StartRolemodelsSoftware Hersteller Gentics: 75% Female Leaders – 100% Equal Pay

Software Hersteller Gentics: 75% Female Leaders – 100% Equal Pay

Das in Wien beheimatete IT-Unternehmen Gentics nimmt in Sachen Gender Equity eine echte Vorreiterrolle ein. Um zu verstehen, was die Softwareschmiede anders macht als die Mitbewerber, haben wir uns mit jenen unterhalten, die es wissen müssen: drei Frauen in leitenden Positionen.

Der auf smarte CMS und eGovernment-Lösungen spezialisierte Softwarehersteller wurde Anfang der 2000er Jahre gegründet. Zu den Referenzkunden des APA-Tochterunternehmens zählen sowohl renommierte Betriebe wie Magenta, LexisNexis, der österreichische Apothekerverlag oder Cineplexx, als auch internationale Konzerne wie etwa Erste Bank, Swarovski oder UNIQA und Einrichtungen der öffentlichen Verwaltung.

Der Frauenanteil im Entwickler:innen-Team lag 2021 bei beeindruckenden 29 Prozent. Ein Wert, von dem viele andere Firmen im Technologieumfeld nur träumen können und der auch deutlich über dem EU-Schnitt liegt. Laut einer aktuellen Studie des Beratungsunternehmens McKinsey stagniert die Zahl europaweit bei nur 22 Prozent.

Entwicklerinnen gewinnen, aber wie?

Für das Recruiting verantwortlich ist Prokuristin Denise Schindelböck. Die Mittdreißigerin hat selbst Erfahrung als Programmiererin und einen Abschluss der TU Wien. Als gelernte Software-Entwicklerin weiß sie genau, was es für den Job braucht und kennt auch die Probleme, an denen es häufig scheitert: „Seit ich regelmäßig Einsicht in Lebensläufe von Bewerber:innen habe, fällt mir auf, dass Frauen ihre Leistungen und Fähigkeiten tendenziell herunterspielen.” Ein Beispiel? Weibliche Entwicklerinnen würden auf die Frage, ob sie die Programmiersprache XY beherrschen, meist sehr vorsichtig antworten mit Aussagen à la: Ja, ein bisschen! Ein Mann hingegen würde ohne Umschweife behaupten: „Ja, ich kann!”, erzählt Schindelböck. “Deshalb habe ich es mir inzwischen auch zur Gewohnheit gemacht, absolut jede Frau einzuladen, wenn ihr Tech Stack prinzipiell zu unserem Gebiet passt”, fügt sie hinzu. Eine Strategie, die sich offenbar bezahlt macht.

Ebenso wichtig, wenn man auf der Suche nach IT-Talents ist, sei es: Auch Quereinsteiger:innen ohne entsprechenden Uni-Abschluss für eine offene Stelle in Erwägung zu ziehen. “Ich schaue nicht auf den Werdegang”, sagt Schindelböck. Ob jemand einen Titel habe oder nicht, sei völlig irrelevant. “Wenn jemand gerne programmiert und sich diese Fähigkeit in der Freizeit angeeignet hat, ist das ein genauso valider Weg für mich.”

Diversität lohnt sich – für das Team und die Kunden

Die Führungsebene von Gentics weiß, gemischt besetzte Teams haben nicht nur einen positiven Effekt auf die interne Dynamik, auch die Kunden profitieren davon. “Wir arbeiten mit sehr großen Firmen zusammen, da ist viel direkte Kommunikationsarbeit mit teilweise sehr großen Teams notwendig“, sagt Schindelböck. Nicht nur von den Projektleiter:innen, sondern auch von Seiten der IT-Abteilung. “Und in diesem Fall trifft das Klischee, dass sich Frauen in Kommunikationsdingen weniger schwertun, als die männlichen Kollegen, häufig zu.”  Ihre junge Kollegin Jasmin Öztürk, die bei Gentics als Projektleiterin angeheuert hat und mittlerweile die Abteilung “Professional Customer Solutions” verantwortet, kann ihr in diesem Punkt nur beipflichten.

Jasmin Öztürk leitet bei Gentics die Abteilung „Professional Customer Solutions“.

Jasmin Öztürk leitet bei Gentics die Abteilung „Professional Customer Solutions“.

Im Gegensatz zu Schindelböck ist Öztürk mehr oder weniger als Quereinsteigerin mit wirtschaftlicher Ausbildung im Bereich IT gelandet. Sie hat an der FH St. Pölten „Medienmanagement“ im Bachelor studiert und ist nach dem Masterabschluss in „Digitaler Medientechnologie“ bei ihrem ersten Arbeitgeber “über Business Development ins Web Development reingerutscht”, wie sie erzählt. An dem Job bei Gentics habe sie von Anfang an die Kombination aus Projektmanagement auf der einen und Software-Entwicklung auf der anderen Seite gereizt. „Weil damit meine beide Interessenschwerpunkte abgedeckt waren”, sagt Öztürk. „Als ich mich dann eines Tages weiterentwickeln wollte, hat mir die Geschäftsführung die Chance gegeben, eine leitende Funktion zu übernehmen, obwohl ich bis dahin keine Führungserfahrung hatte”. Als es dann soweit war, sei sie bei jedem Schritt souverän und total wertschätzend begleitet worden. Hier spricht Öztürk höchstwahrscheinlich einen weiteren maßgeblichen Punkt an, weshalb Gentics im Vergleich zu den Mitbewerbern in Sachen DE&I so herausragend performt.

Female Talents  – gekommen, um zu bleiben

Einmal gewonnene weibliche Talente werden von Geschäftsführerin Doris Pokorny und ihrem männlichen Pendant Philipp Dörre gezielt gefördert. Pokorny, die neben ihrer GF-Tätigkeit bei Gentics auch als CFO bei der APA fungiert, meint dazu: “Prinzipiell gibt es bei uns im APA-Konzern, zu dem die Gentics als 100 Prozent Tochter gehört, ein Mission Statement beziehungsweise ein ganz klares Commitment zur beruflichen Gleichstellung von Männern und Frauen”. Eine der nach außen sichtbarsten Maßnahmen, die der Konzern hier verfolgt, ist der alljährliche Gender Report, bei dem die Zahlen zur Repräsentanz von Frauen in Führungspositionen und die Gehälterverteilung zwischen Männern und Frauen offengelegt werden.

Ein weiterer Faktor: Frauen bekommen ganz gezielt die Möglichkeit, an Führungskräfte-Trainings und Seminaren wie etwa “Zukunft Frauen” teilzunehmen. Finanzexpertin Pokorny ist außerdem als Mentorin unter anderem bei der Deutschen Handelskammer aktiv. Schindelböck und Öztürk zählen dort zu den Mentees. “Ich halte es für ganz wichtig, jungen weiblichen Führungskräften ein Coaching zu geben, damit sie in die weiteren Aufgaben, die sie erwarten, hineinwachsen können“, sagt Pokorny. “Im Bereich Mentorship sind wir noch im Aufbau, aber wir entwickeln uns auf meine Initiative hin auch in diesem Bereich stark weiter.” Neben Lohntransparenz und einer klaren Topdown DE&I-Strategie ist das, wie man heute weiß, eine der mächtigsten Stellschrauben auf dem Weg zu Gender Equity überhaupt.

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