Wofür setzt sich Encourage Ventures ein?
Encourage Ventures ist ein gemeinnütziger Verein, der sich dafür einsetzt, die Gründerszene offener, gerechter und diverser zu machen. Und das nicht nur in Deutschland, sondern mittlerweile auch über die Landesgrenzen hinaus. Wir bringen Start-ups, in denen mindestens eine Frau im Gründerteam ist, in der Frühphase ihres Gründungsvorhabens mit Angel Investorinnen zusammen, um ihnen systematisch Zugang zu Kapital, zu Wissen und natürlich auch zu Ressourcen zu ermöglichen. In der ersten Reihe stehen dabei die weiblichen Business Angels, sie tragen gerade in der Frühphase selbst ein hohes Risiko, sind aber durch ihr Investmentverhalten insgesamt eine entscheidende Instanz für weiblich geführte Start-ups um einen guten Weg für die kommende Wachstumsfinanzierung vorzubereiten. Dazu haben wir im vergangenen Jahr gemeinsam mit der Bertelsmann Stiftung eine nicht-repräsentative Studie durchgeführt und ganz aktuell das Investmentverhalten analysiert.
Was ist die Motivation hinter Ihrer Arbeit?
Wenn wir uns aktuell die Gründerlandschaft anschauen, wird die Motivation schnell klar. Das deutsche Start-up-Ökosystem ist auch in 2024 weder vielfältig noch inklusiv oder offen und gleichermaßen einladend für alle, die gründen möchten. Damit geht viel Innovationspotenzial und Spirit verloren. Gerade dann, wenn weibliche Gründerinnen aus dem Umfeld der Wissenschaft oder Forschung hier gleichberechtigt mitmischen möchten und Förderung für ihre Ideen brauchen. Das kann sich die deutsche Wirtschaft nicht mehr leisten. Encourage Ventures will das ändern.
Wie sehen die Projekte und die Förderungen konkret aus?
Wir sorgen über diverse Formate dafür, dass es zwischen weiblichen Start-ups und den Investorinnen oder auch VCs einen regelmäßigen, gezielten Wissensaustausch gibt, um Finanzierung zu ermöglichen und die nötigen Zugänge in die Wagniskapital-Szene zu schaffen. Wir haben sehr erfolgreich unsere virtuellen Pitch-Nights etabliert, haben aber auch für beide Seiten Master Classes in Form einer Academy aufgebaut, worin sich potenzielle Investorinnen und Start-up zu ganz unterschiedlichen Themen innerhalb des Investmentprozesses informieren können. Seit Anfang diesen Jahres läuft ebenfalls unser Mentoring-Programm „Inspire you“, das ist mehr als ein paar kluge Tipps und regelmäßige Treffen innerhalb eines Tandems aus Mentee und Mentorin. Diese Förderbeziehung beinhaltet sowohl die Weitergabe von Fach- und Erfahrungswissen als auch das Advocacy, also die systematische Fürsprache bei der Wachstumsfinanzierung.
Was unterscheidet Encourage Ventures von anderen Investor:innen Netzwerken?
Auf jeden Fall unterscheiden wir uns durch den Impact am Markt, den Encourage Ventures allein durch seine Größe und Reichweite erzeugt. Das Netzwerk hatte in den letzten zwei Jahren regen Zulauf seitens der Start-ups (rund 1.000 bis heute) sowie seitens der Multi- und Erst-Investorinnen (rund 600 bis heute). Darüberhinaus legen wir Wert auf regelmäßigen Wissenstransfer, beispielsweise über Investmenttrends und Technologien, organisiert über unsere Regional Hubs in München, Stuttgart, Frankfurt, Berlin, Hamburg aber auch Salzburg und Paris.
Wer ist Mitglied im Netzwerk?
Im Schnitt lässt sich unser typisches Mitglied seitens der Investorinnen so beschreiben: 45 plus, Akademikerin, wenig Zeit, digital affin, wirtschaftlich/beruflich erfolgreich, verfügt eventuell schon über ein eigenes Investment-Portfolio, oder möchte damit starten, kollaborativ veranlagt und natürlich mission-driven. Also anders ausgedrückt es gibt erfahrene Angel Investorinnen, und diejenigen die es noch werden möchten, aber auch Förderer des Ökosystems. Unsere angeschlossenen Start-ups legen den Industrie-Schwerpunkt bei Consumer Goods, Tech, Healthcare oder auch ESG. Sie befinden sich größtenteils in der Preseed, Seedphase, also in der Frühphase ihrer Gründung. Hier spielen Finanzierungsquellen wie Bootstrapping, Wandeldarlehen oder auch Pooling über Business Angel eine wichtige Rolle für das weitere Wachstum.
Wer kann sich an Encourage Ventures wenden?
Frauen oder Wagniskapitalfirmen, denen es ebenfalls um die Verbesserung der Teamdiversität in der Gründerszene sowie faire Kapitalvergabe-Mechanismen geht.
Welche Rolle spielen Business Angels aus Ihrer Sicht?
Sie spielen eine sehr wesentliche Rolle. Obwohl man natürlich auch sagen muss, dass die Tätigkeit als Business Angel nicht für jede Frau gleichermaßen interessant ist. Denn es geht es immer um ein hohes Risiko, und natürlich dementsprechend auch ein hohes Risikobewusstsein, beim jeweiligen Investment. Mit mickrigen 13,6 Prozent ist das Potenzial möglicher Angelinvestorinnen in Deutschland bei Weitem noch nicht ausgeschöpft. Viele Wirtschaftsfrauen haben exzellentes Fach- und Erfahrungswissen und möchten das auch den Start-ups zu Teil werden lassen, die sie unterstützen. Sie sind damit Early-Stage Beförderer, die sehr realistisch auf Wachstums- und natürlich auch Renditeziele schauen. Wie in unserer Studie aufgeführt, haben Business Angel eine entscheidende Filterfunktion.
Welche Tipps haben Sie für Gründerinnen, die auf der Suche nach Kapital sind?
Liebe Gründerinnen, das ist nicht der Club der gelangweilten Best Ager Frauen mit zuviel Privatvermögen. Im Gegenteil, wir haben ganz unterschiedliche beruflichen Karrieren und Lebensentwürfe dementsprechend kennen wir nur zu gut die diversen Fallstricke innerhalb eines „monokulturellen“ Investmentprozesses. Dieses Asset sollte ihr für euch nutzen.
Was begeistert Sie persönlich an der Rolle des Regional Lead?
Wir sind hier ein kleines, schlagkräftiges Team, ich stemme das Ehrenamt also nicht alleine. Da ich – wie auch meine Mitstreiterinnen – innerhalb des Jobs am Anfang der Karriere ähnliche Erfahrungen gemacht haben, wie die jungen Gründerinnen, finde ich es ist an der Zeit, den Wert „Erfahrung“ zurückzugeben. Das motiviert mich zu diesem Ehrenamt.
Silvia Hänig ist selbst Business Angel und Regional Lead Munich von Encourage Ventures e.V. sowie Founder und Managing Director von iKOM und Senior Advisor bei der TWISE GmbH
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