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Kinder sollen Wirtschaft lernen

Die Stärkung der Wirtschaftsbildung in Schulen ist eine zentrale Forderung der Jungen Wirtschaft der Wirtschaftskammer Wien. Im Gespräch mit Barbara Havel und Ruth Gabler-Schachermayr erfuhren wir wie die Bildungslücke in diesem Bereich geschlossen werden kann und welche Bedeutung Wirtschaftswissen für uns als Gesellschaft hat.

Warum brauchen wir mehr Wirtschaftsbildung an Schulen?

Barbara Havel: Umfragen bestätigen, Leute haben zu wenig wirtschaftliche Basisbildung. Jetzt wollen zwar nicht alle Unternehmer*innen werden, aber alle haben irgendwann mit Wirtschaft zu tun. Egal um welche Berufsgruppe es sich handelt. Das Grundwissen sollte da sein um die eigenen Finanzen planen zu können. Spätestens bei Auto- oder Wohnungskauf, kommt dieses Wissen zum Tragen. Daher sollte Wirtschaftsbildung auch im Schulunterricht und im Lehrplan verankert sein.

Warum passiert Wirtschaftsunterricht noch in einem zu geringen Ausmaß?

Barbara Havel: Es ist noch nicht ausreichend in den Lehrplänen verankert und ohne entsprechendes Fach wird Wirtschaftswissen nicht weitergegeben. Die Wirtschaftskammer stellt Lehrer*innen beispielsweise Unterlagen zur Verfügung auf die sie zugreifen können. Das Projekt nennt sich „Schule trifft Wirtschaft“ und soll Wirtschaftsbildung in die Schule bringen. Es gibt aber auch „Unternehmerin macht Schule“, hier berichten Unternehmer*innen in Schulen über Unternehmertum. Im Großen und Ganzen kann aber gesagt sein, dass momentan zu wenig geschieht.

Ruth Gabler-Schachermayr: Was wir fordern ist ein Pflichtfach. Es gibt viele tolle Initiativen, aber was in den Schulen passiert ist schlussendlich von den Lehrkräften abhängig. Durch die Implementierung des Pflichtfaches „Wirtschaft“, wäre es unumgänglich sich diesem Thema anzunehmen. Derzeit gibt es einige Schulen, die den Wirtschaftsunterricht sehr gut umsetzen, aber auch viele in denen Wirtschaft noch komplett vernachlässigt wird. Durch das Pflichtfach hätten nicht nur einige wenige Schüler*innen in ausgewählten Schulen, sondern alle Schüler*innen die Möglichkeit diese Ausbildung zu bekommen.

Es gibt ja oft noch das veraltete Klischee, Männer machen Finanzen und Frauen den Haushalt. Besteht dadurch besonders bei Mädchen und jungen Frauen Bedarf nach mehr Wirtschaftsaffinität?

Ruth Gabler-Schachermayr: Da ich ja selbst Mutter bin, ist es mir eine Herzensangelegenheit Frauen dieses Wissen mitzugeben. Tatsächlich fängt der Wissensaufbau im Idealfall bereits in der Schule an. Ein weiteres wichtiges Thema ist die Altersarmut bei Frauen. Je früher wir anfangen hier dagegen zu steuern, desto eher können wir helfen das finanzielle Ungleichgewicht in unserer Gesellschaft auszugleichen.

Welches Feedback kommt von den verantwortlichen Personen in den Schulen?

Barbara Havel: Grundsätzlich sehen die Schulverantwortlichen auch Handlungsbedarf, aber aufgrund verschiedener struktureller Hürden verläuft hier der Prozess noch sehr langsam.

Ruth Gabler-Schachermayr: Schulen öffnen sich schon mehr was den Wirtschaftsunterricht betrifft. Die grundlegende Änderung des Lehrplans gestaltet sich dennoch als schwierig.

Barbara Havel: Aus diesem Grund haben wir unsere Forderung formuliert. Sie soll bewirken, dass ein noch stärkeres Augenmerk auf die Änderung des Lehrplans gelegt wird und den Handlungsbedarf erhöhen.

Wer erhöht in letzter Instanz den Druck zur Änderung des Lehrplans?

Barbara Havel: Es kommt von allen Seiten. Die Junge Wirtschaft Wien ist ein Teil der Bewegung, auch von der Wirtschaftskammer wird viel getan damit sich etwas ändert. Über diesen Weg schwappt das Thema auch zur Politik über, wo entsprechende Gesetze veranlasst werden sollen.

Wie sehr kann Wirtschaftsbildung in der Lebensphase Karenz helfen? Vor allem bei Unternehmer*innen.

Ruth Gabler-Schachermayr: Ich sehe hier die Vereinbarkeit als großen Punkt. Denn als Unternehmer*in kannst du nicht einfach in Karenz gehen. Gerade da braucht es Unterstützungen und das Wissen woher Hilfe geholt werden kann. Es ist wichtig einen Plan darüber zu haben wie es nach der Karenz weitergeht, selbes gilt aber auch für Frauen in einem Angestelltenverhältnis oder Frauen die sich in einem finanziellen Abhängigkeitsverhältnis zu ihren Ehemännern befinden. Durch verstärkte Wirtschaftsbildung hätten Frauen das Wissen sich für diese Fälle abzusichern und finanziell unabhängiger zu sein.

Barbara Havel: Es ist wichtig sich auf finanzielle Engpässe im Leben vorzubereiten. Wirtschaftsbildung soll auch dabei helfen sich darüber bewusst zu werden, dass ein finanzielles Polster in solchen Situationen wichtig sein kann. Für Unternehmer*innen kommt zusätzlich noch die Vereinbarkeit von Entrepreneurship und Kinderbetreuung hinzu. Hier muss noch einiges getan werden, damit Frauen besser unterstützt werden.

Gibt es gute Beispiele von Ländern, in denen Finanzbildung auf einem guten Niveau geschieht?

Ruth Gabler-Schachermayr: Nordische Länder wie Schweden und Island gehen hier voran, auch was das Thema Kinderbetreuung und Vereinbarkeit mit Beruf und Selbständigkeit betrifft. Was die Wirtschaftsbildung von Kindesalter an betrifft und die Balance in der Darstellung der Geschlechterrollen, können wir uns noch einiges abschauen.


Zu den Personen:

Barbara Havel – Vorsitzende der Jungen Wirtschaft Wien

Ruth Gabler-Schachermayr – Stellvertretende Vorsitzende der Jungen Wirtschaft Wien


Mehr über die Forderungen der Jungen Wirtschaft Wien erfahren Sie in unserem vorangegangen Artikel.

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