücher sind trocken: sie versprechen dir einfach zu sein, sind es aber nicht. Oder sie geben zu viele Vorschriften. Der Umgang mit Finanzen ist keine Raketenwissenschaft, nur wurde vor allem uns Frauen weisgemacht, dass das Thema wahnsinnig schwierig ist. Wir haben meist vor Dingen Angst, über die wir nicht Bescheid wissen. Sobald wir aber unser Wissen ausbauen, verlieren wir die Scheu, bauen unsere Kennnisse aus und das motiviert ungemein. Ich dachte mir, wenn es das unterhaltsame Finanzbuch nicht gibt, das ich gern lesen würde, schreibe ich es eben selbst.
Die klassische Veranlagung ist ja das Geld am Sparkonto – bei der hohen Inflation heutzutage wohl keine gute Idee. Wie finden wir den Weg in andere Anlageformen?
Vreni Frost: Diese Frage ist schon für die Fortgeschrittenen. Ganz viele Menschen sind dort noch gar nicht, für sie geht es darum: wie komme ich aus dem Minus auf meinem Konto mit all den den Soll-Zinsen heraus – das ist gar nicht so einfach. Und wie baue ich mir einen Puffer auf, mit dem ich weitermachen kann?
Wie gut unser Leben, unser Wohnen abgesichert ist, – auch das hat schon mit Finanzen zu tun. Sich selbst bestmöglich abzusichern ist die Basis, um überhaupt daran zu denken, Geld zu investieren.
Menschen können heutzutage alles instant kaufen und konsumieren. Da fällt es schwer, die Ausgaben im Zaum zu halten. Wie kommen Menschen aus der Schuldenfalle raus?
Vreni Frost: Das stimmt, wir wollen alles sofort, wir bekommen Finanzierungen hinterhergeworfen, werden ständig mit Konsum geködert. Wenn du im Minus bist, musst du dir klarmachen: Jeder weitere Monat mit Minus auf dem Konto verschlechtert deine Situation. Ich kann ein Lied davon singen, denn ich stand deswegen kurz vorm Schufa-Eintrag. Also gilt: Arschbacken zusammenkneifen, sich hinsetzen, einen Kassensturz machen, absolut streng ein Haushaltsbuch führen und für eine gewisse Zeit auf Dinge verzichten. Wenn du für Sportaktivitäten bezahlst, kündige das Abo und mach gratis Sport. Kündige ungenutzte Apps, wechsle den Handyvertrag. Kündige Streamingdienste und schau eben ein Jahr lang YouTube. Oder such dir einen zusätzlichen Job. Wenn man aus dem Minus raus ist, ist das so ein gutes Gefühl. Ich habe damals studiert und zusätzlich als Promoterin gearbeitet – da habe ich beispielsweise vor dem Stadion Fußballfans mit Körpertattoos bemalt, um schneller aus dem Minus zu klettern. Anfangs sieht man nur diesen Riesenberg an Schulden und denkt, das dauert einfach so lang, den abzubauen. Aber: wenn du da nicht raufgehst, wird der Berg höher. Also lauf mal los – wenn du oben bist, hast du einen echt guten Ausblick. Sich seinen Status Quo ehrlich bewusst zu machen, macht oft keinen Spaß. Aber sobald du in Aktion trittst und kleine Erfolgserlebnisse hast, motiviert das ungemein.
Du beschreibst Finanztypen: die Fokussierte, die Freiheitsliebende, die Vermeiderin, die Gönnerin. Welcher Typ bist du und was würdest du ihnen raten?
Vreni Frost: Ich bin ein Mix aus der Freiheitsliebenden und der Gönnerin. Als Freiheitsliebende hilft es, dir bewusstzumachen, dass deine finanzielle Absicherung dir sehr viel Freiheit gibt. Und wenn dein Geld bestenfalls für dich arbeitet, kannst du noch mehr Freiheiten genießen. Der Fuckit Fund, also einen Notgroschen anzusparen, hilft ebenso: Dieses Geld ist wirklich nur für Notfälle, da gehst du nicht ran. Dann hast du Coin Stress und trotzdem deine Freiheit, wenn zum Beispiel mal die Waschmaschine kaputt geht.
Geld ist immer noch ein Tabuthema, wie reagieren die Leute auf dein Buch?
Vreni Frost: Ich selbst war immer sehr offen mit dem Thema, zum Beispiel habe ich mit Kolleg:innen Honorare besprochen. Ich habe als Bloggerin der ersten Stunde damals einen Beruf ausgeübt, den es vorher nicht gab. Natürlich fand ich es wichtig, hier herauszufinden, wie andere ihre Honorare berechnen. Nicht immer wurde hier gern darüber gespochen, viele Kolleg:innen waren ganz schön zugeknöpft. Aber die Menschen werden dem Thema gegenüber immer offener.
Wo siehst du hier bei Frauen Nachholbedarf?
Vreni Frost: Frauen schauen bei den Finanzen zu wenig auf sich. Die Mutter einer Freundin hat noch nie Geld abgehoben, bis ihr Mann gestorben ist. Eine andere Freundin trifft sich mit einer Mütter-Gruppe, in der niemand getrennte Konten hat. Frauen geben ihre Konten für die Familie auf. Wenn du zuhause bleibst und Care-Arbeit leistest, verhandle dafür von deinem Partner oder deiner Partnerin ein Honorar. Care-Arbeit ist Arbeit. Du brauchst auch unbedingt eine eigene Altersversicherung nur für dich, wenn du Care-Arbeit leistest, denn Frauen bekommen im Durchschnitt 377 Euro weniger Rente als Männer. Viele sagen über ihre Beziehung: „wenn wir uns trennen, regeln wir das schon“. Nein, denn die Statistik sagt: eine Trennung führt fast immer zu Problemen in Sachen Geld. Also: Mach dich für dich selbst stark. Sei dir bewusst, was du leistest und tust. Du hast Anspruch auf viele Dinge. Und mein wichtigster Tipp: Lebe eine gesunde Beziehung. Der richtige Partner oder deine Partnerin wird dich nicht kleinhalten, sondern mit dir an deinen Wünschen und Sorgen arbeiten.
Ein Kapitel heißt: F*ck you Money Mindset. Warum? Prägt nicht unser Mindset tatsächlich unseren Umgang mit Geld?
Vreni Frost: Schon. Aber es geht mir ein bisschen auf die Nerven, dass das Thema Finanzen von „Money Mindset Gurus“ besonders für Frauen sehr breitgetreten wird – und zwar im Sinne von „In vier Wochen zur Bikinifigur“. Den Frauen werden unfassbar teure Finanzcoachings angeboten. Frauen wird oft viel verkauft, was sie gar nicht brauchen, sie sind beispielsweise oft auch überversichert. Viele Leute, die das Money Mindset propagieren, sind auch auf viel Money aus. Ich sage dagegen: Kauf dir für 20 Euro mein Buch und lies das. Das reicht für den Anfang.
Echtes Money Mindset benötigt nichts anderes als die gute alte Selbstreflexion. Dafür brauchst du gute Freund:innen zur Reflexion, ein paar praktische Tipps, ein gutes Buch.
Du sagst, man kann auch mit kleinen Beiträgen Geld sparen. Was kann ich tun, wenn ich 200 oder 300 Euro im Monat extra zu Verfügung habe?
Vreni Frost: Die meisten Menschen haben so viel Geld pro Monat gar nicht zur Verfügung, das ist schon ein krasses Privileg. Ein kleiner Betrag sind 20 oder 25 Euro im Monat, die kannst du beispielsweise mit einem ETF-Sparplan anlegen. Lässt du es auf dem Konto, wird die Inflation es entwerten. Ich persönlich habe eine Finanzberaterin, hier gibt es feste und freie Berater:innen – das bleibt ganz dir überlassen, mit was du dich wohler fühlst. Eine feste Beraterin bekommt eine Provision bei einem Vertragsabschluss, eine freie Beraterin bezahlst du pauschal oder pro Stunde.
Mein Lieblingstipp ist aber, gemeinsam mit Freundinnen einen Finanzclub zu gründen, wo man sich gegenseitig beim Wissensaufbau und der Umsetzung von Vorhaben unterstützt.
Was würdest du mit 1000 Euro machen?
Vreni Frost: Ich würde nicht alles in eine Einzelaktie stecken, sondern die eine Hälfte in ETFs anlegen und die andere in Kunst. Streuen ist das Zauberwort.
Zum Trend Krypto-Investments: Wann sollte man lieber die Finger davon lassen und für wen ist er geeignet?
Vreni Frost: Zum einen ist Krypto noch undurchsichtig, da wird viel Schindluder getrieben, auch wenn die Blockchain als sicher gilt. Für mich ist aber der Punkt: Krypto ist ein Klimakiller. Was das Mining an Energie frisst, ist richtig mies. Dass Krypto und beispielsweise auch NFTs an Bedeutung gewinnen, ist spannend – viele kaufen aber, ohne es genau zu verstehen. Ich sage immer, ich stehe am Bahnsteig und beobachte. Sobald der richtige Zug für mich abfährt, steige ich ein.
Man erfährt in deinem Buch auch jede Menge zu alternativen Anlageformen etwa bei nachhaltigen Investmentfonds oder Ethischen Banken. Ein Fortschritt?
Vreni Frost: Ich begrüße den Trend. Man muss aber bei nachhaltigen Fonds und ETFs aufpassen in Bezug auf Greenwashing. Hier sind immer wieder Konzerne gelistet, die alles andere als ethisch oder klimafreundlich agieren. Was wir alle tun können, ist zu einer nachhaltigen Bank zu wechseln. Denn was die herkömmlichen Banken mit unserem Geld anstellen können, geht auf keine Kuhhaut. Das will ich nicht mit meinem Geld unterstützen.
Über die Person
Vreni Frost ist ein mediales Multitalent. Die Moderatorin, Sprecherin und Autorin macht sich für Themen wie Gleichberechtigung, Gerechtigkeit und Gesundheit stark. Sie moderiert und spricht unter anderem für den Bayerischen Rundfunk, Spotify, Audible oder die Deutsche Vermögensberatung und führt durch Videoformate sowie Veranstaltungen.
So bunt und vielfältig ihre Themen sind, so arbeitet Vreni Frost stets analytisch und zielorientiert mit dem Optimismus, dass jeder Mensch selbst zu innerer Stärke und Zufriedenheit finden kann. Dazu gehört auch finanzielle Freiheit, vor allem für Frauen. „Coin Stress – ein Plädoyer für den entspannten Umgang mit Geld“ heißt deshalb das neue Buch, das im Mai erschienen ist. In ihrem Buch ermutigt sie ihre Leser:innen dazu, sich mit den eigenen Finanzen auseinanderzusetzen und erklärt auf humorvolle Art und Weise die Grundlagen fürs Überleben im Finanzdschungel.
Das Interview führte Nicole Thurn.