Sheconomy versteht sich als zentrale Plattform für Frauennetzwerke in Österreich, Deutschland und der Schweiz. Jede Woche stellen wir eines der zahlreichen Netzwerke aus Wirtschaft, Wissenschaft, Gesellschaftspolitik und Kultur im Detail vor.
Diesmal haben wir uns mit Helena Hierzer und Florentina Müller, Sprecherinnen des Referats für Gleichbehandlungsfragen an der WU, über Ziele, Schwerpunkte und Vereinbarkeit von Familie und Studium unterhalten und warum Frauenförderung wie die ihre ein zentrales Instrument für Gleichberechtigung an Universitäten sind.
Wie lautet der Name ihres Netzwerks?
ÖH WU Österreichische HochschülerInnenschaft der Wirtschaftsuniversität Wien Referat für Gleichbehandlungsfragen
Wann wurde Ihr Netzwerk ins Leben gerufen?
Die ÖH WU wurde 1945 gegründet.
Wie viele Mitstreiter:innen zählt ihr Netzwerk aktuell regional? Wie sehen die Zahlen auf nationaler / internationaler Ebene aus?
Aktuell zählt die ÖH WU ca. 160 Mitarbeitende Personen, darunter überwiegend Studierende. Die ÖH WU ist von anderen Hochschulinteressenvertretungen unabhängig und auch nicht auf internationaler Ebene vernetzt.
Was sind ihre Kernthemen und Schwerpunkte Ihres Netzwerks?
Die HochschülerInnenschaft hat unterschiedliche Schwerpunkte. Kernthemen der ÖH WU sind die Beratung und Unterstützung von Studierenden. Zahlreiche Studierende wenden sich an uns, wenn sie Anliegen haben. Wir versuchen, jedem:r bestmöglich weiterzuhelfen.
Handelt es sich um ein Anliegen die Lehre betreffend, treten wir auch zum Beispiel mit Professoren:innen oder Unipersonal in Kontakt und lösen so aufgekommene Konflikte. Generell teilt sich die ÖH in elf Referate auf, die sich jeweils mit verschiedenen Themen befassen. Diese sind beispielsweise Gleichbehandlung, Bildungspolitik, Umwelt, Sport oder auch Kultur. Im Referat für Gleichbehandlungsfragen versuchen wir neben Beratung auch durch Veranstaltungen eine Basis für Networking zu schaffen. Zum Beispiel haben wir über die letzten Semester Webinare zum Thema „Finanzielle Unabhängigkeit von Frauen“ für Studierende organisiert.
Was ist der „gemeinsame Nenner“ all jener Frauen, die sich in Ihrem Netzwerk zusammengefunden haben?
Frauen, wie Männer, in der ÖH haben mehrere Ziele, die sie miteinander verbindet. An erster Stelle steht eindeutig den Studierenden dabei zu helfen, die Hürden des Unilebens leichter zu überwinden, aber sie auch durch Veranstaltungen zu vernetzen und somit die Qualität ihres Studiums ausschlaggebend zu verbessern. Außerdem hat ein Großteil der ÖHler:innen das Bedürfnis, neue Studienkolleg:innen kennenzulernen.
Wie läuft der Austausch innerhalb Ihrer Community ab? Über welche Channels?
Alle Mitarbeitenden teilen sich ein Bürogebäude am WU Campus. Der Hauptaustausch findet in den Büros, meist persönlich, statt. Zusätzlich wird innerhalb der Referate und auch zentral über Social Media kommuniziert. Im Referat für Gleichbehandlungsfragen teilen wir uns einen Büroabschnitt, in dem sich die Mitglieder einfinden.
Wie oft treffen Sie sich?
Grundsätzlich herrscht im Büro ein reges Kommen und Gehen. Für die meisten ist das ÖH-Gebäude neben der Arbeit auch ein gemeinsamer Rückzugsort. Daher finden auch täglich informelle Treffen statt. Trotz dieser Tatsache treffen sich die einzelnen Referate in regelmäßigen Abständen zu sogenannten Referatsstunden. Je nach Bedarf und Größe des Teams werden diese meist monatlich abgehalten. Diese Referatstreffen dienen hauptsächlich zum Austausch von Neuigkeiten und der Organisation. Wir, im Referat für Gleichbehandlungsfragen, treffen uns, wenn nicht im Büro, auch manchmal gemütlich bei einem Brunch am Campus oder im Prater.
Wie informieren Sie sich gegenseitig über Neuigkeiten, aktuelle Kampagnen etc. ?
Sämtliche Informationen über Erneuerungen in der ÖH oder neue Projekte, werden über Whatsapp-Broadcasts verschickt. Spezifische Infos, die einen engeren Personenkreis erreichen sollen, werden durch die Referatsleiter:innen den Mitarbeitenden kommuniziert.
Werben Sie gezielt neue Frauen für Ihr Netzwerk an und wenn ja wie?
Besonders das Referat für Gleichbehandlungsfragen kümmert sich, neben ein paar anderen Themen, speziell um frauenspezifische Anliegen. Durch organisierte Events sollen vor allem auch Studentinnen auf unsere Tätigkeit aufmerksam gemacht werden. Wir wollen vermitteln, dass sich die Studierendenvertretung bestmöglich um die Anliegen der WU-Studentinnen kümmert und ihnen mit Beratung und Service oder Hilfe zur Seite steht. Studierende, die sich gut beraten fühlen oder Spaß auf einer Veranstaltung haben, sind jederzeit willkommen, bei uns im Büro vorbeizuschauen. Auch für Studierende, die einfach mitmachen wollen gilt, prinzipiell: wer mitmachen möchte ist willkommen.
Wie organisieren Sie die Arbeit im Netzwerk?
An der Spitze der Referate steht immer ein:e Referent:in, welche:r das Referat leitet. Im Organigramm stehen diese unter dem Vorstand der ÖH WU. Es ist Aufgabe der Referent:innen, alle Referatsmitarbeitenden auf dem neuesten Stand zu halten, diese zu koordinieren und neue Mitglieder zu akquirieren. Die Arbeitsaufteilung und die Kompetenzverteilung können jedes Referat individuell gestalten. Im Referat für Gleichbehandlungsfragen stimmen wir die Arbeitsaufteilung meist nach Interessen ab. Oft ist auch maßgeblich, wie viel wer gerade im Studium zu tun hat.
Netzwerk oder auch Interessenvertretung, wie tritt ihr Netzwerk nach außen auf?
Die ÖH WU tritt in einigen Kanälen nach außen auf. Für Studierende hat unter der Woche das ÖH-Beratungszentrum geöffnet. Weiteres veröffentlicht die ÖH WU monatlich das STEIL-Magazin und hält Studierende und alle anderen Follower:innen via Social Media wie Instagram auf dem neuestem Stand. Weiters erhält jede:r WU-Studierende per E-Mail einen wöchentlichen Newsletter zugeschickt. In diesem werden sie über aktuelle Themen oder auch Termine und Veranstaltungen informiert. Über Direktnachrichten oder E-Mail können sich die Studierenden jederzeit schriftlich bei uns melden, sollten sie Fragen haben.
Wie steht es um den Nachwuchs – schwer zu motivieren oder begeistert von der Idee Teil eines Netzwerkes zu werden?
Jedes Semester melden sich zahlreiche Studierende, die bei der ÖH WU mitmachen wollen. Sie wollen nicht nur einfach Teil eines Netzwerkes sein, sondern auch bei Veranstaltungen mitwirken oder Studierenden bei verschiedenen Anliegen helfen. Wir legen auch Wert darauf, dass sich neue Mitglieder mit den Themen des gewählten Referats auseinandersetzen. Das bedeutet konkret, dass sich im Referat für Gleichbehandlungsfragen Studierende wiederfinden, die sich aktiv mit den dort behandelten Themen auseinandersetzen und sich auch dafür interessieren bzw. etwas verändern möchten.
Gemeinsam sind wir stark – was treibt Sie und Ihre Netzwerk-Mitstreiter:innen an?
Uns verbindet das stetige Streben nach einem WU Studium, das von Qualität und Fairness ausgezeichnet werden soll. Den Mitarbeitenden im Referat für Gleichbehandlungsfragen liegt insbesondere am Herzen, an der WU diskriminierungs- und barrierefreien Raum zu schaffen. Wir wollen ein offenes Ohr für all jene haben, die sich nicht wohl fühlen und ihre Lage verbessern.
Auf den Punkt gebracht – Welche drei Eigenschaften zeichnet Ihr Netzwerk aus?
Innovativ, dynamisch, zielorientiert
Welches Klischee rund um Frauen im Wirtschaftsleben können Sie nicht mehr hören?
Viele Menschen sind der weitläufigen Meinung, dass Familie und Wirtschaftsstudium nicht unter einen Hut zu bringen sind. Zumindest an der WU gibt es sehr wohl die Möglichkeit, berufs- und familienbegleitend zu studieren. Das Student Counselling an der WU betreut betroffene Studentinnen und arbeiten mit ihnen einen Fahrplan für ihr Studium während der Schwangerschaft und den ersten Monaten als Mutter aus.
Weiters gibt es eine moderierte Peergroup zum Thema Studieren mit Kind. Selbstverständlich ist ein solches Vorhaben eine Herausforderung, aber mithilfe der zahlreichen Anlaufstellen wird diese von einigen Frauen bravourös gemeistert.
Was wären Ihrer Meinung nach die nächsten wichtigen Schritte in Richtung Gender Equality?
Es ist notwendig, Frauen zu ermutigen, auch in männerdominierte Berufsfelder einzusteigen. In diesem sollten sie Führungspositionen besetzen und weiters müssen Frauen in bestehenden Positionen gestärkt werden. Unterstützend hilft hier gesondertes Mentoring, zum Beispiel zum Thema Frauen und Gehaltsverhandlung.
Im Referat für Gleichbehandlungsfragen versuchen wir ambitionierte Studentinnen aktiv mit Workshops zu stärken. Wir finden, dass Role Modeling hier besonders hilfreich ist. So sollen sich etwa die Mentor:innen oder Coaches, die jene Workshops leiten, gut in die Situation der Frauen hineinversetzen können.
Haben Sie das Gefühl, dass sich Frauen oft doppelt oder dreifach anstrengen müssen, um gleiche Positionen wie Männer zu bekommen?
Das lässt sich nicht pauschal sagen. Jedoch, in manchen Kontexten sind Frauen besonders gefordert und müssen eventuell auch eine Extrameile einlegen, um dort zu sein, wo die männlichen Kollegen sind. Gerade in männerdominierten Unternehmen oder Branchen ist das oft der Fall. Österreichweit ist die Gender Pay Gap inakzeptabel groß. Sie signalisiert, schwarz auf weiß, dass überdurchschnittlich viele Frauen mehr arbeiten müssen, um die gleiche Vergütung wie Männer zu erhalten.
Aber: je mehr Frauen, bereit sind, für Gleichstellung zu kämpfen, desto größer sind die Chancen, dass jene Hindernisse bald überwunden sind. Wenn immer mehr Frauen auf der Managementebene vertreten sind, können wir in die Richtung einer gleichberechtigten Unternehmenslandschaft rücken.
Wie bewerten Sie die Rolle von Frauennetzwerken in unserer heutigen Gesellschaft? Und in der Zukunft?
Frauennetzwerke sind bereits jetzt sehr wichtig und werden es besonders in Zukunft auch sein. Kommunikation zwischen Frauen muss auf allen beruflichen Ebenen forciert werden. Nur so können Frauen auf Probleme aufmerksam machen und diese gut sichtbar machen. Möglichst viel Austausch sorgt für Transparenz und dynamischen Informationsaustausch rund um den Arbeitsplatz.
Last but not least – ein Wort zum Thema Frauenquote?
Frauenquoten sind ein Instrument, mit dem in vielen Unternehmen gegen die historische Schlechterstellung von Frauen vorgegangen wird. Leider führen solche Regelungen in der betrieblichen Praxis nicht selten zu internen Spannungen zwischen Mitarbeitenden. Jedoch ist es für zahlreiche Arbeitgeber eine beachtliche
Herausforderung, eine repräsentative Anzahl an Frauen in ihren Führungsriegen einzustellen. In solchen Fällen ist eine Frauenquote ein zweckmäßiges Übergangsinstrument.