Wie wir an dieser Stelle unlängst berichteten, befinden wir uns in vielen Bereichen immer noch in einem bunten Strickmuster aus Stereotypen, wenn es darum geht, was »typisch weiblich« und »typisch männlich« ist. In der klassisch »weiblichen« Schublade befinden sich unter anderem Attribute wie Warmherzigkeit, Akribie und Detailorientiertheit. So weit, so bekannt. Was scheinbar keinen Platz mehr in der Schublade typisch weiblicher Zuschreibungen hat, ist die Berechtigung (berechtigte) Kritik zu üben. Das ergab eine aktuelle Studie, die von Martin Abel, einem Assistenzprofessor am Wirtschaftsinstitut des Middlebury Colleges, durchgeführt wurde. Er fand nämlich heraus, dass Männer und Frauen deutlich verärgerter auf Kritik reagieren, wenn diese von einer Frau kommt. Sogar dann, wenn das Wording identisch ist.

Abel führte seine Studie unter 2.700 MitarbeiterInnen der Amazon-Plattform Mechnical Turk durch. Diese wurden dazu angehalten, eine Aufgabe für ein gefaktes Unternehmen zu lösen. Manche hatten dafür mit einem männlichen Manager zu tun, manche mit einer Managerin. Von dieser Instanz bekamen die teilnehmenden Personen dann entweder positives oder negatives Feedback auf die von ihnen bisher geleistete Arbeit. Nach der finalen Abgabe der Aufgabe wurde die Zufriedenheit aller Teilnehmerinnen überprüft und die Frage gestellt, ob sie sich vorstellen könnten wieder für die Firma zu arbeiten.

Das Ergebnis? Kam negative Kritik von einer Managerin, war der Groll gegen die Firma deutlich größer und die Motivation, auch in Zukunft für das Unternehmen zu arbeiten, sank drastisch. Die Zufriedenheit in Bezug auf die Zusammenarbeit rasselte sogar um 70 Prozent nach unten. Aufgrund seiner Untersuchungen schlussfolgerte Abel, dass Lob und eine diplomatische Herangehensweise an Probleme eher weiblichen Führungskräften zugeschrieben werden, während Kritik und ein harscher Ton eher als männliche Attribute eingestuft werden. Spannend ist auch, dass jüngere Arbeitskräfte (bis 30) kaum einen Unterschied machten.