Die aktuelle IMAS-Studie untersuchte die Motive und Erwartungen der 20- bis 39-jährigen Oberösterreicherinnen und Oberösterreicher (n=600) an modernes Führungsverhalten. „Die Studie zeigt, dass sich Männer etwas häufiger eine Führungsposition vorstellen können als Frauen. Das größte Hindernis für Frauen ist nach wie vor die Kinderbetreuung. Die Erwartungen an die Eigenschaften einer Führungskraft sind ähnlich: ehrlich, vertrauensvoll, kommunikativ und lösungsorientiert“, erklärt IMAS-Meinungsforscher Paul Eiselsberg.
Unterschiede in den Arbeitsmotiven
Sowohl Männer als auch Frauen in Oberösterreich sind laut Studie mit ihrer derzeitigen Arbeitssituation sehr zufrieden. Allerdings unterscheiden sich die Arbeitsmotive: Männer legen häufiger Wert auf ein gutes Gehalt, während Frauen eher ein gutes Arbeitsklima und eine gute Gemeinschaft bevorzugen. Auch die Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist für Frauen dreimal so wichtig wie für Männer.
Die Studie ergab klare Stereotypen in Bezug auf typische Eigenschaften von weiblichen und männlichen Führungskräften. Frauen wurden häufig Eigenschaften wie Einfühlungsvermögen, Vertrauen, Fürsorge und Wertschätzung zugeschrieben, männlichen Führungskräften hingegen Konstruktivität, Humor und Lösungsorientierung.
Humor als männliche Eigenschaft
Eine mögliche Erklärung dafür, warum Humor in der Studie eher männlichen Führungskräften zugeschrieben wurde, findet Silvia Dirnberger-Puchner, Geschäftsführerin von alphaTeam und Wirtschaftsmediatorin: „Frauen müssen sich oft mehr anstrengen, um als gleichwertig wahrgenommen zu werden, weil sie höhere Leistungsstandards erfüllen müssen. Das kann herausfordernd sein, weil viele Frauen in Doppel- oder Mehrfachbelastungen stecken“. Humor werde oft mit Leichtigkeit und positiven Emotionen assoziiert und sei für eine Führungskraft enorm wichtig, um ein positives Arbeitsklima zu fördern.
In der anschließenden Diskussion nahmen Expert:innen aus der oberösterreichischen Wirtschaft und Politik Bezug auf die Ergebnisse. Dirnberger-Puchner gab interessante Einblicke aus ihrer langjährigen Erfahrung im Führungskräftetraining. Sie betonte, dass Führung eine Frage der Persönlichkeit sei. Unabhängig vom Geschlecht seien soziale Kompetenz und Empathie entscheidend für erfolgreiches Führen. „Leider wissen wir aber auch, dass es viel mehr Menschen mit starken narzisstischen Tendenzen in Führungspositionen gibt“.
Familie ist immer noch Frauensache
Alle Podiumsteilnehmer:innen waren sich einig, dass das geringere Selbstvertrauen und die mangelnde Selbsteinschätzung von Frauen Gründe für ihre zurückhaltendere Führungsbereitschaft sind. „Bei Intelligenztests schneiden Frauen und Männer gleich gut ab. Außerdem sind viele Wissenschaftler davon überzeugt, dass das soziale Umfeld und die Erziehung das Denken so stark beeinflussen, dass das Geschlecht kaum eine Rolle spielt“, erklärt Dirnberger-Puchner.
Auch die gesellschaftliche Situation, insbesondere die anhaltende Verantwortung von Frauen, Familie und Beruf zu vereinbaren, wurde als wesentliches Hindernis hervorgehoben. Hier hat sich in der Gesellschaft wenig geändert und Frauen kümmern sich nach wie vor um Kinder, Eltern, Schwiegereltern und Pflegebedürftige. „Gerade wenn Diversität ein wesentlicher Erfolgsfaktor für heimische Unternehmen ist, darf die Vereinbarkeit von Kindern und Führungsposition nicht die größte Hürde für Frauen sein“, betont Initiatorin des Expertinnenforums und Vorstandsdirektorin Kathrin Kühtreiber-Leitner.
Mentoring und Netzwerke
Gerade in unsicheren Phasen braucht es oft mutige Ermutigung, weiß Iris Schmidt, Landesgeschäftsführerin des AMS Oberösterreich: „Die Ermutigung, die nächsten Schritte auch tatsächlich zu gehen, ist ein ganz wichtiger Aspekt. Hier brauchen Frauen oft mehr Unterstützung, wohl auch aufgrund der äußeren Rahmenbedingungen. Mentorinnen und Mentoren zu haben, ist auf dem Karriereweg unerlässlich – wie ausgeprägt und intensiv, hängt wohl von der eigenen Persönlichkeit und der angestrebten Position ab.“
Role Models, Vorbilder oder Mentorinnen, haben also noch lange nicht ausgedient, so der gemeinsame Tenor der Panel-Gäst:innen. „Bei uns soll nicht das Geschlecht über eine Führungsposition entscheiden, sondern das Talent und die Vision des Einzelnen. Mit Mentoring öffnen wir Türen, schaffen Netzwerke und erhöhen die Sichtbarkeit“, so Frauenreferentin Landeshauptmann-Stellvertreterin Christine Haberlander.
Die Oberösterreichische Versicherung AG ist ein österreichisches Versicherungsunternehmen mit Sitz in Linz (Oberösterreich) mit einer Mitarbeiteranzahl von 667,67 FTE und einem Umsatz von 495,5 Mio. Euro (verrechnete Prämien, 2022).