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Gleichstellung bei Pensionen bleibt Herausforderung: Frauen erhalten rund 40 Prozent weniger Pension als Männer

Ein Blick auf den "Equal Pension Day" 2024 zeigt, dass die Geschlechterungleichheit bei Pensionen weiterhin alarmierend ist: Dringender Handlungsbedarf ist gegeben. Wie betriebliche Zusatzpensionen, Anlegen statt sparen und eine Erhöhung der Ausgleichszulage Abhilfe schaffen können.

Am 6. August 2024 ist in Österreich der offizielle „Equal Pension Day“, der jedes Jahr den Zeitpunkt markiert, an dem Männer bereits so viel Pension erhalten haben, wie Frauen bis zum Ende des Jahres erhalten werden. Zur Verdeutlichung: Es ist erst August und somit verbleiben noch vier Monate des Jahres.

Die Diskrepanz zwischen den Pensionen von Männern und Frauen hat sich im Vergleich zum Vorjahr in Österreich um zwei Tage nach hinten verschoben, also um zwei Tage „verbessert“. Diese Berechnung wurde von der Abteilung Wirtschaft, Arbeit und Statistik (MA 23) und dem Frauenservice (MA 57) der Stadt Wien für den Österreichischen Städtebund zum zehnten Mal anhand der Pensionsversicherungsjahresstatistik durchgeführt.

Warum eigentlich?

Die Ursachen für den Pensionsunterschied sieht die Wiener Frauenstadträtin Kathrin Gaál vor allem der unbezahlten Arbeit, wie der Kinderbetreuung. Ziele sind hier Lohntransparenz und gleicher Lohn für gleiche Arbeit. AK-Präsidentin Renate Anderl erklärte, dass fast jede dritte Frau direkt aus der Arbeitslosigkeit oder einem Krankenstand in die Pension geht, was sich negativ auf die Höhe der Pension auswirkt.

In einer Aussendung betonte Städtebund-Generalsekretär Thomas Weninger die Notwendigkeit einer stärkeren Beteiligung von Männern an unbezahlter Arbeit. Er unterstrich außerdem die Bedeutung einer gut ausgebauten und qualitativ hochwertigen Kinderbetreuung. Die Caritas weist darauf hin, dass Frauen über ihre gesamte Lebensspanne hinweg strukturell benachteiligt sind. Besonders alarmierend sei, dass 28 Prozent der alleinlebenden Frauen im Ruhestand armutsgefährdet sind. Der Bedarf an Sozialberatungen habe ein Rekordniveau erreicht. Daher forderte die Caritas eine Erhöhung der Ausgleichszulage.

Österreichweit gibt es große regionale Unterschiede

Wien liegt nach wie vor an der Spitze: Als einziges Bundesland fällt der Equal Pension Day in Wien, in den September (15.9.), Kärnten folgt wie 2023 mit dem 8. August auf dem zweiten Platz. Niederösterreich liegt mit dem 4. August an dritter Stelle. Die weitere Reihenfolge ist: Burgenland (3. August) auf dem vierten Platz, Salzburg (2. August) auf dem fünften Platz, Steiermark (30. Juli) auf dem sechsten Platz, Tirol (23. Juli) auf dem siebten Platz, Oberösterreich (18. Juli) auf dem achten Platz und Vorarlberg (12. Juli) auf dem neunten Platz.

100 Jahre bis zum Lückenschluss

Vergleicht man die Zahlen von 2015 mit den aktuellen Berechnungen, zeigt sich, dass sich der Equal Pension Day österreichweit insgesamt nur geringfügig um etwa elf Tage nach hinten verschoben hat. Auch in dieser Betrachtung liegt Wien vorne. In der Bundeshauptstadt hat sich das Ergebnis seit 2015 um drei Wochen verbessert – vom 21. August 2015 auf den 15. September 2024, was etwa 25 Tage ausmacht. In Tirol hingegen gab es nur eine Verbesserung um vier Tage – vom 19. Juli 2015 auf den 23. Juli 2024.

Geht es in diesem Tempo weiter, wären es über 100 Jahre, bis sich die Pensionslücke schließt.

Ins Leben gerufen wurde „Equal Pension Day“ vom Frauenausschuss des Österreichischen Städtebundes übrigens bereits im Jahr 2015, um auf die ungleichen Pensionen zwischen Männern und Frauen aufmerksam zu machen.

Veränderung seit 2015 in Österreich

Vorarlberg: 3.7.2015 – 12.7.2024
Oberösterreich: 7.7. 2015 – 18.7.2024
Tirol: 19.7.2015 – 23.7.2024
Steiermark: 21.7.2015 – 30.7.2024
Salzburg: 25.7.2015 – 2.8.2024
Burgenland: 15.7.2015 – 3.8. 2024
Niederösterreich: 21.7.2015 – 4.8.2024
Kärnten: 2.8. 2015 – 8.8.2024
Wien: 21.8.2015 – 15.9. 2024

Die Differenz: 922 Euro brutto pro Monat

Für Frauen liegt die durchschnittliche Pension in Österreich bei 1.378 Euro brutto. Bei Männern liegt die durchschnittliche Pension bei 2.300 Euro brutto, also eine Differenz von 922 Euro brutto pro Monat. Auch bei den Pensionen gibt es österreichweit starke regionale Unterschiede. Vorarlberg verzeichnet den „frühesten Equal Pension Day in Österreich“; auch die Pensionen der Frauen sind in absoluten Zahlen – mit 1.204 Euro brutto – die niedrigsten. Gleich danach reihen sich die Tirolerinnen mit 1.262 Euro brutto ein. Die höchste Pension bekommen Frauen in Wien – mit 1.572 Euro brutto; danach folgen die Niederösterreicherinnen mit 1.426 Euro brutto.
Auch große Unterschiede bei der Zusatzpension

Nicht nur bei den staatlichen Pensionen gibt es große Unterschiede, auch bei der finanziellen Vorsorge zur Stärkung der späteren Zusatzpension zeigen sich nach wie vor Unterschiede zwischen den Geschlechtern, wie Valida Vorsorge Management in einer Aussendung aufzeigt. Deutlich weniger Frauen sorgen mit Pensionskassen-Eigenbeiträgen vor. Nur 12 Prozent der Frauen unter den Valida Pensionskassen-Kundinnen zahlen Eigenbeiträge für ihre spätere Zusatzpension ein. Bei Männern liegt der Wert deutlich höher. Auch bei der Durchschnittshöhe der Eigenbeiträge zeigt sich ein deutlicher Unterschied. Lag diese bei Frauen im Jahr 2023 bei EUR 803, zahlten Männer im Schnitt EUR 1.432 auf ihr Pensionskassenkonto ein. „Betriebliche Vorsorgelösungen sollten als verpflichtender Bestandteil in sämtlichen Kollektivverträgen aufgenommen werden, um allen Arbeitnehmerinnen eine spätere Zusatzpension zu garantieren. In Österreich hat zurzeit nur rund jede:r fünfte unselbständig Erwerbstätige einen Pensionskassenvertrag durch den Arbeitgeber. Auffallend viele Frauen arbeiten in Branchen, deren Kollektivverträge das Thema betriebliche Vorsorge nicht regeln“, so Valida CEO Martin Sardelic.

Unabhängig vom Kollektivvertrag besteht die Möglichkeit, die Abfertigung Neu als lebenslange steuerfreie Zusatzpension zu nutzen. Spätestens zum Pensionsantritt können Arbeiterneher:innen und Selbständige ihr Abfertigungsguthaben in eine Pensionskasse oder eine Pensionszusatzversicherung übertragen. Das sei laut Sardelic ein sehr empfehlenswerter Schritt zur Reduktion der Pensionslücke, reiche aber als alleinige Maßnahme nicht aus.

Anlegen statt sparen

„Die Armutsgrenze für einen Ein-Personen-Haushalt in Österreich liegt bei 1.380 Euro. Die Durchschnittspension von Frauen beträgt 1.276 Euro im Monat, das sind über 100 Euro unter der Armutsgrenze. Daher ist es wenig verwunderlich, dass diese Personengruppe besonders armutsgefährdet ist. Hier ist dringender Handlungsbedarf gegeben“, so Finanzexpertin Dr. Marietta Babos, Gründerin von damensache.at, der unabhängigen Finanzberatungsplattform für Frauen. Aus Sparerinnen sollten daher Anlegerinnen werden. „Auf klassischen Sparkonten verwelkt das hart verdiente Geld aufgrund der Inflation“, so Babos. Eine Möglichkeit sei beispielsweise der ‚DWS Invest ESG Women for Women’ Fonds, der speziell von Frauen für Frauen entwickelt und gemanagt wird.

Wenig Bewusstsein in Deutschland

Alarmierende Zahlen gibt es in Deutschland: Laut Gender Pension Gap Studie 2024 ( repräsentative Umfrage der Forschungsagentur Q im Auftrag der Allianz) sind 75 % der Befragten gar nicht mit dem Thema und Wording vertraut und 36 % wissen nicht, mit wie viel Geld sie im Alter rechnen können.

Laut Berechnungen des Statistischen Bundesamtes erhielten Frauen ab 65 Jahren im letzten Jahr durchschnittliche Alterseinkünfte von etwa 18.700 Euro brutto jährlich. Bei Männern lag dieser Wert hingegen bei rund 25.600 Euro. Die Behörde stellte fest, dass das geschlechtsspezifische Gefälle bei den Alterseinkünften somit 27,1 Prozent betrug. Frauen hatten demnach durchschnittlich mehr als ein Viertel weniger Alterseinkünfte als Männer

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