Der Immobilienmarkt durchlebt eine turbulente Zeit. Hohe Zinsen und Finanzierungskosten, geringes Angebot und wenige Neubauprojekte machen den Erwerb einer Immobilie teuer. Die schwierige wirtschaftliche Gesamtsituation macht daher auch vor der als äußerst krisensicher geltenden Immobilienbranche nicht Halt: Der Kauf einer Wohnung will gut überlegt sein. Dennoch ist in Österreich Wohnen im Eigentum noch weiter verbreitet als Mieten. 54 Prozent wohnen in einer Immobilie, die ihnen gehört, etwas mehr als ein Viertel (26 Prozent) mietet, so die Zahlen von einer ImmoScout24-Umfrage. Auch, wenn infolge der Finanzierungsklemme viele Kaufinteressent*innen auf Mietobjekte ausweichen, so gibt es doch einen klaren Sieger am Immobilienmarkt: nachhaltig errichtete Neubauwohnungen. Der Teilindex-Kauf von neuem Wohnraum erwies sich im Jahr 2023 gegenüber dem Vorjahr mit − 0,1 Prozent (2022: + 11,5 Prozent, 2021: + 8,4 Prozent) als nahezu preisstabil, so die Zahlen der Statistik Austria.
Dass es beim Blick auf die Immobilienpreise bisher nur eine sehr moderate Korrektur bei Neubauwohnungen gibt, ist somit auch der sehr speziellen Preisentwicklung von Neubauwohnungen geschuldet. „Die hohen Baukosten sowie die gestiegene Präferenz der Käufer für Wohnungen, die energetisch auf dem neuesten Stand sind, dürften maßgeblich dafür sein. Anders ist die Situation älterer Wohnungen, deren Heiz- und Betriebskosten besonders deutlich gestiegen sind und deren ,energetische Ertüchtigung‘ in nicht allzu ferner Zukunft mitunter einen beträchtlichen Investitionsbedarf erforderlich machen wird“, so die Experten von Raiffeisen Research.
Gute Gründe für die Nachhaltigkeit
Nachhaltigkeit ist also künftig bei der Kaufentscheidungen maßgeblich, wie Experten bestätigen. „Die nachhaltige Bauweise spielt zukünftig eine große Rolle, weil sich vor allem nachhaltige Energiesysteme wie Wärmepumpen, Solaranlagen oder Fernwärme positiv auf den Wiederverkaufspreis der Wohnung auswirken“, ist Martina Schiller-Jankoschek, Leitung Team NÖ Süd/WU/Bgld & Wien der Raiffeisen Immobilien Treuhand, überzeugt. „Eine nachhaltige Bauweise senkt auch die Erhaltungskosten, was sich positiv auf die monatliche Gesamtbelastung auswirkt. Neubauwohnungen sind ohne nachhaltige Heizsysteme schwer verkäuflich“, so Martina Schiller-Jankoschek weiter.
„Nachhaltige Energiesysteme wirken sich positiv auf den Wiederverkaufspreis der Wohnung aus.“
Martina Jankoschek, Leitung Team NÖ Süd/WU/Bgld & Wien der Raiffeisen Immobilien Treuhand
Einen weiteren Punkt bringt BUWOG-Geschäftsführer Andreas Holler ins Spiel: „Wir rechnen damit, dass die Erfüllung von ESG-Kriterien, insbesondere die Anforderungen der EU Taxonomie, künftig definitiv die Bewertung von Immobilien beeinflussen wird. Es ist insbesondere davon auszugehen, dass ESG-konforme Immobilien einen breiteren Investor*innenkreis ansprechen und auch günstiger zu finanzieren sein werden, was sich wiederum in der Preisfindung widerspiegeln wird – insbesondere beim Kapitalisierungszinssatz.“
Gutes Gewissen, aber höhere Preise
Die Käufer*innen sind daher bereit, für nachhaltige Wohnungen höhere Preise zu bezahlen. Aspekte einer Immobilie wie CO2-Ausstoß, Klimaverträglichkeit oder Minimierung der Bodenversiegelung haben sich zu relevanten Kaufentscheidungskriterien entwickelt. Auch aufgrund der EU-Taxonomie, Pariser Klimaziele und Agenden des EU-Green-Deal steigt die Nachfrage weiter stark an, wie Andreas Holler bestätigt: „Zum Beispiel entscheiden sich institutionelle Investoren und Banken eher für ein Projekt, das externe Gebäudezertifizierungen nachweisen kann, und auch Private haben deutlich gestiegene Ansprüche, um nachhaltig wohnen zu können – auch, wenn das mitunter mit höheren Kaufpreisen verbunden ist.“ Das gute ökologische Gewissen ist für immer mehr Menschen ein so wichtiger emotionaler Faktor, dass eine Wohnung, die in dieser Hinsicht nicht den höchsten Standards entspricht, für sie gar nicht mehr in Frage kommt.
Doch das wirkt sich natürlich auf die Preise aus. Vor allem, da aufgrund der gestiegenen Zinsen die Neubautätigkeit derzeit stark rückläufig ist. „Bei gleichbleibend hohem Bedarf – insbesondere in den Ballungsräumen–, und erschwerter Finanzierungsmöglichkeit rechnen wir mit steigenden Preisen für Neubauwohnungen. Auch die Bauträger sind ansonsten nicht kosteneffizient“, gibt Schiller-Jankoschek zu bedenken.
„ESG-konforme Immobilien sprechen einen breiteren Investor*innenkreis an und werden auch günstiger zu finanzieren sein.“
Andreas Holler, Geschäftsführer BUWOG
Einsparungsfaktor Betriebskosten
Wie sich die Bauweise auf die zu erwartenden Betriebskosten auswirkt, hängt ganz davon ab, wie viel Technik in einem Objekt umgesetzt wurde, denn diese erfordert natürlich immer auch einen gewissen Wartungs- und Serviceaufwand. Holler: „Um dem entgegenzuwirken, sind bei uns die beiden Aspekte Nachhaltigkeit und Digitalisierung sehr eng miteinander verbunden, denn zum Beispiel durch den Einsatz von KI und Sensorik lassen sich Mehraufwände für Servicierung und diverse Wartungsaufwände reduzieren. Grundsätzlich streben wir aber an, Nachhaltigkeit in der Projektentwicklung durch bauliche Maßnahmen und architektonische Details zu erreichen, um Kosten und Aufwände in der Betriebsführung möglichst gering zu halten.“ Doch klar ist: Vor allem nachhaltige Energiesysteme tragen deutlich zur Reduktion der Kosten für Heizung beziehungsweise Kühlung und Warmwasser bei. Was sich, wie die Erfahrungen der letzten Jahre gezeigt haben, deutlich spürbar im Portemonnaie auswirken kann.