StartInnovationPlanetSo wird Kreislaufwirtschaft chic: Avonté fertigt Pyjamas aus "Deadstock"

So wird Kreislaufwirtschaft chic: Avonté fertigt Pyjamas aus „Deadstock“

Das junge Label Avonté designt hochwertige Nachtwäsche mit dem Ansatz von Kreislaufwirtschaft: Statt in Kollektionen, Farbkonzepten und Trends zu denken, starten die Gründerinnen Pia Egelkraut und Marlene Marx die Produktentwicklung mit der Auswahl von Reststoffen der Branche. Aus "Deadstock" werden zeitlose und flexible Schnitte.

Wie entstand die Idee für die gemeinsame Gründung von Avonté?

Pia Egelkraut: Die Idee zu Avonté entstand in Portugal, mitten in einer Lagerhalle, die gefüllt war mit ungenutzten Stoffrollen. In unserem vorherigen Job haben wir oft Produktionsstätten besucht. Eines Tages standen wir in einer Halle voller fertig produzierter Stoffe, die perspektivisch vernichtet werden würden. Das Ausmaß des „Deadstock“-Problems schockierte und inspirierte uns zugleich, etwas gegen die Überproduktion in der Modeindustrie zu unternehmen. Rückblickend war diese Erfahrung der Ursprung von Avonté. der Name ist abgeleitet aus dem portugiesischen „à vontade“, was soviel bedeutet wie „mach es dir bequem“.

Welches Problem löst Avonté?

Marlene Marx: Unser Unternehmen widmet sich dem Problem des „Deadstock“. Als Deadstock oder Overstock bezeichnet man neuwertige Reststoffe der Textilindustrie, die oftmals vernichtet werden. Laut der Ellen MacArthur Foundation enden rund 12% der für die globale Bekleidungsherstellung produzierten Materialien als Abfall, bevor sie überhaupt zu Kleidungsstücken verarbeitet werden. Diese Stoffe werden oft wegen überschätzter Bedarfe oder kleinen Farbabweichungen abgelehnt. Mit Avonté wollen wir Produkte anbieten, die diese Stoffe nutzen und damit zur Lösung des Deadstock-Problems beitragen.

Wo liegt die Innovation, der USP?

Pia Egelkraut: Unser innovativer Ansatz dreht den herkömmlichen Produktentwicklungsprozess um. Statt in Kollektionen, Farbkonzepten und Trends zu denken, entwickeln wir zeitlose und flexible Schnitte und starten die Produktentwicklung mit der Auswahl von Reststoffen der Branche. Diese Herangehensweise zwingt uns, kreativ zu denken und macht den Entwicklungsprozess spannend. Unsere Kleinserien sind durch die limitierten Materialien einzigartig und besonders. Das macht jedes unserer Produkte zu einem exklusiven Kleidungsstück.

Avonté produziert in Portugal – warum, und wie haben Sie die Partner dort gefunden?

Marlene Marx: Durch unsere Arbeit in der Modebranche haben wir viel Erfahrung mit portugiesischen Produktionsstätten gesammelt und schätzen deren hohe Qualitätsstandards sowie die gemeinsame Vision. Deshalb war es für uns von Anfang an klar, dass wir unsere Produkte von Avonté dort fertigen lassen möchten. Die Nähe zu Portugal ermöglicht regelmäßige persönliche Treffen vor Ort und den Aufbau vertrauensvoller Beziehungen. Offene Kommunikation und Transparenz sind entscheidend für die Qualität und Fairness unserer Produkte. Dank unseres Netzwerks konnten wir geeignete Partner finden und sind dankbar für die Offenheit der Produzenten, die unseren neuen Entwicklungsansatz von Anfang an unterstützt haben.

Wie sieht das Vertriebskonzept aus?

Marlene Marx: Unser Hauptfokus liegt auf unserem eigenen Onlineshop, da er uns ermöglicht, flexibel auf Kundenanfragen zu reagieren. Zusätzlich möchten wir unseren Kunden die Möglichkeit bieten, unsere Produkte offline zu erleben. Daher kooperieren wir mit Einzelhändlern, die unsere Geschichte und Werte gut vermitteln können. Zur Erweiterung unseres Vertriebsnetzes nehmen wir bald an der B2B-Messe, der Innatex, teil. Als ‘newcomer brand’ werden wir vom 20-22 Juli unsere Produkte präsentieren und sind gespannt auf das Feedback des Handels. Eine weitere Säule sind Events, bei denen wir direkt mit unseren Kund*innen in Kontakt treten und unsere Mission persönlich vermitteln.

Ihr Sortiment wirkt mit Pyjamas und Schlafshirts begrenzt auf wenige Produktgruppen – wie soll das Unternehmen wachsen?

Pia Egelkraut: Unser Fokus liegt auf unseren Core-Fits, die wir schrittweise erweitern. Unser Credo lautet: „Das Bett ist die Basis.“ Wir möchten unser Sortiment bewusst überschaubar halten, um uns als spezialisierte Sleepwear-Marke zu positionieren. Neue Produkte müssen uns maximale Freiheiten bei der Verwendung unterschiedlicher Materialien erlauben, um flexibel auf verfügbare Reststoffe reagieren zu können und unser nachhaltiges Konzept beizubehalten. Wir planen unser Wachstum durch die Erweiterung der Vielfalt unserer Kleinserien. Zunächst konzentrieren wir uns auf den deutschen Markt, sehen aber auch großes Potenzial in Österreich und den Niederlanden. Indem wir langsam und gezielt expandieren, behalten wir stets unsere Qualitätsstandards und unsere nachhaltige Mission im Blick.

„Offen über Herausforderungen und Erfolge sprechen und echte nachhaltige Maßnahmen umsetzen“

Wo wollen Sie noch hin?

Marlene Marx: Wir möchten als Nachtwäschemarke bekannt werden, die für Qualität, Langlebigkeit und Ressourcenschonung steht. Unser Ziel ist es, ein Bewusstsein für nachhaltige Mode zu schaffen und langfristig einen Beitrag zur Reduzierung von textiler Überproduktion zu leisten. Wir möchten ein Beispiel dafür sein, wie innovative Ansätze und nachhaltige Praktiken in der Modebranche erfolgreich umgesetzt werden können.

Gibt es schon Learnings, die Sie gern teilen möchten, a) mit anderen Gründerinnen oder b) aus Sicht von Nachhaltigkeit / Kreislaufwirtschaft?

Pia Egelkraut: Unsere persönlichen Learnings aus einem Jahr Selbstständigkeit: Vernetzt euch, nutzt euer Netzwerk und unterstützt euch gegenseitig. Nach Hilfe zu fragen ist kein Zeichen von Schwäche – man muss nicht alles allein schaffen. Plant viel Zeit ein, denn alles dauert länger als gedacht.

Aus Sicht der Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft haben wir gelernt, dass Transparenz und Authentizität entscheidend sind. Kunden schätzen es, wenn Unternehmen offen über ihre Herausforderungen und Erfolge sprechen und echte nachhaltige Maßnahmen umsetzen. Offenheit schafft Vertrauen und zeigt, dass wir nachhaltige Mode ganz konkret fördern.

Mit welchen Mythen von Nachhaltigkeit in der Modebranche würden Sie gern mal aufräumen?

Marlene Marx: Ein großer Mythos ist, dass textile Reststoffe Abfall sind. Etwas, das übriggeblieben ist, klingt zunächst unattraktiv, und man vermutet, dass es dafür einen guten Grund gibt. Reststoffe aus der Textilindustrie sind jedoch keinesfalls Müll. Der Grund, warum diese Stoffe zu Abfall werden, liegt vielmehr im kranken System der Modeindustrie mit ihren schnellen Zyklen und überschätzten Bedarfen. Diese Stoffe sind hochwertig und oft ungenutzt, und durch unsere Arbeit bei avonté zeigen wir, dass sie eine wertvolle Ressource sein können.

 

 

 

 

Fotomaterial© Schwarzchrom

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