StartRolemodels#mutmachen: Negin Schaller – Die Weltmeisterin mit Parkinson

#mutmachen: Negin Schaller – Die Weltmeisterin mit Parkinson

Die Wienerin Negin Schaller gewann bei der Tischtennis Parkinson-WM in Berlin die Goldmedaille.

Die 55-Jährige Negin Schaller hat immer schon gerne Sport getrieben. Als junges Mädchen turnte sie im Sportverein in ihrer Geburtsstadt Teheran, die sie im Alter von 17 Jahren verließ, um nach Wien zu ziehen. Dort studimerte sie Humanmedizin und spezialisierte sich auf Hals, Nasen und Ohren. Im Alter von 39 Jahren, gleich nach der Geburt ihres Kindes, wurde bei Schaller die neurologische Krankheit Parkinson festgestellt, für die es keine Heilung gibt. Heute – 16 Jahre später – spielt widmet sie sich wieder voll und ganz dem Sport und Tischtennis auf Weltmeisterschaftsniveau: Die Wienerin ist bei den Parkinson’s World Table Tennis Championships in Berlin in der Damen Single’s Class 3 angetreten – und hat gewonnen. Es ist jene Klasse, in der Personen antreten, die bereits am längsten mit Parkinson leben.

Frau Schaller, wie hat es sich angefühlt die goldene Medaille zu gewinnen? 

Negin Schaller (re.) bei der Tischtennis Parkinson-Weltmeisterschaft in Berlin. | Foto: privat

Ich hätte es mir nie gedacht! Ich war davor noch nie bei einer Meisterschaft und dann habe ich gleich eine Weltmeisterschaft gewonnen. Das war ein unglaubliches Gefühl.

Wann haben Sie angefangen Tischtennis zu spielen?

Das war vor vier oder fünf Jahren. Ich habe spaßhalber angefangen in einem Verein zu spielen und zwei Mal pro Woche zu trainieren. Kompetitiv wurde es aber erst, als mir eine Kollegin aus meiner Parkinson-Gruppe erzählt hat, dass es eine Tischtennis Weltmeisterschaft für Personen mit Parkinson gibt. Daraufhin habe ich mich gleich beworben – es war mein erstes Turnier überhaupt.

Waren Sie immer schon so sportbegeistert?

Ja, immer schon. Als Kind habe ich Geräte- und Bodenturnen gemacht, später habe ich unter anderem Beach Volleyball, Bowling und Tennis ausprobiert. Ich musste schließlich aufhören Tennis zu spielen, weil ich aufgrund der Krankheit Probleme mit dem Gleichgewicht hatte. Dann habe ich Tischtennis für mich entdeckt. Vor kurzem habe ich herausgefunden, dass Tischtennis sogar eine gute Therapiemöglichkeit für Parkinson ist. Es kann dagegen helfen, dass die Krankheit weiter fortschreitet. Das habe ich zunächst gar nicht gewusst, als ich damit angefangen habe.

Sie wurden im Alter von 39 Jahren mit Parkinson diagnostiziert. Wie war es für Sie diese Diagnose zu bekommen?

Ich war gerade frisch verheiratet und habe innerhalb einer relativ kurzen Zeitspanne eine gute und zwei schlechte Nachrichten bekommen. Die Gute war, dass ich schwanger war. Die erste schlechte Nachricht erhielt ich während meiner Schwangerschaft: ich hätte eine Schilddrüsenerkrankung. Kurz nachdem ich mein Kind auf die Welt brachte wurde mir gesagt, dass ich Morbus Parkinson habe. Das wollte ich sehr lange nicht akzeptieren und ich habe es sogar geheim gehalten. Ich habe mich um meine Tochter gekümmert und nebenbei weitergearbeitet als wäre nichts. Erst vier Jahre später habe ich es akzeptiert, es hat wirklich sehr lange gedauert.

Wie ging es weiter?

Ich habe danach tatsächlich noch einige Zeit als Ärztin weitergearbeitet. Ab einem gewissen Punkt war ich durch meine Krankheit jedoch so eingeschränkt, dass ich mir eingestehen musste, nicht mehr arbeiten zu können. Ich habe die Grenzen meines Körpers respektiert.

Wo hast du nach der Diagnose und die Kraft hergenommen weiterzumachen?

Ich war immer schon ein sehr positiver Mensch. Selbst während der Zeit, in der ich nicht akzeptieren wollte, dass ich krank bin, habe ich nie genörgelt und bin stets positiv geblieben. Meine Eltern, mein Mann und meine Schwester waren eine große Unterstützung für mich und es hat mich jedes Mal unglaublich motiviert, wenn ich Fortschritte gemacht habe. Ich habe beispielsweise mit großer Freude das Gedichtbuch „Die Mitte sucht man lebenslang“ geschrieben und viele verschiedene Sportarten ausprobiert. Generell versuche ich immer das Beste aus jeder Situation zu machen. Das hat wohl damit zu tun, dass ich sehr ehrgeizig bin.

Das hat sich bei der WM gezeigt. Werden Sie auch nächstes Jahr wieder antreten?

Ja! Nächstes Jahr wird die Weltmeisterschaft in Zagreb stattfinden, da will ich auf jeden Fall dabei sein.

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