StartBusinessKarriereJobsuche ist ein Vollzeitjob

Jobsuche ist ein Vollzeitjob

Die Jobsuche erfordert mehr Energie und Nerven als oft vermutet – auch wenn man offiziell keinen Vollzeitjob hat, fühlt es sich doch genau so an. Katharina Dello nimmt uns im vierten Teil ihrer Kolumne "Jobsuche mit 40+" mit auf die emotionale Achterbahnfahrt zwischen Bewerbungsmarathons, Vorstellungsgesprächen und dem ständigen Warten auf Antworten, während die dringend nötige Erholung oft zu kurz kommt.

Warum bin ich nur so fertig? Ich habe doch keinen 40-Stunden-Job mehr, wo liegt also das Problem? „Wenn Sie einen Job suchen, haben Sie damit bereits einen Vollzeitjob“, hat mir eine Karriereberaterin mal gesagt. Das muss es sein. Allein schon das Feilen an den Formulierungen im Anschreiben und Lebenslauf hat mir viel abverlangt. Dann das Sortieren von Stellenausschreibungen, die permanente Überlegung, ob es gerade noch zu meiner Qualifikation passt, oder ob ich es gleich lassen sollte. Eine Faustregel habe ich mir dabei erarbeitet: wenn ich die Jobbeschreibung nicht verstehe, bewerbe ich mich nicht.

Dann ist da das ständige Warten und Hoffen. Denn auch wenn ich viele Bewerbungen verschicke, gibt es natürlich Stellen, die ich besonders interessant finde und Arbeitgeber, bei denen ich mich sogar mehrfach bewerbe, weil ich dort unbedingt arbeiten möchte. Am schlimmsten ist das emotionale Auf und Ab, wenn man zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen wurde oder vielleicht sogar ein mehrstufiges Auswahlverfahren bei seiner Traumfirma durchlaufen hat. Natürlich behalte ich im Hinterkopf, dass das vermeintliche Traumunternehmen sich als ein stressiger Saftladen entpuppen kann, wenn man dort mal arbeitet, aber dieses Risiko gehört dazu. Daher ist es trotzdem ein herber Schlag, wenn man eine Absage bekommt („Wir hatten so viele qualifizierte Bewerbungen…“). Danach ist es besonders schwierig, sich aufzuraffen und wieder daran zu glauben, dass irgendwo da draußen mein Traumjob auf mich wartet.

Und dann sind da natürlich die Vorstellungsgespräche selbst. Nach Absagen bekommt ja in den seltensten Fällen eine ehrliche Rückmeldung, warum es nicht geklappt hat. Ich habe genau einmal eine Begründung bekommen: „Wir hatten das Gefühl, dass andere Bewerber besser über das Unternehmen bescheid wussten.“ Das konnte ich absolut nachvollziehen, denn ich hatte wirklich kaum Zeit gehabt, mich auf das Gespräch vorzubereiten.

Also knie ich mich jetzt vor jedem Gespräch richtig rein und lese über mehrere Tage alles, wozu ich Zeit finde: Nachrichtenmeldungen, Social Media Posts, Website-Beiträge und Wikipedia-Artikel. Sehr frustrierend, wenn dieser Aufwand nicht zu einem Vertragsangebot führt, und sehr anstrengend, wenn man drei Gespräche in einer Woche hat. Zusammen mit dem Stress des Interviews selbst macht das ein Gespräch zu einer regelrechten Prüfung. Und das schlaucht, das weiß ich noch aus meiner Studienzeit. Ebenso kann ich mich noch erinnern, dass ich nach einer Prüfung nicht imstande war, mich am selben Tag noch auf die nächste vorzubereiten. Deswegen brauche ich auch keine Schuldgefühle zu haben, wenn ich nach einem Gespräch blau mache, anstatt mich wieder an den Schreibtisch zu setzen.

So langsam verstehe ich, warum ich so fertig bin. Jobsuche ist tatsächlich ein Vollzeitjob. Und ein Vollzeitjob sieht doch Urlaub vor, nicht? Also mache ich jetzt mal eine Pause von Bewerbungen. Aber psst, lassen Sie das nicht die Arbeitsagentur wissen. 

STAY CONNECTED