Nutzen Sie KI? Wenn diese Frage in einem Konferenzsaal mit „meiner Bubble“, sprich innovations- und technikfreundlichen Frauen und Männern gestellt wird, gehen die meisten Finger hoch. Inzwischen gehört schon fast ein gelangweiltes Gesicht dazu. Doch aktuelle Zahlen sprechen eine andere Sprache.
Wie eine Meta-Analyse von 18 Studien aus verschiedenen Ländern zeigt, setzen Frauen im Durchschnitt 20-25 Prozent weniger KI-Tools ein, als ihre männlichen Kollegen. Demnach vertrauen sie ihren technischen Fähigkeiten nicht genug und glauben auch nicht an einen konkreten Nutzen von KI. Und: Männer arbeiten häufiger in technisch orientierten Berufen mit hoher KI-Exposition wie IT oder Ingenieurwesen, während Frauen oft in Berufen tätig sind, die von Automatisierung bedroht sind.
KI-Expertinnen wie Anna Kopp und Magdalena Rogl von Microsoft, die Professorin und Expertin für Future of Work Yasmin Weiß, Dr. Rebekka Reinhard (Philosophin) oder Olga Plotnykova (EY ifb) wollen mehr Frauen für AI-Skills fit machen. Warum das wichtig ist? Nicht für die anderen, sondern für sich selbst, so die Botschaft eines digitalen Akademie-Events des IT-Konzerns. Eine 25. und 26. Stunde des Tages etwa hat Yasmin Weiß inzwischen für sich geschaffen, weil sie durch den cleveren Einsatz der Technologie deutlich produktiver sein kann. Aus ihrer Sicht wird KI die Arbeitswelt maßgeblich verändern – und Frauen sollten Teil davon sein.
Also weitere zwei Stunden für unbezahlte Care-Arbeit und Aufräumen? Diese Option scheint nicht gerade verlockend, das weiß auch die Expertin. Yasmin Weiß appelliert deshalb, die geschenkten Stunden entweder in mehr Lebensqualität und Me-Time, oder in die eigene Karriere zu investieren. KI könne sogar ein „Equalizer“ sein, meint Rebekka Reinhard, ein Weg hin zu mehr Chancengleichheit und weniger Mental Load. Aber: „KI ist keine Waschmaschine“, permanentes Lernen gehöre zur gewinnbringenden Anwendung dazu, so die Autorin und Magazin-Gründerin.
Doch nicht nur im persönlichen Umfeld, auch im aktuellen gesellschaftlichen Kontext sollten wir die mächtigen Tools besser für uns nutzen können. Denn wenn KI von den machthungrigen Milliardären verantwortungslos zum Instrument eines ungezügelten Kapitalismus gemacht wird, und Bot-Armeen Aktivist:innen und Politiker:innen auf sozialen Plattformen mit Hassbotschaften mundtot machen wollen, sollten wir uns das Heft nicht aus der Hand nehmen lassen. Schließlich kann KI dazu beitragen, sich erfolgreich gegen solche Angriffe zu wehren – so wie es Franziska Brandmann mit dem Start-up SO DONE beweist, das im Sinn der wehrhaften Demokratie mit Hilfe der KI Entschädigungszahlungen für Hass-Opfer im Netz erwirkt. „Online-Hass ist ein systematisches Problem – und wir wollen es mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz systematisch lösen“, so das Gründungsteam. Auch das Start-up PENEMUE mit Co-Gründerin Sara Egetemeyr will mit einem KI-basierten Tool, das Hassrede und potenziell strafbare Inhalte in Echtzeit ausfindig macht, mehr Sicherheit im digitalen Raum schaffen. Und während immer mehr maschinengenerierte Fakes die Kanäle fluten, hilft die KI im Gegenzug auch beim Erkennen von Desinformation.
Doch schon kleine Schritte machen (hoffentlich) einen Unterschied. Denn mit jeder Eingabe trainieren wir die großen Sprach-Modelle mit. Füttern Sie sie also beim nächsten Prompten konsequent mit gendersensibler Sprache und Fragen, die klar machen, dass Sie eine weibliche Expertin sind. Auch unermüdliches Richtigstellen gehört für mich dazu: Für eine Grafik, in der ich „Frau erklärt, Mann hört zu“ abbilden wollte, brauchte ich satte acht Wiederholungen, bis das richtige Bild erschien. Welchen Bias haben Sie entdeckt?