StartBusiness„Lange Hosen können von kurzen Hosen lernen“

„Lange Hosen können von kurzen Hosen lernen“

Beim diesjährigen 5. CEO & GM Circle von Futurelink by BeLinked lernte man viel über Vertrauen und Selbstvertrauen, Risikomanagement und Motivation, faires Arbeitsklima und gelebten Humor.

Gibt man bei Google „Gier“ ein, reichen die ersten zehn Meldungen von 2008, dem Folgejahr nach der großen Finanzkrise, bis hin zur Gegenwart, in der kaum ein Monat vergeht, in dem nicht neue Publikationen zum Auseinanderklaffen der Einkommens- beziehungsweise Vermögensschere erscheinen. Kein neues Phänomen, aber eines, das sich vor allem in letzter Zeit – auch als politisches Thema – zunehmend verdichtet: Immer geht es um CEO-Gehälter, die in keiner Relation mehr zu den Löhnen der Mitarbeiter stehen würden. Oder um eine ganz allgemeine Entwicklung, in der ein leicht steigender Prozentsatz immer reicher, während eine immer größere Gruppe immer ärmer wird.

Vom Leadership zum Laddership

Insofern war gleich der erste Speaker beim diesjährigen 5. CEO & GM Circle von Futurelink by BeLinked im niederösterreichischen Hotel Schlosspark Mauerbach eine ziemlich starke Ansage: Nipun Mehta, Ex-Berater von Barack Obama, Sozialunternehmer und Begründer des „Giftivism“, eine Wortmischung aus dem englischen gift = Geschenk und Activism, war gekommen um über die „Ökonomie des Schenkens“ zu referieren. Eine Stunde lang erläuterte er die Vorteile von gebenden Unternehmenskulturen gegenüber jenen, die auf reine Profitmaximierung aus wären. Und 100 österreichische Top-Manager hörten dem Mann aus Indien, der einst an der US-Elite-Universität Berkeley studiert hatte und für eine Spitzenkarriere im Silicon Valley prädestiniert war, fasziniert zu. Sein gesellschaftliches Ziel ist, dass möglichst viele Menschen vom „Leadership to Laddership“ übergehen – vom traditionellen Denken der Führung in ein kollektives Bewusstsein, von der „Accumulation“, mit der immer auch die Anhäufung von Geld beziehungsweise materiellen Gütern gemeint ist, zur „Circulation“, die genau jenes oder jene in Umlauf bringt und damit neuen Wohlstand erzeugt.

Einen ähnlichen Vortrag mit anschließendem Workshop hielt Mehta übrigens auch eine Woche später beim „Zukunfts.Symposium“, das vor wenigen Tagen im oberösterreichischen Eferding stattfand. Zur Untermauerung seiner These erzählte er von seinen eigenen Geschäftsgründungen – etwa der „Karma Kitchen“, bei der man am Ende eines Essens keine Rechnung vorgelegt bekommt, sondern darüber informiert wird, dass bereits ein anderer Unbekannter bezahlt hätte. Gleichzeitig wird man dazu eingeladen, die Summe zu geben, die man für angemessen hält, damit auch ein anderer seine gratis Speise bekommt. Mehtas Erfahrung: „Die Leute bezahlen mehr, als es kosten würde.

Das andere „Prickelnde“ an seinem Auftritt – Nipun Mehta war ein Überraschungsgast. Nicht nur fürs Publikum, sondern auch für die Veranstalterin selbst. Denn auch sie wusste bis zu Schluss nicht, wer da nun bei der Tür hereinspazieren würde. Zu diesem außergewöhnlichen Moment kam es, weil Pfneißl-Mauritz, deren diesjähriger CEO & GM Circle unter dem Schwerpunkt „Vertrauen“ stand, ihrer langjährigen, beruflichen Weggefährtin Martina Kapral, Unternehmerin und Agentin von Top-Speakern, volles Vertrauen schenkte, den passenden Vortragenden zu organisieren.

„Diskutieren Sie nie mit Idioten…“

Der zweite höchst inspirierende Talk fand zum Abschluss der mittlerweile heiß begehrten Tagung statt – die Teilnehmerplätze sind auf 100 limitiert –, die Julia Pfneißl-Mauritz erstmals in neuer Team-Konstellation organisiert hatte (daher auch die Namensänderung von BeLinked auf Futurelink): Lutz Wagner, deutsche Fußballschiedsrichter-Legende, münzte in einem höchst unterhaltsamen Vortrag seine Erfahrungen auf erfolgreiches Führen beziehungsweise Management um. Bei allem Lachen, ging man auch hier mit viel Inspiration und hilfreichen Tipps aus dem Tag. Etwa: „Mit guten Mitarbeitern müssen Sie keine Fehleranalyse betreiben, denn gute Leute gehen mit sich selbst immer am härtesten ins Gericht“. Oder: „Erzeugen Sie ein (Arbeits-)Klima vor dem Prozess, denn ist der Prozess einmal im Laufen, können Sie kein Klima mehr erzeugen“. Oder: „Diskutieren Sie nie mit Idioten. Sie holen Sie auf ihr Niveau und schlagen Sie mit ihrer Erfahrung“. Oder – durchaus im Hinblick auf seine eigene Geschichte: „Lange Hosen können von kurzen Hosen lernen“.

„Grundlagen in der Ausbildung fehlen immer mehr“

Neben mehreren Staffeln intensiver „Matching Time“, bei der man in 15-Minuten-Einzelgesprächen Visitenkarten und Geschäftswissen austauschte, gab es an jedem Tisch intensive Diskussionen zu einem vorgegebenen Thema – etwa AI und der Einfluss auf zukünftige Personalentwicklungen. Gerhard Graf von der Beratung „Graf Consulenza“ präsentierte eine Studie zum Thema Transformation und Talentmanagement u.a. mit dem Ergebnis, dass die meisten Mitarbeitenden „wegen mangelnden beruflichen Entwicklungs- und/oder Karrieremöglichkeiten“ ihren Job kündigen. Unternehmensberaterin Anke van Beekhuis hielt zwei CEO-Talks mit Julia Guizani, Geschäftsführerin von Sanofi Consumer Healthcare, und Stephan Hering-Hagenbeck, CEO der Schönbrunner Tiergarten GmbH. Guizani erzählte, dass die Mitarbeiter bei Sanofi mittlerweile vier (!) Generationen umspannen würden und mahnte daher ganz allgemein eine gewisse Sensibilität für dieses Thema ein. Hering-Hagenbeck zeigte sich sehr kritisch in Bezug auf den momentanen Arbeitsmarkt: „Die Grundlagen in der Ausbildung fehlen immer mehr“. Und: „Wir fokussieren uns als Gesellschaft zu stark auf uns. Die Welt wird immer egoistischer, das sehe ich als problematisch“.

Zusammenfassend lässt sich sagen: Die Kultur des Gebens, die den thematischen Auftakt des Tages bildete, konnte in den darauffolgenden Stunden gleich wunderbar exerziert werden. Wer also von diesem CEO-Treffen nicht „beschenkt“ wieder nach Hause fuhr, war leider selbst dran schuld.

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