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Gastgeberin mit langem Atem

Starke Frauen im Fokus: Yvonne Molek, Herausgeberin von SHEconomy, trifft Sylvia Gugler, Unternehmerin, zum Interview.

Postkartenidylle am oberbayerischen Chiemsee, Heimspiel für Sylvia Gugler. 170 Hektar mit Alpenpanorama inklusive. Hier ist die Unternehmerin aufgewachsen, hat das Reiten und zwei Berufe von der Pike auf gelernt: den der Hotelfachfrau und der Pferdewirtschaftsmeisterin. In der dritten Generation führt die erfolgreiche Profi-Reiterin die Konstantin Magalow KG als Familienunternehmen mit rund 160 Mitarbeitern.

Gut Ising – zwei Welten in einem Dorf mit Kirche inklusive: das touristisch-gastronomische Unternehmen bestehend aus 4-Sterne-Superior Hotel mit 105 Zimmern und Suiten, vier Restaurants, Tennishalle, Golfplatz, 2.500 Quadratmeter großer Spa und verschiedenen Outlets verteilt auf dem Areal. Weit über die Grenzen Bayerns bekannt ist das Gut allerdings als Eldorado des Reitsports. Die weitläufige Reitanlage gilt als eine der bekanntesten Adressen des Landes: drei Reithallen, Innen- und Außenboxen, Gaststallungen, Spring-, Dressur- und Poloplätze. Hier finden bis zu 100 Pferde Platz. Gemeinsam mit ihrem Mann Dietmar Gugler betreibt Sylvia Gugler zudem einen international erfolgreichen Handel mit Sportpferden. Ein Gespräch mit einer leidenschaftlichen Gastgeberin in herausfordernden Zeiten.

Nach zwölf Jahren sind Sie 2018 wieder an den Chiemsee zurückgekehrt, um das Unternehmen der Familie in der nun dritten Generation zu übernehmen. Hatten Sie bei Ihrer Rückkehr eine neue Unternehmenskultur im Gepäck? Oder führen Sie die Gesellschaft weiter nach den Prinzipien, mit denen Ihre Großeltern und Eltern das Unternehmen aufgebaut haben.

Wir haben unseren Lebensmittelpunkt nach Ising verlagert. Daraus resultierend haben wir das Geschäft meines Mannes auch integriert. Es war wichtig, unsere Infrastruktur zu erweitern und neben den Hotel Renovierungsarbeiten auch weitere Raum für Pferde zu schaffen. So kam  zu unseren zwei Reithallen eine Dritte hinzu. Wir haben Kunden aus der ganzen Welt, die den besonderen Komfort eines 4-Sterne-Superior Hotels genießen. Hier können Sie entweder unsere Verkaufspferde in einem einmaligen Ambiente ausprobieren, oder sich mit meinem Mann auf große Championate oder hochdotierte Springturniere in Europa vorbereiten.

Als Hotelier erleben Sie gegenwärtig zweifellos die schwierigste Zeit in der Geschichte von Gut Ising. Es bedarf eines langen Atems, um ein Hotel durch die Pandemie zu führen. Derzeit machen Meldungen die Runde, nach dem andere Hotelketten „Notverkäufe“ ankündigen oder sich über Jahre verschulden müssen. Wie lang ist Ihr Atem, wie kommen Sie durch diese Zeit?

Auch wir haben Kapital in die Hand genommen, um den Geschäftseinbruch abzufedern. Ohne dies wäre es nicht gegangen. Wir arbeiten uns behutsam von Monat zu Monat vor und hoffen, dass die Impf-Kampagne bald anschlägt.

Staatliche Hilfen haben uns ebenfalls geholfen und helfen, diese schwierige Zeit zu meistern.

Zahlreiche Unternehmen aus der Gastronomie und Hotellerie klagen darüber, dass ihnen „Personal wegläuft“. Und sich nach Arbeitsplätzen umsehen, die mehr oder weniger krisenfest erscheinen. Welche Maßnahmen ergreifen Sie, um Ihr Personal in dieser Zeit „bei der Stange“ zu halten?

Unsere Mitarbeiter sind schon viele Jahre im Unternehmen und haben mit uns gemeinsam einige Herausforderungen gemeistert. Diese Pandemie versuchen wir auch gemeinsam zu bewältigen. Aus diesem Grunde halten wir regelmäßig Kontakt zu unserem Team, auch zu den Mitarbeitern, die in der Kurzarbeit sind. Wir haben ein rotierendes System im Einsatz, das unsere Mitarbeiter in regelmäßigen Abständen aus der Kurzarbeit holt – da, wo es geht. Andere Mitarbeiter sind sehr flexibel und arbeiten in Bereichen, die sie zuvor nicht kannten. Auf einem Gut gibt es immer genug zu tun.

Für offensichtlich sehr viele Menschen ist die Zeit der Pandemie ein Trauma, das Spuren hinterlässt. Oder anders ausgedrückt: die Angst scheint bei Vielen im Gepäck mitzureisen und das Verhalten auf Reisen maßgeblich mitzubestimmen. Stichwort Nahziele statt Fernreisen. Wie bewerten Sie die Zukunft Ihres Hotels vor diesem Szenario?

Wir glauben, dass nach der Pandemie noch einige Ängste bleiben und die Menschen vorsichtiger reisen werden. Nicht alle haben gleich das Vertrauen, wieder ins Ausland zu vereisen. Speziell die Fernreisen sehen wir in den nächsten Jahren nicht an der Spitze des Reisetourismus. Im Gegenteil, viele Menschen werden die Naherholung suchen und ihren Urlaub in Deutschland verbringen.

Wir erwarten mit der Öffnung eine sehr hohe Nachfrage und Auslastung für unsere gesamte Anlage – für das Hotel wie auch für unseren Pferdewirtschaftsbetrieb.

Dem zu erwartenden Aufschwung im Deutschland-Tourismus steht ein Einbruch im Sektor Meetings, Incentives & Konferenzen gegenüber. Was bedeutet das für Ihr Haus als Tagungshotel? Werden Sie sich von diesem Segment verabschieden und Ihr Angebot neu ausrichten?

Den Einbruch im Meeting-, Incentives- & Konferenzen-Sektor werden wir auf
Gut Ising nicht so spüren, da wir unser Geschäft im Individualreisen Sektor fest verankert ist. Auch glauben wir, dass „kleine aber feine“ Incentive Reisen und Meetings nach wie vor stattfinden werden. Aus diesem Grunde haben wir neue Meeting Rooms geschaffen, mitten in der Natur in absoluter Ruhe. Hiermit haben wir sicherlich ein Alleinstellungsmerkmahl gegenüber unseren Mitbewerbern, auf 170 Hektar Natur.

Und an die Chefin der Reitanlagen: Gut Ising richtet jährlich zahlreiche Turnier-Veranstaltungen aus. Mit internationaler Beteiligung. Wie wird sich dieses Segment in diesem Jahr entwickeln. Sehen Sie langfristig Veränderungen bei der Organisation größerer Events?

Der Turniersport wird auch in Zukunft bleiben. Ebenso wie es Fußballbegeisterte gibt, gibt es auch Pferdesport Liebhaber. Nicht umsonst ist der Pferdsport auch in den olympischen Disziplinen fest verankert

Sie haben mit Ihrem Team in den vergangenen Monaten umfangreiche Hygiene-Konzepte im Hotel und in den Restaurants sowie auf den Reitanlagen umgesetzt. Was ist Ihre Annahme: werden diese Konzepte eines Tages wieder „eingemottet“? Oder werden uns diese Maßnahmen als fester Bestandteil im Umgang mit Gästen über die kommenden Jahre begleiten?

Wir können uns gut vorstellen, dass wir einige Konzepte beibehalten.

So zum Beispiel die Platzierung der Gäste, die es uns ermöglicht, einen einwandfreien Hygienezustand am Tisch zu schaffen, ebenso wie die Versiegelung unserer Bäder vor Erstbenutzung durch die jeweiligen Gäste.

Auch die Desinfektionsstationen werden wir beibehalten.

Weiterhin haben wir vor, unseren Frühstücksservice weiterhin von der Theke aus zu bedienen. Die Erfahrung hat gezeigt, dass unsere Gäste es toll finden, schon bei der Brötchenwahl eine persönlich begrüßt werden.

Lassen Sie uns über Netzwerke sprechen. SHEconomy versteht sich als Netzwerk der Frauennetzwerke in Deutschland und Österreich. In welchen Netzwerken sind Sie als Unternehmerin, aber auch als Sportlerin unterwegs?

Wir sind in einer Vielzahl von Netzwerken tätig. Angefangen von Verbandsmitgliedschaften bei beim HDV; der HSMA, sind wir auch seit vielen Jahren mit den Rotariern und dem Lions Clubs der verankert, ebenso wie bei vielen Pferdesport Vereinigungen.

Foto: Sylvia Gugler

Fotocredit: Hans-Georg Merkel

gugler-sport-horses.com

gut-ising.de

Das Interview führte Yvonne Molek

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