StartBusinessSuccessMehrfach-Gründerin: "Nicht alles tun, sondern das Richtige"

Mehrfach-Gründerin: „Nicht alles tun, sondern das Richtige“

Viertagewoche als CEO, Urlaub ohne Laptop, Sport während der Arbeitszeit - für Unternehmerin und Investorin Magdalena Muttenthaler ist das inzwischen Normalität. Wie sie das umsetzt und heute auch anderen Start-ups beim Wachsen hilft.

Du bist Mehrfach-Gründerin und mit Deinen Unternehmen jeweils schnell gewachsen – und das ohne Fremdkapital. Wie hast Du das geschafft?

Wer ohne Fremdkapital mit seinem Unternehmen schnell wachsen will, muss früh lernen, dass es nicht darum geht alles zu tun, sondern das Richtige. Und das nicht nur gut, sondern besser als alle anderen auf dem Markt zu machen.

Genau darauf habe ich mich in jedem meiner Unternehmen fokussiert. Ich habe zu viel mehr Dingen Nein als Ja gesagt. Das heißt: Ich habe mich z.B. bewusst dagegen entschieden, jeden Kanal zu bespielen, bei jedem Event dabei zu sein und bei jedem Social Media- bzw. Wachstumstrend mitzumachen. Die Fähigkeit zu erkennen, was wirklich wachstumsentscheidend ist, vorhandene Ressourcen bestmöglich darauf zu fokussieren und fehlende Ressourcen durch kreative Lösungen zu ersetzen, ist entscheidend, wenn man bootstrappen, also ohne Fremdkapital wachsen will. Ich habe diese Fähigkeit bewusst kultiviert und auch an meine Teams jeweils weitergegeben. Das hat uns sehr weit gebracht.

Was hättest Du gern vorher gewusst? Welche Fehler hättest Du gerne vermieden?

Ich glaube fest daran, dass man Fehler machen und Erfahrungen sammeln muss, um richtig gut in etwas zu werden. Ich habe noch während der Examensphase meines Jurastudium gegründet, hatte daher weder Netzwerk noch Erfahrungen was Unternehmensgründung bzw. -führung betrifft und wurde selbst Arbeitgeberin, bevor ich richtig Arbeitnehmerin war. Meine ersten Gründungsjahre waren geprägt von Trial-and-Error, großen und kleinen Fehlern sowie einigen Kurskorrekturen. Dadurch habe ich jedoch Fähigkeiten erlernt, mit denen ich bestimmte Erfolge immer wieder replizieren kann und die ich nun als Mentorin, Beirätin und Investorin weitergeben kann.

Kurzum: Ich bin froh, um jeden Fehler und jeder Herausforderung. Denn die Fähigkeiten, die man als Gründer*in erlernt, wenn man versucht ein erfolgreiches Unternehmen aus dem Nichts zu schaffen, sind das eigentlich Wertvolle an diesem Weg.

Viertage-Woche als CEO, Sport während der Arbeitszeit und mehrere Wochen Urlaub ohne Laptop – für die meisten Gründer*innen wohl undenkbar. Was ist Dein Rezept?

Die kurze Antwort: Ein Unternehmen, das auch ohne mich funktioniert und wächst. Als ich nach acht Wochen Elternzeit, die ich mir nach Geburt meiner Tochter genommen hatte, zurückkam, stellte ich fest, dass vieles ohne mich überhaupt nicht funktioniert hatte. Das lag jedoch nicht am Team, das während meiner Abwesenheit gute Arbeit gemacht hatte, sondern daran, dass viele relevante Wachstumsprozesse, so stark an mich als Gründerin gebunden waren, dass diese sich nur schwerlich ans Team übergeben ließen. Das hat mich gezwungen innerhalb kürzester Zeit unsere gesamte Wachstumsstrategie neu zu denken. Denn ich wusste, dass dies für mich kein Sprint, sondern ein Marathon wird, den ich nur gewinnen kann, wenn mein Unternehmen nicht nur ohne mich funktioniert, sondern auch wächst.

Dabei habe ich vieles ausprobiert und bin mit vielem gescheitert. Letztendlich habe ich jedoch mit einer Anpassung unseres Geschäftsmodells, der Entwicklung neuer Produkte und der Optimierung bestehender Prozesse kapazitätsunabhängige Wachstumsstrategien entwickelt, die es mir ermöglichen, regelmäßig Off-Zeiten zu haben. Unser Unternehmenserfolg bzw. auch unser Wachstum hängt nun nicht mehr von mir und meiner Anwesenheit ab. Das gibt mir viele Freiheiten!

Neben der Tatsache, dass Du natürlich eine Vorbildfunktion innehast, was genau gibst du Gründerinnen in Deinen Mentorings bzw. Unternehmen in deinen Sparring Partner Begleitungen weiter?

Im Rahmen unserer Mentorings und Masterminds bei JUNE MINDS unterstütze ich Gründerinnen dabei, mit ihrem Unternehmen den nächsten Wachstums- bzw. Skalierungsschritt zu gehen. Für manche Gründerinnen bedeutet das, die monatlichen Umsätze zu verdoppeln, für andere das Angebots- bzw. Produktsortiment oder Team zu erweitern, damit das Unternehmen skalieren kann und für wieder andere das Unternehmen unabhängig von der eigener Arbeitszeit zu machen.

Gemeinsam mit jeder Gründerin schaue ich mir das Produkt bzw. Angebot, die Customer Journey, Funnels etc. sowie die Reichweiten- bzw. Akquisestrategie an und erstelle darauf basierend einen Growth Plan. Über einen Zeitraum von sechs Monaten begleite die ich die Gründerin anschließend, mit wöchentlichen Checkins, Sessions und Feedbackschleifen und unterstütze sie bei der Zielerreichung. Wenn Unternehmen mich als Sparring Partnerin ins Unternehmen holen, geht es meist, um die Entwicklung oder Optimierung neuer Geschäftsmodelle. Gemeinsam mit dem Projektteam entwickle ich einen MVP oder analysiere den Status-quo und zeige Optimierungsmöglichkeiten, was z.b. Umsatz oder Profitabilität betrifft, auf. Für Unternehmen bedeutet dies, sich eine pragmatische und lösungsorientierte Start-up-Perspektive ins Haus zu holen; und nicht zuletzt mit meiner Erfahrung aus der Geschäftsmodellentwicklung bzw. -optimierung von über 200 Start-ups, schnelle Ergebnisse zu erzielen.

„Meine Geber-Mentalität hat mir viele Türen geöffnet“

Wie wichtig ist aus Deiner Sicht Networking für den Erfolg von Unternehmen, gerade für Frauen? Wie gehst Du selbst Netzwerken an?

Ich glaube ein gutes Netzwerk ist ein vielfach unterschätzter Erfolgsfaktor, wenn man ein Unternehmen gründet. Denn Du bist ständig darauf angewiesen, dass Dir jemand Feedback gibt, Dir jemand eine Tür öffnet oder Dich zum richtigen Zeitpunkt einer für Dich wichtigen Person vorstellt. Gerade weil Frauen in vielen Bereichen unterrepräsentiert sind, ist ein gutes Netzwerk für sie unerlässlich.

Ich persönlich vertrete eine starke Geber-Mentalität beim Netzwerken, d.h. ich versuche stets mit Feedback, Ressourcen und Empfehlungen mein Netzwerk voranzubringen. Denn ich glaube fest daran, je stärker mein Netzwerk, desto stärker kann ich davon profitieren. Konkret bedeutet das z.B. das ich jedes Netzwerkgespräch mit der Frage beende: „Gibt es eine Ressource oder einen Kontakt, mit dem ich Dich in Deinem aktuellen Projekt unterstützen kann?“ oder dass ich bei jedem Event, bei dem ich spreche oder jedem Interview, das ich gebe, eine Person aus meinem Netzwerk empfehle. Diese Geber-Mentalität hat mir bereits viele Türen geöffnet.

Welche Rolle spielt für Dich Sichtbarkeit, und was rätst Du anderen Unternehmerinnen?

Die Tatsache, dass ich vieles anders mache als es das klassische Unternehmer-Schulbuch vielleicht vorgibt, hat dazu geführt, dass ich in letzter Zeit öfter als eine der wichtigsten Stimmen des „Neuen Unternehmertums“ vorgestellt wurde. Diese Erwartung zu erfüllen ist einerseits eine sehr große Aufgabe, zeigt aber andererseits, dass es dringend Vorbilder braucht, die bestimmte Rollenmuster aufbrechen und zeigen was möglich ist, wenn man neue Wege geht. Sich als Unternehmerin für bestimmte Themen zu positionieren und das, was einem wichtig ist, voranzutreiben, braucht Mut. Gerade, weil wachsende Sichtbarkeit nicht nur mit wachsender Aufmerksamkeit, sondern auch mit wachsender Kritik einhergeht.

Ich musste lernen, dass egal wozu ich mich z.B. auf LinkedIn positioniere, es immer irgendeinen Christian oder Thomas gibt, der sich berufen fühlt, sein mehr oder weniger konstruktives Feedback mitzuteilen. Gleichzeitig konnte ich durch genau diese Sichtbarkeit, so vieles von dem, was ich erreichen wollte, so viel schneller erreichen, als wenn ich nur im Verborgenem daran arbeiten würde. Sichtbarkeit für die Themen zu erzeugen, die einem wichtig sind, zählt sicher zu den angsteinflößendsten, mutigsten aber auch erfolgversprechendsten Dingen, die man als Unternehmerin tun kann.

Neben Deinen unternehmerischen Tätigkeiten bist Du auch als Beirätin und Investorin aktiv. Dabei fokussierst Du Dich ausschließlich auf Start-ups, die von Frauen geführt sind. Warum?

Frauen erhalten deutlich weniger Funding als Männer. Gerade mal 2% des Risikokapitals ging letztes Jahr an rein weiblich geführte Startups. Das liegt daran, dass der Großteil der Investoren bzw. Business Angels männlich ist und diese ihr Geld überwiegend in von Männern geführte Startups investieren. Die Gender-Investment-Gap ist also verheerend. Dazu kommt, dass wir in Deutschland mehr erfolgreiche Startup Gründerinnen brauchen, die anderen Frauen als Vorbild dienen können. Als Beirätin und Investorin kann ich weibliche geführte Start-ups sowohl mit Knowledge als auch mit Funding unterstützen und so aktiv daran mitwirken, dass Female Entrepreneurship eine wichtige Rolle in unserer Wirtschaft spielt.

Magdalena Muttenthaler ist Unternehmerin, Mentorin, Beirätin & Investorin. Die Mehrfachgründerin (FREE MINDED FOLKSJUNE MINDS) glaubt an das Veränderungspotenzial von Unternehmertum und unterstützt als Wachstums- und Skalierungsstrategin Start-ups, Unternehmen und Acceleratorprogramme in ganz Deutschland. Sie ist CEO von JUNE MINDS, einer Wachstumsplattform für Gründerinnen und engagiert sich als Mentorin, Beirätin und Investorin dafür, dass mehr Frauen gründen und mit ihrem Business wachsen und skalieren. 
Fotomaterial© Lisa Hantke

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