StartInnovationGrünes Fliegen - (k)ein Traum?

Grünes Fliegen – (k)ein Traum?

Die Luftfahrt muss klimafreundlicher werden – das steht außer Frage. Doch wie wird der grüne Flugtraum zur Realität? Sabine Lenzbauer, Vice President Procurement des Aerospace-Zulieferers FACC, über die Nachhaltigkeitsstrategie des Unternehmens und die unterschiedlichen Lösungsansätze, die den Flugverkehr nachhaltiger machen sollen.

Ein Leben ohne Flugverkehr – und ja, Hand aufs Herz, ohne Flug(fern)reisen – scheint undenkbar. Was also gilt es in der Flugzeugbaubranche zu tun, um mit gutem Gewissen fliegen zu können?

Langjährige Strategien

„FACC ist durch seine Nachhaltigkeitsstrategie und das Bestreben, die Luftfahrt grüner zu machen, groß geworden“, sagt Sabine Lenzbauer. Die Einkaufsleiterin und Prokuristin ist seit fast neun Jahren bei FACC beschäftigt und dort rasch die Karriereleiter hochgeklettert. Wie sie auf das Thema Flugscham reagiert? „Die Kritik an manchen Flügen ist berechtigt. Man muss aber immer Zusammenhänge und Relationen sehen: Der globale CO2-Ausstoß von Flugzeugen beträgt aktuell 2,7 Prozent, und vor 50 Jahren war das noch etwa doppelt so viel. Die Anzahl an Flügen hat sich aber in dieser Zeit deutlich erhöht. Es wurde und wird also bereits viel daran gearbeitet, das Fliegen grüner zu machen“, so Lenzbauer. Mit innovativen Produkten und Technologien mache der Hidden- Aerospace-Champion aus Ried im Innkreis seit vielen Jahren das Fliegen nachhaltiger.

Der Kampf um das Gewicht

Seitens der Europäischen Union wird durch die Partnerschaft „Clean Aviation“ die Luftfahrt auf dem Weg zur Klimaneutralität gefördert. Die gesamte Luftfahrtindustrie bekennt sich zu den Zielen des Green Deals und möchte durch Recycling, nachhaltigere Produktion oder alternative Antriebstechnologien das CO -neutrale Fliegen bis zum Jahr 2 2050 ermöglichen. Klar ist: Nur durch eine Kombination dieser Maßnahmen und Technologien werden diese Ziele erreicht werden können.

Doch welchen konkreten Beitrag leistet FACC für klimafreundlicheres Fliegen? „Wir machen Flugzeugbauteile leichter und verbessern die Aerodynamik von Flugzeugen, um damit Treibstoff einsparen zu können“, sagt Lenzbauer. Die einfache Rechnung dazu lautet also: FACC = Leichtbau = effizienter = CO2-Reduktion. Bei den Flugzeugkomponenten setzt FACC auf Hightech-Materialien, die spürbar leichter als Metall, gleichzeitig aber enorm belastbar und widerstandsfähig sind: „Wir kämpfen bei der Gewichtsreduktion um jedes Gramm in allen drei Divisionen. Im Kabineninnenraum, wo es um die komplette Innenausstattung wie etwa Gepäckablagen oder Deckenpaneele geht, sorgen wir mit einem innovativen und intelligenten Materialmix für Gewichtseinsparungen.

Auch an der Entwicklung von Winglets ist FACC beteiligt: Das sind Flügelspitzen, welche sich nach oben biegen, um die Aeorodynamik wesentlich zu verbessern.“ Alle namhaften Flugzeug- und Triebwerkshersteller zählen zu den Kunden des Unternehmens – weltweit starte jede Sekunde ein Luftfahrzeug mit FACC-Technologie an Bord.

Bottum-up Ansatz

„Die Handlungsfelder unserer Nachhaltigkeitsstrategie gehen jedoch weit über das Thema Produktenwicklung hinaus“, betont die Einkaufsleiterin des Konzerns, und ergänzt: „Unsere Nachhaltigkeitsstrategie ist breit aufgestellt und verfolgt einen Bottom-up-Ansatz. Wir haben ein eigenes Kernteam, das sich mit Nachhaltigkeitsthemen auseinandersetzt, die Hälfte davon sind Frauen.“ Ob Paperless Office, Abfallvermeidung oder verschiedene Verwertungsansätze – viele Ideen wurden hier bereits umgesetzt. „Nachhaltigkeit ist wie Kultur, Kultur kann man nicht aufzwingen, sie muss sich gemeinsam aus und mit den Mitarbeitenden entwickeln“, sagt Lenzbauer.

Mithilfe von Geothermie möchte FACC im Unternehmen bis 2040 energieautark werden. „Wir sind froh, bereits jetzt fast gasunabhängig zu sein und produzieren zu können.“ FACC arbeite zudem intensiv daran, in der gesamten Wertschöpfungskette Rohstoffe schonend einzusetzen, Abfälle zu vermeiden und den Einsatz von Problemstoffen in der Produktion zu minimieren und teils durch innovative, natürliche Materialen ersetzen zu können: „Ein Beispiel dazu: Anstelle von künstlich hergestellten Harzen gibt es jetzt grüne, biobasierte Alternativen aus Zuckerrohr. Das bedeutet, wenn man in die Produktion geht, riecht es nun nach Karamell“, schmunzelt Lenzbauer.

Und welche Rolle spielen soziale Nachhaltigkeitsstrategien wie etwa Frauen- und Diversitätsförderung im Unternehmen? „Wir arbeiten daran, den Industriebereich interessanter für Frauen zu machen. So hat beispielsweise eine unserer Mitarbeiterinnen vor Kurzem ein Video gedreht, um den MINT-Bereich attraktiver für Frauen zu machen.“ Im Moment sind 50 Prozent der Lehrlinge weiblich, Mitarbeiter:innen aus 42 verschiedenen Nationalitäten sind im Unternehmen tätig. „Kein Unternehmen kann sich leisten, auf Diversität und das Potenzial von Frauen zu verzichten – egal, in welchem Wirtschaftszweig, in welcher Region und ob man sich im Ballungsraum oder hier im Innviertel befindet.“

Welche Handlungsfelder in der Nachhaltigkeitsstrategie noch ausbaufähig sind? „Natürlich alle, denn wir wollen überall stetig besser werden. Es ist die Luft nach oben, die einen immerzu antreibt.“ Die grüne Luft nach oben, versteht sich.


Zum Unternehmen

Die FACC AG, deren Headquarter in Ried im Innkreis (OÖ) ist, entwickelt, designt und fertigt als Aerospace-Unternehmen innovative Leichtbausysteme für die Luft- und Raumfahrt. Im Geschäftsjahr 2021 erzielte FACC einen Jahresumsatz von 497,6 Mio. Euro. Weltweit sind rund 3.000 Mitarbeitende aus 42 Nationen an 13 internationalen Standorten beschäftigt.

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