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Netzwerk der Woche: Pride Biz

Pride Biz ist der österreichische Dachverband für LGBTIQ+ in Wirtschaft und Arbeitsleben.

Sheconomy versteht sich als zentrale Plattform für Frauennetzwerke in Österreich, Deutschland und der Schweiz. Jede Woche stellen wir eines der zahlreichen Netzwerke aus Wirtschaft, Wissenschaft, Gesellschaftspolitik und Kultur im Detail vor.

Diesmal haben wir uns mit Astrid Weinwurm-Wilhelm, Vorstand von Pride Biz Austria, über Ziele, Schwerpunkte und hartnäckige Klischees unterhalten und warum Netzwerke wie das ihre ein ganz zentrales Instrument für Gleichberechtigung am Arbeitsplatz sind.

Wie lautet der Name ihres Netzwerks?

Pride Biz Austria: Dachverband für LGBTIQ+ in Wirtschaft & Arbeitsleben.

Wann wurde Ihr Netzwerk ins Leben gerufen?

2019 haben wir die langjährige Zusammenarbeit der beiden Mitgliedsvereine, Queer Business Women (QBW) und Austrian Gay Professionals (AGPRO), unter dem Dach von Pride Biz Austria gebündelt.

Wie viele Mitstreiter:innen zählt ihr Netzwerk aktuell regional? Wie sehen die Zahlen auf nationaler und internationaler Ebene aus?

Pride Biz Austria ist eine B2B Plattform und richtet sich an Unternehmen und Organisationen in Österreich. Per Juni 2023 haben wir 30 sogenannte Pride Biz Allys – Organisationspartner:innen, die von unseren allgemeinen Leistungen profitieren und zusätzlich Zugang zu exklusiven Formaten oder auch unserer Wissensdatenbank haben. Die Vernetzung und Förderung auf individueller Ebene passiert bei den QBW für die lesbischen und queeren Frauen und bei den AGPRO  für die schwulen Männer.

Was sind ihre Kernthemen und Schwerpunkte Ihres Netzwerks?

Uns geht es darum, in der Gesellschaft und der Wirtschaft Verständnis dafür zu entwickeln, weshalb  die sexuelle Orientierung und Geschlechtsidentität am auch Arbeitsplatz relevant sind.

Wir inspirieren Menschen dazu, als Straight Ally (heterosexuelle Verbündete) zu einer wertschätzenden und diskriminierungsfreien Arbeitsumgebung beizutragen und sich im Sinne von Zivilcourage und Solidarität zu engagieren. Selbstverständlich geht es auch darum, Personen aus der LGBTIQ+ Community Mut zu machen, sichtbar zu sein und zur eigenen Lebensrealität zu stehen. Nur so kann es gelingen, dass sich LGBTIQ+ Personen mit ihrer gesamten Persönlichkeit im Job einbringen können.

Was ist der „gemeinsame Nenner“ all jener Personen, die sich in Ihrem Netzwerk zusammengefunden haben?

Das Commitment sich in LGBTIQ+ Diversity zu engagieren und das Tabuthema sexuelle Orientierungen und Geschlechtsidentitäten in der Arbeitswelt aufzulösen.

Wie läuft der Austausch innerhalb Ihrer Community ab? Über welche Channels?

Wir bieten verschiedene Formate für alle interessierten Unternehmen und Organisationen an (Auszeichnung Meritus, LGBTIQ+ Business Forum, Pride Biz Forschungspreis, Pride Networking Lounge, etc.) und solche, die exklusiv den Pride Biz Allys, (z.B. Pride Biz Circle) zur Verfügung stehen. Über Newsletter und über Social Media Kanäle informieren wir und teilen nicht nur eigene Themen sondern auch Aktivitäten, Formate und Petitionen unserer Allys.

So haben bspw. die Initiative zum Ende des Blutspendeverbotes für schwule Männer und trans* Personen und die Petition für Levelling up (= Diskriminierungsschutz für LGBTIQ+ bei Zugang zu Gütern und Dienstleistungen) starke Unterstützung durch unser Netzwerk erhalten.

Wie oft treffen Sie sich?

Mit den Allys treffen wir bei obengenannten Veranstaltungen zusammen, im Dachverband treffen sich die Projektmitarbeiter:innen oder der Vorstand mehrmals im Quartal.

Wie informieren Sie sich gegenseitig über Neuigkeiten, aktuelle Kampagnen etc. ?

Über verschiedene Kanäle darunter: Email, Newsletter, Social Media, Medienbeobachtung, Homepages, gezielte Kontaktaufnahme.

Werben Sie gezielt neue Mitstreiter:innen für Ihr Netzwerk an und wenn ja wie?

Wir sprechen Unternehmen und Organisationen gezielt auf ihr Engagement an – entweder, weil wir von ihren Maßnahmen rund um Diversity im Allgemeinen hören und nach dem spezifischen für LGBTIQ+ fragen – oder weil wir wissen / sehen, dass sie sich bereits im Kontext LGBTIQ engagieren: dann liegt das Allyship für Vertiefung doch sehr nahe.

Mittlerweile sind wir in der glücklichen Lage, dass unsere Arbeit bekannt geworden ist und sich Unternehmen bei uns melden, um sich mit uns auszutauschen. Um pinkwashing vorzubeugen, gilt es bestimmte Kriterien zu erfüllen: Unternehmen müssen demnach bereits mit dem Thema gestartet haben und entsprechende Maßnahmen vorweisen, bevor sie Allys werden können.

Wie organisieren Sie die Arbeit im Netzwerk?

Wir haben eine angestellte Person – unsere Generalsekretärin Katharina Moser-Cziczatka, die für Pride Biz Austria, AGPRO und QBW tätig ist: sie ist Kontaktperson, für Website-Auftritt, Social Media und einige Projektleitungen zuständig. Alle anderen Personen arbeiten ehrenamtlich und engagieren sich für die unterschiedlichen Aspekte oder Projekte. Außerdem unterstützt uns seit Kurzem der PR-Profi Benjamin Fischer, darin unser Engagement noch besser und medienwirksamer nach außen zu tragen

Netzwerk oder auch Interessenvertretung – wie tritt ihr Netzwerk nach außen auf?

Ein Netzwerk mit einem klaren Thema: Die Relevanz von LGBTIQ für die Wirtschaft und die Arbeitswelt verständlich zu machen.

Wie steht es um den „Nachwuchs“ – schwer zu motivieren oder begeistert von der Idee Teil eines Netzwerkes zu werden?

Die QBW und AGPRO sind altersmäßig relativ gut durchgemischt. Die Berufseinsteiger:innen – die Gen Z – empfinden Outsein im Job möglicherweise als ganz selbstverständlich (was natürlich super ist) – und sehen vielleicht für ein solches Engagement (noch) keine Notwendigkeit. Studien zufolge ist es aber immer noch so, dass ein Outing für viele Personen am Arbeitsplatz unmöglich erscheint, weil negative Konsequenzen wie Mobbing, Karrierenachteile oder Diskriminierung befürchtet werden.

Wenn es um das Commitment für ehrenamtliche Arbeit geht, denke ich, ist es wie in allen Vereinen: einige sind immer und überall mit dabei und engagiert. Weitere, neue, andere Personen zu motivieren, sich zuverlässig in die Vereinsarbeit einzubringen, ist nicht immer leicht.

Gemeinsam sind wir stark – was treibt Sie und Ihre Netzwerk-Mitstreiter:innen an?

Die wirtschaftliche Situation – Personalmangel und die Chance sich durch Diversity Management zu positionieren und Mitarbeiter:innen zu binden – ist ein starker Treiber. Diversity Management ist heute kein nice-to-have mehr, sondern ein must-have. Das hilft uns natürlich.

Auf den Punkt gebracht – welche drei Eigenschaften zeichnet Ihr Netzwerk aus?

  • Wir geben der LGBTIQ+ Community in der Wirtschaft eine unüberhörbare Stimme und Sichtbarkeit
  • Wir bieten der Wirtschaft eine Plattform zum wechselseitigen Inspirieren, Anspornen und sich zu matchen in Sachen LGBTIQ+ Friendlyness
  • Wir engagieren uns dafür, dass LGBTIQ+ Menschen in Berufs- und Arbeitswelt die selben Chancen bekommen wie heterosexuelle Männer

Welches Klischee rund um LGBTIQ+ im Wirtschaftsleben können Sie nicht mehr hören?

  • Schwule und Lesben haben eh schon alles erreicht.
  • Trans* und non-binary ist ja nur ein Trend.
  • Wieso können sich manche Menschen nicht entscheiden, ob sie Mann oder Frau sind?
  • Wenn (trans*) Menschen ganz einfach ihr Geschlecht ändern können, bedroht dies die sicheren Räume von Frauen.

Was wären Ihrer Meinung nach die nächsten wichtigen Schritte in Richtung Gender Equality?

Gender Equality braucht die Schließung des Gender Pay Gap und die selbstverständliche Erwartung von Unternehmen, dass nicht nur Frauen sondern auch Männer in Karenz und Elternzeit gehen. Solange es keinen stärkeren gesetzlichen Druck gibt, können das nur Eigeninitiativen der Unternehmen selbst sein. Damit können sie sich aber auch im Wettbewerb positionieren.

Wenn wir Gender Equality weitergefasst sehen und auch die Geschlechtsidentität mitdenken, müssen die Hürden für die Änderung des Geschlechtseintrages gesenkt werden: z.B. dass der alternative Geschlechtseintrag („3. Option“) nicht nur inter* Personen sondern auch non-binären oder trans* Personen zur Verfügung steht. In einer utopischen Welt braucht es diese Kategorisierungen nicht mehr – dann gilt in der Arbeitswelt: die richtigen Personen für die jeweiligen Aufgaben.

Im Kontext mit Gleichstellung insgesamt ist eine der drängendsten Forderungen die Anhebung des Diskriminierungsschutzes beim Zugang zu Gütern und Dienstleistungen (levelling up): aktuell sieht es die Rechtslage vor, dass LGBTIQ+ Personen an ihren Arbeitsplätzen geschützt sind (ein schwuler Kellner darf an seinem Arbeitsplatz nicht diskrtiminiert werden), beim Zugang zu Dienstleistungen ist dies nicht der Fall: der schwule Gast darf aus dem Hotel, Taxi, Café „hinausgeschmissen“ werden.

Haben Sie das Gefühl, dass sich LGBTIQ+ Personen oft doppelt oder dreifach anstrengen müssen, um gleiche Positionen wie heterosexuelle Männer zu bekommen?

Das ist definitiv der Fall und trotzdem gelingt es ihnen oft nicht. Wenn wir andere Diversitätsdimensionen noch dazu denken – Religion und / oder nicht-österreichische Herkunft, dann potenziert sich die Anstrengung der LGBTIQ+ Personen.

Wie bewerten Sie die Rolle von Frauennetzwerken in unserer heutigen Gesellschaft? Und in der Zukunft?

Netzwerke per se sind wichtig: Wir müssen das Rad nicht neu erfinden, sondern sollten das gegenseitige Unterstützen und das Lernen voneinander mehr in den Vordergrund stellen. So wie es sich für uns als nützlich erwiesen hat, Straight Allys einzubinden, kann es für Frauennetzwerke nützlich sein, unterstützende Männer einzubinden.

Last but not least – ein Wort zum Thema Frauenquote?

Ist immer noch wichtig – denn ohne kommen wir nicht weiter!


Mehr zum Netzwerk gibt es hier: Pride Biz Austria

 

 

 

 

FotomaterialPride Biz Austria
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