StartBusiness"Frauen sollten sich verbünden und voneinander lernen"

„Frauen sollten sich verbünden und voneinander lernen“

Durch den „Frauenfragen“-Podcast ist Mari Lang von der Journalistin zur Unternehmerin geworden. Im SHEconomy-Interview spricht sie über die Höhen und Tiefen des vergangenen Jahres und über die Herausforderung, einen Podcast zu finanzieren.

2021 war ein erfolgreiches Jahr für „Frauenfragen“. Neue Staffeln, viele Nominierungen und sogar ein Buch ist daraus entstanden. Wie war das vergangene Jahr für Sie?

Anstrengend (lacht). Einerseits war 2021 voller schöner Dinge, die ich mir 2020 so nie hätte erträumen können. Andererseits musste ich auch ganz schön viel Energie aufbringen, um diesen Spagat, über den ich im Frauenfragen-Projekt viel spreche – nämlich die Vereinbarkeit von Familie und Beruf – hinzubekommen. Ich bin teilweise ordentlich über meine Grenzen gegangen und bekomme jetzt die Rechnung dafür serviert: Ich hänge seit Wochen in einer Art Krankheitsdauerschleife.

Warum machen Sie weiter?

Weil es noch viel zu viele Bereiche gibt, in denen Frauen Benachteiligungen erleben. Die vielen Zuschriften, die ich im vergangenen Jahr als Reaktion auf meinen Podcast bekommen habe, haben mir außerdem gezeigt, wie brisant das Thema „Vereinbarkeit von Familie und Beruf“ vor allem für Frauen ist. Die Pandemie hat viele Frauen mal wieder zu Verliererinnen des Systems gemacht – Kurzarbeit, Kündigungen, die Hauptlast der Familien- und Care-Arbeit tragen, etc. Von Seiten der Politik vermisse ich da ein ehrliches Hinschauen und das Bestreben echte Lösungen zu finden. Deshalb braucht es, denke ich, Initiativen wie den „Frauenfragen“-Podcast, um Debatten anzustoßen und zumindest im Privaten zu Veränderungen zu kommen.

Die dritte Staffel Frauenfragen ist soeben angelaufen. Früher haben Sie prominente Männer eingeladen, die sie bereits kannten. Wählen Sie ihre Gäste mittlerweile nach anderen Kriterien aus?

Ich habe schon eine Liste mit Lieblingskandidaten, aber oft ist es jetzt eine Frage der Verfügbarkeit. Die Pandemie, mit den ständigen Quarantänemaßnahmen und ähnlichem, macht es gar nicht so einfach Interviewtermine zu finden und diese auch zu halten. 

Sie laden auch jüngere Gäste in den Podcast ein, viele sind jedoch bereits über 50. Wieso nur so wenige von der jüngeren Generation?

Für die neue Staffel hatte ich ursprünglich die Idee, nur jüngere Männer zu interviewen, um ein neues Männerbild zu beleuchten. Den modernen Mann, sozusagen. Davon bin ich aber abgekommen, weil die Hauptthematik des Podcasts, nämlich die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, da oft wegfällt. Viele Männer Mitte dreißig haben einfach noch keine Kinder. Natürlich sagen sie alle, dass sie die Kinderbetreuung aufteilen wollen, wenn es soweit ist und 50:50 in der Familienarbeit viel abgewinnen können. Aus eigener Erfahrung, weiß ich aber, dass es sich leichter reden als handeln lässt.

Im Podcast fragen Sie Ihre Gäste häufig nach Frauen, die sie besonders inspirieren. Was würden Sie selbst auf diese Frage antworten?

Jede Frau, die den Mut hat, zu sich zu stehen und laut zu sein, wenn es notwendig ist, ist für mich eine Inspiration und sollte alleine deshalb schon vor den Vorhang geholt werden. Nur eine Frau zu nennen, fällt mir echt schwer, da ja jeden Tag mindestens eine neue dazukommt.

Wer ist es heute?

Momentan finde ich die Komikerin Carolin Kebekus und die Wissenschaftsjournalistin Mai Thi Nguyen-Kim super. Helga Rabl-Stadler hat mich auf der Minerva-Gala wahnsinnig beeindruckt, und die deutsche Journalistin und Feministin Theresa Bücker verfolge ich auch schon seit längerer Zeit begeistert. Wahnsinnig inspirierend finde ich auch eine Frau, die in der Steiermark mit großer Hingabe eine Frühstückspension führt. Ich besuche sie jedes Jahr und finde sie sehr inspirierend, weil sie ein ganz anderes Leben lebt als ich und wir uns trotzdem auf so vielen Ebenen treffen. Frauen sollten sich überhaupt mehr verbünden und voneinander lernen!

Mit der Gründung des „Frauenfragen“-Podcasts sind Sie zur Unternehmerin geworden. Wie leicht ist Ihnen das gefallen?

Im Grunde ist mir das Unternehmerinsein ein bisschen passiert, und ich fühle mich immer noch eher als Newbie. Es gibt noch sehr Vieles, was ich lernen kann. Vor allem, wenn es um die Monetarisierung meiner kreativen Arbeit geht. Das ist ja ein ganz eigenes Business, in dem es viele Ansätze gibt. Die Hautpmöglichkeit mit Podcasts Geld zu verdienen, ist derzeit ja die personalisierte Werbung, also, dass Podcaster*innen Werbung selbst sprechen und als Art Influencer*innen auftreten. Als Journalistin, die aus dem öffentlich-rechtlichen Bereich kommt und der Unabhängigkeit sehr wichtig ist, kann ich dem nicht viel abgewinnen. Aber natürlich, wenn man vom Podcasten leben möchte, muss man sich das genauer anschauen.

Hörer*innen können den „Frauenfragen“-Podcast mit einmaligen Beträgen unterstützen. Wie gut funktioniert das?

Alle, die den Podcast wertvoll finden, können mir einen Betrag ihrer Wahl dafür geben. Unverbindlich und freiwillig. Verdient habe ich dadurch natürlich noch nicht wahnsinnig viel, aber es geht mir dabei auch um die Anerkennung und darum die Hörer*innen zu sensibilisieren: Qualitativ hochwertige Arbeit, die im Internet frei verfügbar ist, sollte wertgeschätzt werden – nicht nur mit Applaus, sondern auch finanziell! Ein bisschen ist es ja auch absurd, dass es in meinem Podcast um Gleichberechtigung geht und ich – eine Frau – mich gleichzeitig selbst ausbeute.

Mit dem Wachstum der Creator Economy steigt auch das Bewusstsein dafür, dass die Arbeit unserer Lieblings-Content-Creators bezahlt werden muss.

Das hoffe ich sehr. Für mich ist das aber alles noch recht neu. In meiner Jugend gab es noch keine Influencer*innen und weit noch nicht so viele Start-Ups wie heute. Für Jüngere ist es mittlerweile, glaube ich, ganz normal, sich Sponsor*innen zu suchen. Ich hingegen war mein ganzes Leben lang bei einem Medienunternehmen angestellt und muss erst lernen mich selbst zu verkaufen. Um Geld zu bitten, wie ich es ja jetzt in meinem Podcast tue, ist schon ein komisches Gefühl, und immer wieder habe ich auch Gedanken wie: „Ist das, was ich tue, gut genug, um dafür Geld zu verlangen?“ Ich denke aber, wir Frauen sollten generell selbstbewusster in Bezug auf unsere Arbeit werden und auch lautstark einfordern gerecht dafür bezahlt zu werden. Wenn ich eines in meiner beruflichen Laufbahn gelernt habe, dann, dass es immer irgendwo einen Geld-Topf gibt, der geöffnet werden kann.

Wie geht es 2022 mit dem „Frauenfragen“-Projekt weiter?

Vieles ist noch offen. Fest steht jedoch, dass das Thema „Feminismus“ und „Podcasten“ als zwei Säulen für mich bestehen bleiben werden. Das sind die Bereiche, in denen ich total aufgehe. Im Moment produziere ich gerade einen neuen Wissenschaftspodcast für das Austria Center Vienna und freue mich in Zukunft auf viele Möglichkeiten meine Erfahrungen aus zwei Jahren „Frauenfragen“ als Keynotespeakerin und bei Veranstaltungen weitergeben zu können. Ich glaube nicht, dass ich dieses Jahr ein neues Buch veröffentlichen werde, aber wer weiß. Sobald man einmal Autorinnenluft geschnuppert hat, wird man leicht zur Wiederholungstäterin.

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