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Netzwerk der Woche: Women in AI Austria

Women in AI ist ein gemeinnütziger Do-Tank, der sich für eine geschlechtergerechte KI (Künstliche Intelligenz) einsetzt. Das Netzwerk engagiert sich für mehr Repräsentanz und Beteiligung von Frauen in der KI. Ein Interview mit WAI-Botschafterin in Österreich, Carina Zehetmeier.

Womit beschäftigt sich Ihr Netzwerk und wie läuft der Austausch innerhalb Ihrer Community ab?

Das internationale Netzwerk „Women in AI“ setzt sich weltweit für mehr Diversität und Inklusion im Bereich der Künstlichen Intelligenz ein. Dazu wurden in mehr als 115 Ländern Organisationen gebildet, die diese Idee lokal vorantreiben und sich im Netzwerk austauschen und unterstützen. Derzeit gibt es weltweit mehr als 5.000 Mitglieder,  vorwiegend Frauen.

Wir haben den lokalen Verein In Österreich im November 2020 gegründet. Zweck ist die Schaffung eines Netzwerks für alle Menschen, unabhängig von Geschlecht, Ausbildung und beruflicher Tätigkeit, mit dem Ziel, die Beteiligung und Vertretung von Frauen und Mädchen im Bereich der Künstlichen Intelligenz in Österreich zu fördern und zu stärken.​ Durch mehr Diversität und Inklusion von der Planung und Entwicklung bis hin zum Einsatz von Künstlicher Intelligenz wollen wir sicherstellen, dass die Technologie allen Menschen und der Gesellschaft als solcher zugute kommt und niemand zurückgelassen wird. 

Unsere Treffen und Veranstaltungen finden derzeit vorwiegend Online statt. Als lokaler Verein veranstalten wir außerdem Events zu unterschiedlichen Themen mit Bezug zu KI, die überwiegend kostenlos sind und allen Interessierten offenstehen.

Welches Klischee rund um Frauen im Wirtschaftsleben können Sie nicht mehr hören?

Dass Frauen nichts von Technik verstehen oder sich nicht für Technik interessieren.

Dass Panels zum Thema KI mit Männern besetzt werden müssen, weil es keine weiblichen Expertinnen gibt, die zum Thema sprechen könnten. 

Dass Ungerechtigkeit oder Ungleichbehandlung schlichtweg der Preis für technischen Fortschritt sei, den man in Kauf nehmen müsse.  

Wie kam es zur Gründung Ihres Netzwerks?

In Österreich wollen wir einen wichtigen Beitrag dazu leisten, dass mehr Frauen und Mädchen im Bereich der Künstlichen Intelligenz Wissen aufbauen und Expertinnen sichtbarer werden. Einerseits wollen wir Frauen und Mädchen ermutigen, mehr technische Fertigkeiten aufzubauen und Berührungsängste mit KI abzubauen.  Andererseits wollen wir aufzeigen, dass es viele Expertinnen aus diversen Bereichen gibt, die sich schon heute mit KI beschäftigen.  Durch unseren Verein wollen wir Expertinnen mehr Sichtbarkeit geben, Role Models schaffen, und mehr Frauen und Mädchen für das Thema KI begeistern. 

Wie sind Sie mit der Entwicklung des Frauenanteils in der KI zufrieden?

Derzeit sind wir nicht sehr zufrieden mit der Entwicklung. Gemäß dem Global Gender Gap Report 2018 des World Economic Forums sind nur 22% aller KI Expert*innen Frauen, wobei hier nicht nur Technikerinnen gemeint sind. Obwohl sich Deutschland unter den Top 3 Ländern befindet, wenn es um KI-Know-How geht, liegt der Frauenanteil bei nur 16%.   

Da KI in unserer Gesellschaft und Arbeitswelt immer umfassendere Bedeutung einnimmt, dürfen wir das nicht weiter hinnehmen und müssen dafür sorgen, dass mehr Frauen inkludiert werden. Denn wenn nur eine homogene Gruppe an Menschen, in diesem Fall vorwiegend weiße Männer im Alter zw. 25 und 35, alle KI Modelle kreieren und auch den größten Anteil an Trainingsdaten stellen, dann ist die Benachteiligung von Frauen und Randgruppen sozusagen „vorprogrammiert“. Ein Beispiel der jüngsten Zeit aus Österreich ist der Algorithmus des AMS (Arbeitsmarktservices Österreich), der Frauen bei der Zuteilung von höherqualifizierten Jobs systematisch benachteiligt.

Was braucht es um noch mehr Frauen für die Branche zu gewinnen?

Man sollte Frauen und Mädchen gezielt ermutigen, Erfahrungen in technischen Bereichen zu machen. Je früher das Interesse an Technik geweckt wird, desto besser. Bereits in der Schule sollte man beginnen, Mädchen gezielt zu erreichen und zu fördern. Dann werden sich auch   mehr Mädchen und junge Frauen für technische Studien entscheiden. Auch Role Models sind wichtig, um zu zeigen, was möglich ist,  und um das nötige Selbstvertrauen aufzubauen, sich selbstsicher für technische Stellenausschreibungen zu bewerben. Wie angedeutet, spielen besonders Role Models eine wichtige Rolle, weil diese ihre Erfahrungen und ihr Wissen an andere Frauen weitergeben können, diese inspirieren und damit die Angst vor technischen Berufen nehmen. Aber Künstliche Intelligenz ist nicht nur etwas für Technikerinnen, sondern eine Vielzahl an Kenntnissen und Expertisen sind gefragt: Von Ethik, Recht, über Sprachwissenschaften, bis hin zum spezifischen Branchenwissen. Daher wollen wir auch Frauen ansprechen, die bereits fest im Beruf stehen und bis jetzt wenig Berührung mit KI hatten, sich aber für das Thema interessieren und ihre eigene Karriere mit einem Verständnis der Technologie und deren Auswirkungen auf Arbeit, Wirtschaft und Gesellschaft vorantreiben möchten.  

Welche drei Eigenschaften helfen Ihrem Netzwerk dabei, erfolgreich zu sein?

Es gibt natürlich viele Erfolgsgeheimnisse, aber die Wichtigsten sind wohl:

  • Alle ordentlichen Mitglieder sind intrinsisch motiviert, die oben genannten Ziele zu unterstützen und zu erreichen. Daher arbeiten wir sehr respektvoll und wertschätzend miteinander.
  • Alle Mitglieder geben ihre Erfahrungen weiter und öffnen ihre Netzwerke für andere Mitglieder. Damit lernen wir viel voneinander und helfen uns gegenseitig beim Fortkommen und Wachsen.
  • Women in AI veranstaltet regelmäßig öffentliche Events, um Menschen außerhalb der Vereinstätigkeit weiteres Wissen und aktuelle Problemstellungen rund um die KI zu vermitteln und Interesse an der Thematik zu erwecken.

Was wären Ihrer Meinung nach die nächsten wichtigen Schritte in Richtung Gender Equality?

Wir denken, die Sichtbarkeit von Frauen sowohl in technischen als auch anderen für die Gesellschaft wichtigen Berufen muss weiter gestärkt werden. Unter anderem durch die hohe Involvierung von Frauen in die Pflege von Familienangehörigen (Kinder und Eltern) sind sie in öffentlichen Diskussionen, Konferenzen und Medien unterrepräsentiert. Das kann fälschlicherweise dazu führen, dass z.B.  in der öffentlichen Wahrnehmung der Ausbildungsstand von Frauen unterschätzt wird und Frauen weniger Chancen erhalten, ihr Wissen unter Beweis zu stellen. Wir sind aber davon überzeugt, dass uns KI, sofern sie von allen für alle entwickelt wurde, einerseits dabei helfen kann, in der Zukunft objektivere und bessere Entscheidungen zu treffen – auch in Personalfragen. 

Andererseits sehen wir KI als eine Chance für Frauen, um die Karriereleiter hinaufzuklettern: Frauen, egal in welchem Beruf und in welcher Branche, die sich heute Kenntnisse und Know-how über KI Systeme und deren Auswirkungen aneignen, können die Entscheidungsträgerinnen von morgen sein. 

Haben Sie das Gefühl, dass sich Frauen oft doppelt oder dreifach anstrengen müssen um gleiche Positionen wie Männer zu bekommen?

Unserer Erfahrung nach kommt das leider immer noch zu oft vor. Einerseits müssen Frauen besonderes leisten, um in technischen Berufen überhaupt von Vorgesetzten wahrgenommen zu werden. Andererseits müssen sie inhaltlich ihre Kollegen überflügeln, um von diesen anerkannt zu werden. 

Außerdem wird Frauen immer noch antrainiert, sozial verträglich zu agieren und lieber ruhig zu sein, anstatt die eigene Meinung zu vertreten. Und artikulieren sie sich selbstbewusst, dann werden sie oft als Zicke tituliert. Wir müssen einander noch mehr gegenseitig unterstützen, damit wir alle gewinnen – egal welches Geschlecht.

 

Mehr über Women in AI finden Sie hier:
www.womeninai.co

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