„Innovation entsteht dort, wo wir den Kontrollverlust aushalten können“, sagt der Zukunftsforscher Matthias Horx. Echte Innovation bricht erst dann auf, wenn wir bereit sind, Unsicherheit auszuhalten, Widerspruch zuzulassen und Konflikte nicht zu vermeiden, sondern produktiv zu nutzen. Kurz gesagt: Wenn wir aufhören, alles glattzubügeln.
Das klingt unbequem – und genau deshalb tun wir uns so schwer damit. Wir reden gerne über Innovation, aber bleiben oft im Mittelmaß stecken. Warum? Weil wir uns an dem festklammern, was immer schon funktioniert hat: solide Industrie, technische Nischen. Allein das reicht im globalen Wettbewerb nicht mehr.
Wie es anders geht, zeigen drei Beispiele – auffällig oft dort, wo Frauen das Sagen haben:
Bei der IAA in München rockte Stella Li, Vizepräsidentin (global) und Europa-Chefin des chinesischen Automobilherstellers und Innovationskonzerns BYD, die Bühne. Während Europa noch zögert, gehen in China bereits 49 Prozent aller Neuzulassungen auf Alternativantriebe zurück, so genannte New Energy Vehicles (NEV).
Anderer Schauplatz. Beim Big Bang KI-Festival in Berlin, einem der wichtigsten Zukunftsevents im deutschsprachigen Raum, sitzt Transformationsexpertin Ayse Mese in der Geschäftsführung. Sie zeigt, wie stark Formate werden, wenn Frauen nicht nur dabei sind, sondern (mit-)bestimmen und an der Wortführerschaft teilhaben.
Drittes Beispiel; hier gleich ein ganzes Land – Polen. 2025 mit 3,5 Prozent Wachstum eine der erfolgreichsten EU-Volkswirtschaften. Seit den 1990ern werden IT-Kompetenzen dort geschlechtsunabhängig gefördert. Ergebnis: 42,5 Prozent Frauen in MINT-Berufen. Zum Vergleich: In sind es Österreich 28 Prozent, in Deutschland 27,7 Prozent. Beide Staaten rangieren am Tabellenende.
Während Deutschland im Global Innovation Index immer noch im Spitzenfeld – allerdings mit zurückfallender Tendenz – auf Platz 9 liegt, ist Österreich auf Platz 17 abgerutscht. Meinen wir „Innovation made in Austria“ jedoch ernst, dürfen Frauen in Führungsrollen nicht länger die Ausnahme sein, sondern müssen Normalität werden. Dazu trägt auch „Diversitec – leading Innovation“ bei, eine Initiative des Österreichischen Bundesministeriums für Innovation, Mobilität und Infrastruktur (BMIMI).
sheconomy mischte bei allen drei Schauplätzen mit: Chefredakteurin Lara Gonschorowski sprach auf der IAA mit Top-Herstellern. Geschäftsführerin Kristin Hanusch-Linser sprach auf der Big Bang-Bühne über Kultur und Transformation. Und ich selbst moderierte beim großen Netzwerktreffen von Diversitec, wo sheconomy mit der Umsetzung der Initiative beauftragt ist.
Die Botschaft ist klar: Frauen in Entscheidungsrollen machen den Unterschied. Unternehmen mit gemischten Führungsteams sind laut Trendone-Studie nicht zufällig 21 Prozent profitabler – sie sind schlicht zukunftsfähiger. Fortschritt entsteht nicht im gemütlichen Konsens, sondern dort, wo Frauen und Männer gemeinsam bereit sind, Risiken zuzulassen – und Neues zu wagen. Daher – mehr Mut zum gepflegten „Kontrollverlust“!
Quellen: Eurostat; WIPO; trendone.com