Sheconomy versteht sich als zentrale Plattform für Frauennetzwerke in Österreich, Deutschland und der Schweiz. Regelmäßig stellen wir eines der zahlreichen Netzwerke aus Wirtschaft, Wissenschaft, Gesellschaftspolitik und Kultur im Detail vor.
Soroptimist International (SI) ist ein globales Netzwerk engagierter Frauen, das politisch und konfessionell neutral ist. SI vereint Frauen weltweit aus verschiedenen Kulturen und Berufen, um die Lebensbedingungen von Frauen und Mädchen zu verbessern und die internationale Verständigung zu fördern. Die Mitglieder setzen sich für die rechtliche, soziale und berufliche Gleichstellung von Frauen ein und vertreten deren Interessen in der öffentlichen Debatte. Wir haben mit Präsidentin Manuela Nitsche darüber gesprochen, wie sich das internationale Netzwerk organisiert, was sie antreibt und wie sie die Rolle von Frauennetzwerken bewertet.
Wann wurde Ihr Netzwerk ins Leben gerufen?
1921 in Oakland/California. 1924 in Paris/Europa, 1930 in Berlin/Deutschland
Wie viele Mitstreiter*innen zählt Ihr Netzwerk aktuell?
Weltweit ca. 66.000, in Deutschland 7.000 Frauen.
Was sind die Kernthemen und Schwerpunkte Ihres Netzwerks?
Soroptimistinnen setzen sich für Gleichberechtigung und für die Verbesserung der Lebensbedingungen von Frauen und Mädchen sowie für weltweite Verständigung ein.
Schwerpunkte sind:
- Ungehinderter Zugang zu Bildung sowie Qualifizierung für Leitungsaufgaben
- Wirtschaftliche Unabhängigkeit
- Verhinderung von jeglicher Gewalt gegen Frauen und Mädchen
- Aktive Mitwirkung von Frauen bei der Lösung von Konflikten
- Sicherer Zugang zu ausreichender Ernährung und Trinkwasser
- Gendergerechte bestmögliche Versorgung
- Beseitigung der Folgen von Klimawandel und Umweltkatastrohen unter Berücksichtigung der Bedürfnisse von Frauen und Mädchen
Was ist der gemeinsame Nenner aller Mitglieder, die sich in Ihrem Netzwerk zusammengefunden haben?
Gesellschaftspolitisches Engagement für Frauen und Mädchen.
Wie läuft der Austausch innerhalb der Community ab und über welche Kanäle?
SI ist in Clubs organisiert. Soroptimistinnen aus unterschiedlichen Berufen und Altersklassen treffen sich und pflegen freundschaftliche Beziehungen untereinander. Mitglied bei SI zu sein – aktiv zu sein – hat viele Vorteile. Eine aktive Soroptimistin baut neue Beziehungen auf, schaut über den Tellerrand und entwickelt neue Fertigkeiten. Bei den monatlichen Clubtreffen stehen Vorträge und Diskussionen zu gesellschaftspolitischen Themen im Mittelpunkt.
Wir kommunizieren u.a. über eine eigene SI-App – quasi zum Austausch in einem geschützten Raum. Darüber hinaus über Rundschreiben und natürlich an unseren Club-Abenden.
Wie oft treffen Sie sich?
Die SI-Clubs (in Deutschland zurzeit 224) treffen sich zu monatlichen Clubabenden in unterschiedlichen Lokalitäten.
Wie informieren Sie sich gegenseitig über Neuigkeiten, aktuelle Kampagnen etc.?
Durch unsere App, durch Rundschreiben, durch die Website und durch die Arbeit unserer Vizepräsidentinnen. Zudem sind wir in verschiedenen Netzwerken unterwegs und tauschen uns aus.
Werben Sie gezielt neue Mitglieder für Ihr Netzwerk an, und wenn ja, wie?
Durch unsere vielen Aktivitäten machen wir Frauen auf unser Netzwerk aufmerksam. Ziel ist es, sie für unsere Arbeit zu begeistern. Interessentinnen können uns über die Website anschreiben und Frauen können auch vorgeschlagen werden. Seit vielen Jahren verleihen wir den Soroptimist Deutschland Preis, ein Preis für Exzellenz und Empowerment für Frauen, der mit 20.000 Euro dotiert ist. Er ist eine Auszeichnung für Personen, Personenvereinigungen oder Organisationen, die sich um die Verbesserung der Stellung der Frau in der Gesellschaft verdient gemacht haben. Die nächste Preisverleihung findet am 8. März 2025, dem Weltfrauentag, in Berlin statt.
Wie organisieren Sie die Arbeit im Netzwerk?
Wir sind regional organisiert. Es gibt eine „Weltebene“ mit einer Weltpräsidentin, eine „Europa-Ebene“ mit einer Europapräsidentin und die Länder mit einer „Landespräsidentin“. Den Clubs steht eine Clubpräsidentin vor. Die Ämter wechseln auf allen Ebenen turnusmäßig alle zwei Jahre. Unsere Präsidentin von Soroptimist International Deutschland heißt Manuela Nitsche. Sie ist selbständige Goldschmiedemeisterin. Ihr Motto lautet: #BeTheChange
Netzwerk oder auch Interessenvertretung – wie tritt Ihr Netzwerk nach außen auf?
Wir sind im Social Media-Bereich und mit unserer Website sehr aktiv und wir sind mit unserem Podcast online. Dort veröffentlichen wir unsere Themen und Inhalte, für die wir stehen und die uns bewegen. Zusätzlich sind wir Mitglied im Deutschen Frauenrat und wir sind in den Landesfrauenräten vertreten. Durch die Zusammenarbeit mit weiteren Organisationen haben wir eine starke Stimme.
Wie steht es um den „Nachwuchs“ – ist es schwer, ihn zu motivieren, oder ist er begeistert, Teil des Netzwerks zu werden?
Die Bereitschaft und das Interesse, sich freiwillig und unentgeltlich ehrenamtlich zu engagieren, ist nach wie vor ungebrochen hoch, dennoch müssen auch wir uns aktiv um Nachwuchs kümmern. Auch unser Netzwerk wird nicht jünger. Als Netzwerk berufstätiger Frauen arbeiten wir daran, einen Mehrwert gerade für junge Frauen zu bieten und sie für unsere Arbeit zu begeistern. Clubabhängig ist der Erfolg unterschiedlich.
Gemeinsam sind wir stark – was treibt Sie und Ihre Netzwerk-Mitstreiter*innen an?
Als NGO hat Soroptimist International Konsultativstatus mit eigenem Antragsrecht bei der UN und ist mit Repräsentantinnen an zahlreichen UN-Zentren und im Europarat mit beratendem Status vertreten. Darauf sind wir stolz, denn diesen Status muss man sich erarbeiten und wir tun das mit viel Engagement. Wir alle setzen uns dafür ein, die Rolle der Frau in unserer Gesellschaft zu verbessern: wir stehen für gleiche Bezahlung, Frauen in Politik und Führungspositionen und Gendermedizin, um nur einige Themen zu nennen.
Auf den Punkt – welche drei Eigenschaften zeichnen Ihr Netzwerk aus?
Empowerment von uns Frauen, sehr gut vernetzt in wichtigen Gremien, wir sind Feministinnen.
Welche langfristigen Ziele verfolgen Sie mit Ihrem Netzwerk? Wo sehen Sie das Netzwerk in fünf Jahren?
Die Hürden für Frauen müssen abgebaut und der Ausbau von Bildungs- und Berufsprogrammen für Frauen und Mädchen muss erweitert werden. Stichworte: MINT und Handwerk. Durch unsere stetige Arbeit und Umsetzung unserer Vorstellungen gehen wir das an. Wir werden stärkere digitale Vernetzung und virtuelle Gemeinschaften haben, um unsere Reichweite zu erhöhen und eine globale Gemeinschaft zu schaffen. Durch globale Programme können wir den Klimaschutz und die Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen ausbauen. Durch unsere Partnerschaften z. B. mit UN Women bekommen wir noch mehr Aufmerksamkeit und stärkere Präsenz.
Welches Klischee rund um Frauen im Wirtschaftsleben können Sie nicht mehr hören?
Klischees sind vereinfachte stereotype Vorstellungen. „Die Frauen“ gibt es sowieso nicht. „Frauen sind zickig“, oder „sie sind nur durch die Quote an wichtige Positionen gekommen“ sind solche Klischees.
Was wären Ihrer Meinung nach die nächsten wichtigen Schritte Richtung Gender Equality?
Familienfreundliche Arbeitszeitmodelle, finanzielle Unabhängigkeit und Abschaffung des Ehegattensplittings, welches den Staat rund 22 Milliarden Euro pro Jahr kostet. Anerkennung von Care-Zeiten als Rentenpunkte.
Haben Sie das Gefühl, dass sich Frauen oft doppelt oder dreifach anstrengen müssen, um gleiche Positionen wie Männer zu bekommen?
Ja, das ist nicht nur ein Gefühl, das ist leider bestätigt
Wie bewerten Sie die Rolle von (Frauen-) Netzwerken in unserer heutigen Gesellschaft und in der Zukunft?
Ziele lassen sich gemeinsam besser erreichen und Frauen können sich gegenseitig ermutigen und stärken. Frauen können auch in Unternehmen einen Kulturwandel fördern und meist sind sie die besseren Strategen. Zudem werden Frauennetzwerke gezielt die Themen Diversität und Inklusion angehen und Arbeitsumfelder schaffen, die für alle Geschlechter zugänglich und gerechter sein werden.
Last but not least – ein Wort zum Thema Frauenquote?
Frauen haben eine genauso wertvolle Stimme wie Männer. Für eine geschlechtergerechte Zukunft ist es zwingend notwendig, dass Frauen die Welt mitgestalten. Frauenquoten sind ein wirksames Werkzeug, dies zu ermöglichen. Ohne Quote scheint das leider nicht zu gehen.
Mehr dazu: https://www.soroptimist.de/home