StartBusinessImpostor-Syndrom: Das Gefühl Hochstaplerin zu sein

Impostor-Syndrom: Das Gefühl Hochstaplerin zu sein

Hatten Sie schon einmal das Gefühl, dass Sie nicht qualifiziert genug für Ihren Job sind und jeden Moment als Hochstaplerin entlarvt werden könnten? Sie sind nicht alleine.

Frank Abagnale posiert in Pilotenuniform am Flughafen. Um ihn herum: duzende Stewardessen. Ein Klischee. Seinem Schwiegervater präsentiert Abagnale sein Abschlusszertifikat in Medizin von der elitären Harvard Universität, später arbeitet er als Anwalt in einer Kanzlei, wofür er sich durch seinen Jura-Abschluss qualifiziert. In Wahrheit ist Abagnale jedoch weder Pilot noch Anwalt. Sein Universitätszertifikat hat er gefälscht, das medizinische Fachjargon hat er sich durch Ärzteserien angeeignet. Er ist ein Hochstapler.

In Catch Me If You Can schwindelt sich Frank Abagnale, dargestellt durch Leonardo DiCaprio, durch das Leben. Er ist ständig auf der Flucht und könnte jeden Moment entlarvt werden – purer Stress. Das Mitleid hält sich allerdings in Grenzen, Abagnale gefährdet durch seine kriminellen Taten schließlich potenziell Menschenleben. Ganz anders sieht es aber aus, wenn eine hochqualifizierte Person ihren Job ausübt und sich dennoch fühlt als wäre sie ein*e Hochstapler*in. Dieses Phänomen nennt sich Impostor-Syndrom, oder Hochstapler-Syndrom und ist weit verbreitet.

Was ist das Impostor-Syndrom? 

Der Begriff tauchte erstmals 1978 auf. Die Psychologinnen Pauline Clance und Suzanne Imes benannten damit das Gefühl, nicht gut genug im Job zu sein, obwohl diverse Erfolge das Gegenteil beweisen. Heute ist bekannt, dass rund 70 Prozent der Menschen schon einmal solche Gedanken hatten, sowohl Frauen als auch Männer. Berufliche Erfolge werden von Menschen, die unter dem Impostor-Syndrom leiden, häufig als Glücksfälle abgetan. Viele denken, dass ihre Qualifikationen von anderen Personen überschätzt werden und dass sie eigentlich nur hochstapeln. Obwohl Betroffene meist besonders hoch qualifiziert sind, haben sie Angst davor, dass sie jeden Moment auffliegen könnten.

Die gute Nachricht: Obwohl das Impostor-Syndrom aufgrund seines Namens wie eine Krankheit klingt, ist es keine. Die Schlechte: Wenn Personen langfristig unter solchen Gedanken leiden, kann es zu einem Burnout oder Depressionen kommen. Die Angst davor als Schwindler*in enttarnt werden zu können, führt nämlich etwa oft dazu, dass Betroffene sich in jede Aufgabe übermäßig hineinsteigern. Sie wollen damit den vermeintlichen Mangel an Können oder Wissen ausgleichen und überarbeiten sich. Aus diesem Grund sollte das Impostor-Syndrom nicht als geringfügige Selbstsabotage abgetan, sondern sehr ernst genommen werden.

Wer ist vom Impostor-Syndrom betroffen und woher kommt es?

Lange ging man davon aus, dass hauptsächlich Frauen davon betroffen sind. Das Harvard Business Manager Magazin kritisiert hier, dass es in der Forschung über das Hochstapler-Syndrom bisher maßgeblich an der Berücksichtigung von Faktoren wie Sexismus, Rassismus und Klasse mangelte. So wurde das Phänomen zu Unrecht individualisiert und zu einem Frauen-Problem erkoren. Aktuellere Studien, wie jene der US-amerikanischen Brigham-Young-Universität bei der rund 200 Studierende befragt wurden, zeigen, dass das Impostor-Syndrom unabhängig vom Geschlecht sehr viele Menschen betrifft. Nahezu jede Person hat sich in ihrer Arbeit schon einmal unsicher gefühlt. Der Unterschied sei jedoch, dass sich das Gefühl bei Männern im Laufe ihrer Karriere häufiger lege. Sie bekämen genug Bestätigung und hätten genügend Vorbilder, die ihnen ähnlich sind. Dies trifft bei Frauen, die zudem häufiger in ihrem Führungsstil in Frage gestellt werden, seltener zu und das Unbehagen verstärkt sich.

Was kann dagegen getan werden? 

Um diesem Missstand entgegenzuwirken muss ein Arbeitsumfeld geschaffen werden, in dem Vielfalt und Inklusion gefördert wird, damit sich Personen jeder Herkunft und jeden Geschlechts sicher fühlen können. Jene Personen, die unmittelbar von Hochstapler-Gedanken betroffen sind, können das Gespräch mit Freund*innen und Familienmitgliedern suchen, empfehlen die Forscher*innen. Dies soll dabei helfen, das große Ganze besser erfassen zu können. Eher negativ können sich hingegen Gespräche mit Arbeitskolleg*innen und Personen aus dem beruflichen Umfeld auswirken. Hier besteht die Gefahr, dass sich die Konzentration auf die eigenen Defizite sogar weiter verstärkt. Daran anschließend merken Forscher an, dass es hilft, wenn in einem Unternehmen eine offene Fehlerkultur herrscht. Wenn in der Arbeit über Fehler und Unsicherheiten gesprochen wird würde das auch Personen helfen, die glauben sie wären Hochstapler.

Fotomaterial© Dreamworks

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