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Neue Strahlkraft

Chinas Marktdominanz und steigende Zinsen machten zahlreichen Solarunternehmen zu schaffen. Doch allmählich zeichnet sich eine Wende ab. Was dahinter steckt und welche Investmentchancen sich für risikobereite Anleger:innen ergeben könnten.

Der Schrecken saß tief, als am 11. August Feuer am Kühlturm des ukrainischen AKW Saporischschja ausbrach. Mittlerweile gibt es zwar Entwarnung. Doch auch anderswo heizt sich die Lage im Osten auf. Im August übernahmen ukrainische Truppen die russische Stadt Sudscha. Ausgerechnet dort steht die letzte Gasverteilerstation, über die Russland Gas via die Ukraine in die EU liefert.

All solche Entwicklungen verdeutlichen die Notwendigkeit des Ausbaus erneuerbarer Energien, auch, da deren Produktion dezentraler und damit regionaler erfolgt. Vor allem der Bereich der Photovoltaik wächst rasant. Allein 2023 wurden 447 Gigawatt neuer Kapazitäten weltweit installiert, ein Plus von 87 Prozent im Vergleich zum Vorjahr, womit die global installierten Kapazitäten 1,6 Terrawatt (TW) erreicht haben. Die Zahlen gehen aus dem „Global Market Outlook for Solar Power 2024–2028“-Bericht hervor, der vom europäischen Solar-Dachverband SolarPower Europe herausgegeben wird.

Marktführer China zieht weiter davon

Dabei dominiert China den Ausbau. Schließlich führt das Land auch die globale Produktion von Solarpaneelen und Modulen an. „Allein 2023 wurde im Reich der Mitte mit 253 Gigawatt der Löwenanteil der neu geschaffenen Kapazitäten hergestellt“, unterstreicht Walburga Hemetsberger, CEO bei SolarPower Europe. Auch in der EU wird kräftig ausgebaut. Dort erreichten die neu geschaffenen Kapazitäten aller Mitgliedsländer knapp 53 Gigawatt.

Walburga Hemetsberger, Solar Power Europ: „2023 wurde in China der Löwenanteil der neu geschaffenen Kapazitäten hergestellt.“

Allein in Österreich erreichte die neu installierte Leistung gut 2,6 Gigawatt, wie aus einem Bericht des Bundesverbands Photovoltaic Austria hervorgeht. Damit liegt die gesamte installierte Leistung bei 6,4 Gigawatt. „Die rund 390.000 Photovoltaik-Anlagen, die seit Ende 2023 in Betrieb sind, decken knapp zwölf Prozent der aktuellen Stromnachfrage ab“, präzisiert Bundesverband-Geschäftsführerin Vera Immitzer.

Der Staat als Stütze für die grüne Wende

Einzig, ohne staatliche Stützen scheinen die ambitionierten Ausbaupläne der globalen Solarwirtschaft nur schwer umsetzbar zu sein. In China profitiert die Branche von Subventionen, weshalb etwa Solarpaneele zu sehr niedrigen Preisen weltweit verkauft werden können. In den USA ist der „Inflation Reduction Act“, ein Gesetz, das US-Präsident Joe Biden im Herbst 2022 ins Leben rief, eine wichtige Stütze für die grüne Wende. Das Gesetz sieht Förderungen und Steuererleichterungen für Produzenten erneuerbarer Energie vor.

Anders ist die Lage in der EU. Hier machen sinkende Preise Solarherstellern teils stark zu schaffen. Beispiele gibt es zahlreiche. Das verlustträchtige Solarwerk der Schweizer Meyer Burger im deutschen Freiberg wurde etwa im März geschlossen. Als Grund führte der Konzern die Konkurrenz durch billige Solarmodule aus China an. In Oberösterreich bekommt Fronius, das unter anderem Wechselrichter herstellt, den Druck zu spüren. Im Juni wurden folglich 350 Mitarbeitende im Geschäftsbereich Solar Energy abgebaut. Weitere Kürzungen wurden angekündigt.

Elisabeth Engelbrechtsmüller-Strauß, Fronius: „Es wird zu häufig auf Solarprodukte etwa aus China und den USA zugegriffen.“

Branchenexpert:innen fordern deshalb ein Umdenken in Europa. Elisabeth Engelbrechtsmüller- Strauß, Vorstandsvorsitzende bei Fronius, verweist auf das grundlegende Dilemma: Zu häufig werde auf Produkte etwa aus China und den USA zugegriffen. „Solche Produkte werden in ihren Herkunftsländern anders gefördert und drücken die Herstellerpreise in Europa.“ Die Fronius-Chefin fordert deshalb ähnliche Herstellungsbedingungen für Europa. Ähnlich lautet der Tenor beim Bundesverband Photovoltaic Austria. Geschäftsführerin Immitzer sagt, „eine europäische Strategie zur Förderung erneuerbarer Energien und einer integrierten Energiewirtschaft kann langfristig zur Stabilisierung der Branche beitragen.“Ab Herbst soll es etwa in Österreich eine Förderung für europäische Photovoltaik-Komponenten mit dem „Made in Europe“-Bonus geben.

Hohe Lagerbestände in Europa

Vera Immitzer, Bundesverband Photovoltaic Austria: „Es braucht eine europäische Strategie zur Förderung der erneuerbaren Energien.“

Immitzer verweist auf eine weitere Entwicklung, die ebenso wenig unterschätzt werden sollte: So wurden Anfang 2023 hohe Lagerbestände in Europa aufgebaut, da mittelfristig mit einer hohen Nachfrage gerechnet wurde. Die Rechnung ging nicht auf: „Die zunehmend angespannte wirtschaftliche Situation führte ab Ende 2023 zur Investitionszurückhaltung.“ Nun müssten volle Lager abgewertet und Komponenten günstiger verkauft werden, um das Marktgleichgewicht wiederherzustellen.

Zu allem Überfluss belasten gestiegene Zinsen viele Branchenfirmen, die ihr Wachstum mit Fremdkapital finanzieren, betont Gabriela Tinti, Aktienleiterin in Österreich bei der Erste Asset Management. Entsprechend haben die Aktienkurse zahlreicher börsennotierten Unternehmen kräftig an Wert verloren.

Doch welche Aussichten gibt es nunmehr für Anlegerinnen? Derzeit stehen Solarparkbetreiber besonders im Fokus, betont Tinti. Die Errichtungskosten sind aufgrund des Preiswettkampfs gesunken. Zugleich sichern die Betreiber Einnahmen auf gut 20 Jahre vertraglich ab. Obendrein können Zinskosten nachverhandelt werden, betont Tinti. Dies könnte nun, angesichts des allmählichen Endes der strafferen Geldpolitik, zunehmend schlagend werden. „Aktuelle Projekte werden sich langfristig als sehr profitabel herausstellen.“ Tinti meint, die Chancen hätten auch Großinvestoren erkannt. „Übernahmen haben sich zuletzt gehäuft.“

Gabriela Tinti, Erste Asset Management: „Derzeit stehen Solarparkbetreiber aufgrund gesunkener Errichtungskosten im Fokus.“

So wurde im Juni bekannt, dass der US-Investor Kohlberg Kravis Roberts und dessen deutscher Partner Viessmann Encavis übernehmen. Der deutsche Konzern entwickelt Solar- und Windparks in Europa, mit dem Fokus auf Deutschland. „Zudem gab Brookfield Renewable ihr Interesse am Kauf der französischen Neoen, einem Entwickler von Solar- und Windparks sowie Hersteller von Batteriespeichern, bekannt.“

Auch in den USA sieht Tinti Potenzial: „Dort gefallen uns vor allem jene Firmen, die Solaranlagen in privaten Haushalten installieren.“Einzig, Titel wie Sunrun verloren angesichts steigender Zinsen ebenfalls stark an Wert. Zinssenkungen dürften dem Unternehmen nunmehr zugutekommen. Zudem könne Sunrun Dachsolaranlagen und Batterien zu profitablen Konditionen installieren.

Scharfer Wettbewerb zwischen USA und China

Tinti verweist auch auf First Solar, einen Hersteller von Solarmodulen. Grundsätzlich sei der Wettbewerb scharf, die Margen gering und die Anfangsinvestitionen hoch. Doch aufgrund des Konkurrenzkampfs zwischen den USA und China werden in den USA zunehmend Gesetze verabschiedet, wodurch die Importe chinesischer Module sinken, betont die Expertin.

Risikobereite Anlegerinnen können auf Branchenaktien etwa mit ETFs (Exchange Traded Funds) breit gestreut setzen. Grundsätzlich handelt es sich um börsengehandelte Indexfonds. Ein solcher ist der Invesco Solar Energy UCITS ETF (IE00BM8QRZ79). Dieser umfasst 38 Titel, zu denen die zuvor genannten Aktien zählen. Regional liegt der größte Fokus auf den USA mit einer Gewichtung von rund 38 Prozent, gefolgt von Israel und China. Letztere Region wird etwa mit Xinyi Solar abgedeckt. Der Konzern produziert Solardeckglas und hat einen Weltmarktanteil von rund 30 Prozent.

Im Global X Solar UCITS ETF (IE000XD7KCJ7), der auf 35 Branchenaktien setzt, nehmen chinesische Titel mit rund 44 Prozent die größte Gewichtung ein. Dazu zählt der Wechselrichterhersteller Sungrow Power Supply, aber auch Longi Green Energy Technology. Der Konzern stellt etwa Paneele und Module her. Regional folgen die USA sowie Südkorea. Anlegerinnen sollten jedoch beachten, dass insbesondere bei Investments in junge Wachstumsbranchen wie jener der Photovoltaik größere Kursschwankungen sowie weitere Verluste möglich sind.

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