StartInnovationNeues Holz-Projekt "i8": „Baumhaus statt Bauhaus“

Neues Holz-Projekt „i8“: „Baumhaus statt Bauhaus“

Katharina Monika Erfurt, Project Lead und Lead Architect bei C.F. Møller Kopenhagen, realisiert auf dem iCampus im Münchner Werksviertel das Projekt „i8“ – ein Holz-Hybrid-Bau, der eine neue Ära in der Architektur einleiten soll.

Was ist das Besondere am Projekt „i8“ auf dem iCampus im Werksviertel, für das Sie in München derzeit verantwortlich sind?

Wir realisieren das i8 im so genannten Holz-Hybrid-Bau. Dieser Ansatz hat sich in vielen skandinavischen Ländern bereits als nachhaltige Alternative zum herkömmlichen Betonbau etabliert, und auch in Deutschland erfährt diese nachhaltige Bauweise nun immer mehr Aufmerksamkeit. Dazu wollen wir beitragen und eine neue Ära „Baumhaus statt Bauhaus“ einleiten.

Auch die Ästhetik des Baus soll neue Maßstäbe setzen, unter anderem durch die äußere Aluminium-Struktur mit einer speziellen Farbe und einer markanten Spitze in der Grundfläche, die an ein Schiff erinnert. Die Aluminium-Streben bestehen dabei zu 75 % aus recyceltem Material. Das Besondere an unserem Entwurf, mit dem wir die Bauherren R&S Immobilienmanagement im Wettbewerb 2020 überzeugen konnten, ist die Sichtbarkeit des Materials Holz. Dies wird in vielen Projekten hinter Beton- oder Gipswänden versteckt – bei uns gehört es klar zur Optik der Fassade. Auch der Bezug zur unmittelbaren Umgebung ist besonders. Die grüne Farbe der Fassade ist inspiriert vom angrenzenden Gleisbett und orientiert sich am Farbton „DB601“ der Deutschen Bahn. Der Ton nimmt außerdem den Industriecharakter auf.

Was sind die speziellen äußeren Eigenschaften einer Holz-Lösung?

Gerade bei sichtbaren Elementen ist das Holz natürlich dem Wetter und auch der Sonne ausgesetzt. Im Gegensatz zu Beton kann es hier auch zu optischen „Überraschungen“ kommen – Holz ist ein lebender Baustoff. Wir testen derzeit auf der Baustelle an einem Mock-up Modell, wie sich das verwendete Buchenholz voraussichtlich während der Bauphase, den Wetterverhältnissen teilweise ausgesetzt, verhalten wird. Genau sagen lässt sich das im Vorfeld nicht, aber das macht ja auch den Reiz dieser Architektur aus.

Ist Holz wirklich ein nachhaltiger Rohstoff?

Die hier verwendete Bau-Buche kommt aus der Region und wächst nach. Holz ermöglicht zirkuläres Bauen und ist in punkto Nachhaltigkeit kaum zu überbieten. Allerdings: Eine Büro- und Gewerbeimmobilie wie das i8 lässt sich nicht allein nur mit Holz bauen, es braucht eine Mischung mit anderen Materialien und deshalb den hybriden Ansatz.

Inwieweit ist das Projekt innovativ und wegweisend?

Für uns ist es wichtig, ein Referenzprojekt im Holz-Hybrid-Bau auch außerhalb von Skandinavien zu schaffen. Nachhaltigkeit und Dekarbonisierung gehören zu den wichtigsten Zielen auf dem gesamten iCampus im Werksviertel und speziell beim Projekt i8. Der CO2-Ausstoß soll um die Hälfte reduziert werden im Vergleich zum klassischen Beton- und Stahlbau.

Holz wird im i8 nicht nur im Hinblick auf die Fassade, sondern auch im Innenraum klar hervorstechen. Mit dem Material vertäfeln wir viele Loggien, Türen und  fast die gesamten Innenfassade des großen Atriums. Die statischen Holzbauteile belassen wir sichtbar. Damit schaffen wir eine hohe Aufenthaltsqualität und ein angenehmes Raumklima mit dem Holz-typischen Duft. Das trägt stark zu dem warmen Gefühl bei, das Holz vermittelt. Zudem assoziieren wir mit dem Geruch von Holz viele positive Dinge. In einer Zeit, in der viele Beschäftigte lieber im Homeoffice bleiben, bieten wir damit eine höhere Wohnlichkeit sowie eine gute Akustik – und damit neue Anreize, das Büro zu nutzen.

Wie sah Ihre berufliche Laufbahn bis in die Projektleitung aus?

Ich habe an der FH Darmstadt Architektur studiert und dort mein Vordiplom absolviert, über ein Praktikum in Hamburg habe ich meinen Mann kennengelernt, er kommt aus Dänemark. Mein anschließendes Auslandssemester in Aarhus hat mir gezeigt, dass ich gern in Skandinavien mein Studium abschließen und arbeiten möchte. Nach Stationen als Client Advisor bei Drees & Sommer, Projektleitung im Architekturbüro Cobe in Kopenhagen bin ich 2021 als Projektleiter und Lead Architect bei C.F. Møller Kopenhagen eingestiegen – ein Büro, das bekannt für nachhaltige Entwürfe ist.

Sie steuern das i8-Projekt von Kopenhagen aus – warum haben Sie sich für ein (Arbeits-) Leben in Dänemark entschieden?

Die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben ist in Dänemark viel einfacher. Hier ist es normal, wenn Frauen mit Kindern in Vollzeit arbeiten, niemand gibt dazu einen Kommentar ab. Auf die Infrastruktur in der Kinderbetreuung, die dafür nötig ist, ist Verlass. Die Familie hat trotzdem einen hohen Stellenwert in der Gesellschaft, das wird auch durch eine Führungsfunktion nicht infrage gestellt. Allerdings ist auch der architektonische Ansatz aus meiner Sicht in Skandinavien anders. Während in Deutschland Funktionalität und Technik immer an erster Stelle stehen, geht es hier auch stark um die ästhetische, ja sogar künstlerische Komponente.

Wie funktioniert die Leitung ganz praktisch?

Ich beobachte den Fortschritt des Baus von Kopenhagen aus mit einer Webcam. Dazu bin ich häufig vor Ort und stehe im engen Austausch mit den beteiligten Partnern und dem gesamten Team. Dabei hilft es, dass ich Deutsch spreche, sonst hätten wir das Projekt nicht übernehmen können.

Sollten Frauen mehr Architektur verantworten? Hätten wir dann andere Städte?

Aus meiner Sicht ist der Städtebau eher von Männern geprägt, während in der Landschaftsarchitektur mehr Frauen arbeiten – jedenfalls ist das in Dänemark so. Im Zuge der Nachhaltigkeit und einem stärkeren Fokus auf grüne Elemente wird es hoffentlich auch im Städtebau bald mehr weibliche Einflüsse geben, das Bewusstsein dafür steigt. Auch wir arbeiten im i8-Projekt mit viel Begrünung, sowohl im Innen- als auch im Außenbereich und auf den Terrassen.

 

STAY CONNECTED