StartMoneyDer Gehaltscoach: Tipps für Einsteigerinnen

Der Gehaltscoach: Tipps für Einsteigerinnen

Unser Gehaltscoach Martina Ernst widmet sich diese Woche jener Personengruppe, die im Normalfall am Wenigsten Erfahrung beim Ausverhandeln des Salärs hat: den Berufsanfängerinnen.

Woher weiß ich, was ich wert bin?

Mit der Antwort auf diese One-Million-Dollar-Frage beginnt es. Und bevor man sich von irgendwelchen Fantasiegehältern verrückt machen lässt, sollte man ein paar grundlegende Dinge kennen:

Jeder Job hat einen bestimmten Marktwert. Das ist der Preis, den die Arbeitgeber bereit sind für bestimmte Kompetenzen und einen bestimmten Grad an Verantwortung im Job, den jeweiligen Job Level, zu zahlen. Die Höhe des Gehalts richtet sich außerdem nach den Lebenshaltungskosten des Landes und der Region, wo man den Job ausüben wird, nach der Branche, für die man den Job erbringt (so zahlt den NPO Bereich meist weniger als zum Beispiel die Finanzbranche) und sogar nach der Job Familie, das heißt der Bereich, in dem man zu arbeiten beginnt, IT, Finanz, Marketing, HR etc.

Und Achtung, das Ergebnis der Recherche ist nicht eine einzige Zahl, sondern eine Gehaltsbandbreite, die meist mit dem kollektivvertraglich festgelegten Minimum beginnt.

Ist Gehalt immer noch ein Tabuthema?

JEIN. Drei Dinge helfen, um sich im ‚Wald des Schweigens‘ zurechtzufinden.

Erstens muss die Arbeitgeberin in den Jobanzeigen das Minimumgehalt für den ausgeschriebenen Job anzeigen – aber Achtung, das ist selten das Gehalt, was sie tatsächlich bereit ist zu zahlen.

Wieso gibt es da einen Unterschied? Schon allein deswegen, weil etwaige Überstunden-Pauschalen abgegolten werden müssen. Und wenn man einen All-In Vertrag angeboten bekommt, wird ein bestimmter Sockelbetrag an zu leistenden Überstunden eingerechnet,

Zweitens sollte man unbedingt eine gründliche Recherche im Internet bei kununu.com/glassdoor.com/stepstone.at/karriere.at/xing.at, den Online-Portalen der Zeitungen und Zeitschriften usw. durchführen. Und nicht auf den exakten Job Titel beschränken, sondern ähnliche Jobs im gleichen Verantwortungsbereich ebenfalls googeln.

Drittens kann man Freundinnen und Mentorinnen fragen, was sie für den Job, auf den man sich bewirbt, verlangen würden – diese Frage ist eleganter, als fragte man direkt nach dem Gehalt der jeweiligen Person und wird daher auch viel lieber beantwortet.

Wann soll ich das Gehalt ansprechen?

Wenn man sich bewirbt, muss man meist seine Daten in einem Online-Portal ausfüllen – und die Frage nach dem Gehalt gehört häufig dazu. Wenn möglich, sollte man einfach schreiben: ‚wünsche mir marktübliches Gehalt‘ oder man gibt eine Range an. Dabei sollte der untere Wert der Range der Wert sein, den man erhalten möchte – und der obere Wert circa 5-10% höher. Warum, oft bekommt man leider genau das Minimum dessen, was man fordert – vorausgesetzt diese Werte liegen alle innerhalb der realistischen Gehaltsbandbreite für den besagten Job Level.

Idealerweise spricht man erst über das Gehalt, wenn es klar wird, dass die Arbeitgeberin einem ein Jobangebot unterbreitet. Bevor man weiß, ob man in der Firma durch seinen Beitrag einen Unterschied machen und sich in der Kultur des Unternehmens entfalten kann, ist es müßig, übers Gehalt zu reden. Das wäre genau so, als würde man bei Parship bereits wissen wollen, welchen Anzug der potenzielle Partner zur Hochzeit anziehen wird.

Kann meine Gehaltsforderung zu unverschämt wirken?

Eigentlich nein – nur macht natürlich der Ton die Musik. Und was irritiert, ist, wenn die Kandidatin einen Gehaltswunsch angibt, der außerhalb der Gehaltsbandbreite liegt, ohne es erklären zu können. Wer zum Beispiel zu wenig verlangt, wirkt nicht vornehm bescheiden, sondern man fragt sich dann sofort: „Was stimmt bei dieser Person nicht?“, denn Leistung hat seinen Preis und den sollte man unbedingt auch einfordern.

Wer realistische Erwartungen hat, und deshalb ist die Recherche so wichtig, und die Kompetenzen mitbringt, die die Arbeitgeberin braucht, muss keine Sorge haben, dass sie die Position nicht bekommt, nur weil man ein bisschen mehr fordert als andere Bewerberinnen. Wichtig ist eine gute Erklärung, dass zum Beispiel die höheren Gehaltserwartungen korrelieren mit dem Willen, überdurchschnittlichen Einsatz zu leisten oder die neueste Software installieren zu können, die die Arbeitgeberin sonst teuer am Markt zukaufen müsste usw. Wenn dem Wunsch nicht gleich stattgegeben wird, könnte man sich auf einen Stufenplan mit der Arbeitgeberin einigen, der bereits nach einem bestimmten Zeitraum die nächste Anpassung vorsieht. Wichtig ist, zu seiner Forderung zu stehen, nicht gleich abzuschwächen – und Flexibilität in der Lösungsfindung zu zeigen. Vielleicht geht der Gehaltswunsch nicht durch, aber man bekommt ein spannendes Coaching, Mentoring Programm oder die Kosten für ein Fitness Center erstattet. Geld hat schließlich kein ‚Mascherl‘.

Martina Ernst hat nach ihrer Tätigkeit als Personalchefin der Erste Bank die Gehalts-und Karriere-Beratungsfirmen www.salarynegotiations.at und www.colourfulcareer.com gegründet, ist Career Partnerin der WU Executive Academy und Präsidentin des WU EA Female Leaders Netzwerks mit 1500 Alumnae.

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