Das internationale Frauennetzwerk BPW – Business and Professional Women – berechnet seit 2009 den Equal Pay Day für Österreich. Dieser Aktionstag fällt heuer auf den 13. Februar 2025 und ist damit einen Tag nach vorne gerückt. Im letzten Jahr waren es noch zwei Tage. Bei konstanter Entwicklung wäre Equal Pay erst in 55 Jahren Realität.
Frauen arbeiten jedes achte Jahr gratis
Die Zahlen der Berechnung für den Equal Pay Day 2025 basieren auf den Daten der Statistik Austria 2023. Der unbereinigte Gender Pay Gap in Österreich beträgt aktuell 12,18 Prozent. Das bedeutet, dass Frauen rechnerisch 44 Kalendertage unbezahlt arbeiten – oder anders ausgedrückt: jedes achte Jahr. Diese Einkommensungleichheit wirkt sich nicht nur im Alltag, sondern auch langfristig durch geringere Pensionsansprüche aus, die bei Frauen aktuell rund 30 Prozent unter denen von Männern liegen.
Die aktuelle Entwicklung bedeutet, dass Equal Pay frühestens im Jahr 2080 erreicht wird. An der Situation der Frauen hat sich demnach wenig geändert, so Rita Volgger, Präsidentin von BPW Austria. „In den am schlechtesten bezahlten Branchen finden sich signifikant mehr Frauen. Kinderbetreuungsplätze sind immer noch Mangelware. Gleichzeitig verschärfen sich die Auswirkungen globaler Krisen, die die Einkommenssituation vieler Menschen verschlechtern, speziell von Frauen und Alleinerziehenden“, erklärt sie.
Jeder zehnte Mann glaubt, dass es den Gender Pay Gap gar nicht gibt
Trotz jahrelanger Debatten und Initiativen bleibt der Fortschritt in Richtung Lohngerechtigkeit verhalten. Laut der aktuellen Gehaltsfairness-Studie von PwC Österreich nehmen 69 Prozent der Österreicher:innen keine wesentliche Verbesserung der Gehaltsunterschiede wahr. Besonders auffällig ist die unterschiedliche Wahrnehmung zwischen den Geschlechtern: Während 66 Prozent der Frauen den Gender Pay Gap als gesellschaftlich relevantes Problem betrachten, sind nur 50 Prozent der Männer dieser Ansicht. Jeder zehnte Mann glaubt sogar, dass es den Gender Pay Gap gar nicht gibt, und 52 Prozent der Männer halten das Thema in den Medien für übertrieben.
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Johanna Schaller, Senior Managerin und Workforce-Expertin bei PwC Österreich, erklärt: „Unsere Studie zeigt, dass sich der Wandel in Richtung fairer Gehaltsstrukturen nur langsam vollzieht – zwei Drittel der Befragten nehmen zwar eine Veränderung wahr, doch die Dynamik bleibt begrenzt. Besonders groß ist die Forderung nach mehr Transparenz und Aufklärung über die Ursachen des Gender Pay Gaps. Überraschend ist zudem, dass viele Männer die Lohnlücke auf individuelle Faktoren wie Verhandlungsgeschick zurückführen, während Frauen sie als strukturelles Problem sehen.“
Generation Z: Treiber der Gehaltstransparenz
Die junge Generation bricht das Tabu rund um Gehaltsverhandlungen. 69 Prozent der GenZ spricht offen über ihr Einkommen, und 63 Prozent wissen, was ihre Kolleg:innen in vergleichbaren Positionen verdienen. „Die Generation Z ist in einer digital vernetzten Welt aufgewachsen, in der Informationen über Gehälter leichter verfügbar sind. Plattformen wie LinkedIn oder Kununu haben dazu beigetragen, dass Transparenz gefördert und traditionelle Tabus hinterfragt werden“, so Schaller. „Während ältere Generationen in starren Hierarchien groß geworden sind, setzt die GenZ stärker auf Fairness, Offenheit und Gleichberechtigung.“
Unternehmen in der Pflicht: Transparenz gefordert
Mehr als ein Viertel der Befragten macht Frauen selbst für die ungleiche Bezahlung verantwortlich – mit der Begründung, dass sie ihre Gehaltsforderungen zu zaghaft kommunizieren. Gleichzeitig betrachten 75 Prozent der Männer ihr eigenes Gehalt als leistungsgerecht, im Vergleich zu 67 Prozent der Frauen. Die Forderung nach mehr Gehaltstransparenz ist eindeutig: 54 Prozent der Österreicher:innen erwarten von Unternehmen mehr Offenheit bei Gehaltsstrukturen.
„Unternehmen sollten sich frühzeitig mit der EU-Entgelttransparenz-Richtlinie auseinandersetzen und ihre Vergütungspolitik darauf abstimmen. Maßnahmen wie detaillierte Gehaltsanalysen, transparente Stellenbewertungen und objektive Leistungsbewertungen helfen, Ungleichheiten zu erkennen und zu beheben. Anti-Bias-Trainings können zudem dazu beitragen, unbewusste Vorurteile abzubauen“, betont Schaller.
Warum viele den Gender Pay Gap nicht als Problem sehen
Laut der Studie halten 42 Prozent der Österreicher:innen und sogar 50 Prozent der Männer den Gender Pay Gap für kein echtes Problem. Schaller erklärt diese Wahrnehmung folgendermaßen: „Ein wesentlicher Faktor könnte die persönliche Nicht-Betroffenheit sein. Viele Männer sehen den Gender Pay Gap als ein individuell lösbares Problem – etwa durch bessere Verhandlungsführung. Gleichzeitig zeigt unsere Studie, dass es an Aufklärung mangelt: 81 Prozent der Frauen geben an, dass sie zu wenig Informationen über die Ursachen der Lohnlücke erhalten. In wirtschaftlich unsicheren Zeiten treten geschlechtsspezifische Lohnfragen zudem oft in den Hintergrund.“
Maßnahmen für mehr Lohngerechtigkeit
Um Lohngerechtigkeit nachhaltig zu sichern, braucht es sowohl politische als auch wirtschaftliche Maßnahmen. Dazu gehören laut Schaller:
- Bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie: Flexible Arbeitsmodelle und hochwertige Kinderbetreuung reduzieren Karriereeinbußen.
- Förderung moderner Elternzeitmodelle: Eine gerechtere Aufteilung der Familienverantwortung führt zu langfristig ausgeglicheneren Gehaltsentwicklungen.
- Gerechte Bewertung systemrelevanter Berufe: Besonders Pflege- und Bildungsberufe brauchen eine faire Entlohnung.
- Verpflichtende Gehaltstransparenz in Unternehmen: Die Umsetzung der EU-Entgelttransparenz-Richtlinie ist essenziell.
- Objektive Bewertung von Arbeit: Einheitliche Kriterien zur Funktions- und Leistungsbewertung vermeiden subjektive Verzerrungen.
Was Beschäftigte tun können
Lohngerechtigkeit einzufordern, kann herausfordernd sein. Schaller rät dazu, sachlich zu argumentieren, sich auf Fakten zu stützen und Unterstützung innerhalb des Unternehmens zu suchen. „Wer auf faire Bezahlung pocht, sollte sich mit der EU-Entgelttransparenz-Richtlinie vertraut machen. Unternehmen sind verpflichtet, Gehälter offenzulegen und Mitarbeitende über ihre Rechte zu informieren. Durch eine Kombination aus individuellen Strategien und strukturellen Veränderungen kann eine gerechtere Bezahlung erreicht werden.“
Die EU-Entgelttransparenzrichtlinie – ein Schritt zur Gleichstellung?
Ein wichtiger Baustein zur Schließung der Lohnlücke ist die neue EU-Entgelttransparenzrichtlinie. Sie verpflichtet Unternehmen mit mehr als 100 Mitarbeitenden, ihre Gehaltsstrukturen offenzulegen und regelmäßig Gehaltsberichte zu veröffentlichen. Ziel ist es, Gehaltsunterschiede sichtbar zu machen und Unternehmen zu Maßnahmen zur Lohngleichheit zu bewegen. Beschäftigte erhalten zudem das Recht, Informationen über das Gehaltsniveau vergleichbarer Positionen einzufordern. Die Richtlinie muss bis spätestens 2026 in nationales Recht umgesetzt werden, wobei noch abzuwarten bleibt, wie Unternehmen und Politik diese Anforderungen umsetzen.
Es wird sich zeigen, ob die neue Transparenzpflicht tatsächlich zu mehr Fairness in der Bezahlung führt oder ob bestehende Lohnungleichheiten lediglich sichtbarer gemacht werden, ohne strukturelle Veränderungen herbeizuführen. Die nächsten Jahre werden entscheidend sein, um zu beobachten, ob sich der Gender Pay Gap in Österreich tatsächlich nachhaltig verringert.