StartBusinessSuccess„Den alten Working-Style gibt es nicht mehr“

„Den alten Working-Style gibt es nicht mehr“

Mehr Meetings, weniger Hierarchien – Führungsverantwortung ist seit der Pandemie komplexer geworden. Anke van Beekhuis, Expertin für High Performance Culture, Leadership und Gender Balance, über geschlechtsspezifischen Führungsstil, Greenwashing beim Thema Diversity und ihre neue Masterclass für Leadership Performance.

SHEconomy: Gibt es so etwas wie einen weiblichen bzw. männlichen Führungsstil? 

Anke van Beekhuis: Laut Theorie sollte es ja keinen Unterschied zwischen Männern und Frauen geben. So stimmt das aber nicht, es gibt zahlreiche Studien darüber, wie unterschiedlich Männer und Frauen in ihren Verhaltensweisen sind und zwar abseits von Stereotypen. Meine Beobachtung aus 16 Jahren Erfahrung ist es, dass Frauen einen sehr ganzheitlichen Blick auf Organisationen haben. Die Women Matters Studie, die seit über zehn Jahren jährlich von McKinsey durchgeführt wird, beobachtet, dass Frauen nachhaltiger in Organisationen agieren als Männer. Sie beziehen andere Aspekte in diesem ganzheitlichen Blick ein. Männer sind auf eine andere Art und Weise zielorientiert als Frauen und stärker auf das Vorankommen und die Risikobereitschaft fokussiert. Frauen sind weniger risikoanfällig, das führt zu anderen Führungsstilen. Ein gutes Ergebnis für Organisationen ist erst dann gegeben, wenn eine Durchmischung stattfindet. Die unterschiedlichen Denkweisen führen zu unterschiedlichen Handlungsweisen, die wiederum zu anderen Führungsstilen und schlussendlich zu anderen Entscheidungen führen. Das resultiert darin, dass eine Organisation besser aufgestellt und erfolgreicher ist.

Es gibt bei diesem Thema also viel Diskrepanz?

Genau – sowohl in der Wissenschaft als auch in der Gesellschaft. Aus meiner persönlichen Erfahrung heraus sehe ich jedoch, dass sich in den Generationen viel verändert. In der Generation 35+ haben viele Führungskräfte noch diesen klassischen Leadership-Stil mit Fokus auf Vorankommen und Erfolg. Bei den jüngeren Generationen beobachte ich, dass es zwischen Männern und Frauen kaum mehr Unterschiede gibt, weil diese ganzheitliche Sichtweise auch für junge Männer sehr wichtig geworden ist. Diese Veränderung hat vermutlich mit mehr Aufklärung und Fokus auf das Thema und Gleichbehandlung in der Erziehung zu tun – das führt dazu, dass auch Männer heute anders führen und diesen ganzheitlichen Blick haben. Zwar ist das noch ein minimaler Anteil an Führungskräften, aber die Veränderung ist spürbar.

Welchen Stellenwert nehmen Gender Equality & Diversity für Führungskräfte im Unterschied zu früher ein?

Für junge Generationen hat das Thema einen sehr hohen Stellenwert, weil sie damit groß werden: Sie studieren und müssen gendern in ihren Bachelor- und Masterthesen. Sie erleben Ungleichheit viel stärker, weil das Thema öffentlichkeitswirksamer diskutiert wird. In der älteren Generation hingegen herrscht eher ein Gleichgültigkeitsgefühl vor. Es ist klar, dass etwas gemacht werden muss, aber es wird belächelt und als Orchideenthema behandelt. Erst, wenn Druck von oben – sei es vom Vorstand oder dem Aufsichtsrat – kommt, dass sich die Organisationskultur stärker in Richtung Diversität verändern muss, erst dann wird Führungskräften aus dieser Generation die Wichtigkeit bewusst. Oder aber, wenn in der eigenen Familie solche Themen vorhanden sind – Führungskräfte, die eine Tochter haben zum Beispiel. Wenn die Töchter nicht vorankommen, überlegen sie sich, dass die Problematik ja auch in der eigenen Organisation existieren könnte. Das Verständnis also fehlt in der älteren Generation, interessanterweise sowohl bei Frauen als auch bei Männern. Viele Führungskräfte erkennen auch nicht, dass Sexismus, Ungleichheit und ungleiche Bezahlung in ihrer Organisation bestehen. Wenn ich mit Manager*innen über Sexismus spreche, ist die erste Reaktion oft „Nein, bei uns gibt es so etwas nicht!“. Dabei ist vielen gar nicht klar, was Sexismus eigentlich ist, weil oft der physische Aspekt in der Vorstellung dominiert. Sexismus fängt aber schon viel früher an, mit Diskriminierung zum Beispiel oder mit der Sprache, mit Komplimenten, die nicht angebracht sind, mit geschlechtsspezifischen Äußerungen, und so weiter. Sie sehen – wir glauben, wir haben eine Ahnung von Sexismus und sind darüber aufklärt, viele sind es aber diesbezüglich nicht in den Unternehmen.

Maßnahmen wie Quotenregelungen und eindeutige Statements zu Gender Equality sind lange kein Novum mehr. Auch der wirtschaftliche Vorteil einer diversen Führungs- und Mitarbeiter*innenstruktur ist durch verschiedene Studien belegt – trotzdem ist das Thema in vielen Unternehmen weit weg von der Realität. Woran scheitert es (noch)? Wie viel „Greenwashing“ herrscht tatsächlich bei dem Thema?

Die Frage nach Greenwashing beschreibt das Problem eigentlich sehr gut. Es wird viel Greenwashing betrieben, nicht nur bei dem Thema Gender Balance, sondern auch bei Nachhaltigkeit zum Beispiel. Wir denken jedes Jahr, dass in diesem Bereich viel vorangeht, weil wir natürlich mir Projekten zu tun haben, bei denen sich diesbezüglich einiges bewegt. Schaue ich mir aber die Realität an, zum Beispiel in der Voranalyse von neuen Projekten, die Nachhaltigkeitsberichte und Jahresreports ganzer Branchen, merke ich, wie viel Greenwashing tatsächlich passiert. Es wird viel zu oft noch als Frauenthema behandelt, obwohl der Begriff Gender Balance ja schon per se beide Geschlechter inkludiert. Dementsprechend werden Frauenmaßnahmen gesetzt, die in Berichten publiziert oder in Medien präsentiert werden. Die Entwicklung der Zahlen in den Berichten – sofern der Frauenanteil überhaupt angegeben wird – ist aber wenig, sie stagniert häufig und ist sogar teils rückläufig. Hier spreche ich von großen Unternehmen: Hätten diese Organisationen nicht ausländische Töchterfirmen, wäre der Frauenanteil mancherorts wirklich frustrierend. Gleichzeitig werden aber in der Öffentlichkeit Projekte gelobt, bei denen eine Handvoll junger Frauen gefördert wird, und das bei einer Anzahl von 15.000 Mitarbeitenden. Das ist klassisches Greenwashing in der Realität. Für die Anzahl an Mitarbeiter*innen passiert einfach viel zu wenig, und das belegen auch die Zahlen.

Bedeutet dies, dass das Thema zwar bei vielen schon auf der Agenda steht, aber in der Praxis dann rasch wieder vergessen wird?

Für mich bedeutet es, dass das Thema de facto nicht auf der strategischen Agenda von Organisationen steht. Da der Druck aus der Gesellschaft aber stärker wird, muss man sich als Organisation in irgendeiner Weise darum kümmern. Die Vorgaben werden in Zukunft klarer werden, dann wird auch mehr passieren. Solange das Thema aber nicht auf der strategischen Agenda steht, kümmert sich meist die Diversity-Abteilung darum. Oft ist das nur eine Person oder sogar nur ein*e Halbtags-Mitarbeiter*in, egal ob die Organisation 2.000 oder 15.000 Mitarbeitende hat. Somit ist Gender Balance kein strategischer Ansatz, sondern ein „Nice-To-Have“. Auf Vorstandsebene fehlt oft das Verständnis dafür, dass die Bevölkerung in Österreich und Deutschland zu 51 Prozent weiblich ist – und damit Recruiting-Potentiale am Markt zu einem Großteil ungenutzt bleiben. Frauen werden im Diversity-Bereich als Randgruppen gesehen, obwohl wir der höhere Bevölkerungsanteil sind, das ist in Unternehmen oft überhaupt nicht abgebildet. Es herrscht viel Unwissenheit bei dem Thema, zu wenig Verständnis, zu wenig gesellschaftlicher Druck und zu wenig Struktur. Die starren Organisationen, wie wir sie teilweise erleben, verhindern Innovation zu neuen Themen. Das wird sich aber auch verändern, nur ist es ein langsamer Fortschritt.

Sie coachen ja selbst auch Führungskräfte und bieten zum Beispiel eine Masterclass für Leadership Performance* an. Wie groß ist der Anteil an weiblichen Führungskräften unter Ihren Coachees? 

Richtig, ich coache seit 16 Jahren. In letzter Zeit sind es hauptsächlich Sparrings, weil dadurch mehr Nachhaltigkeit gegeben ist. Meine Regelung ist eine Balance der Teilnehmer*innen von rund 50-50, um auch einen Blick darauf zu haben, wie die Organisation aus Sicht der Frauen ist. Weil in den Coachings immer wieder dieselben Probleme und Themen, die Führungskräfte bewegen, auftraten, entstand die Idee eines Online Coaching-Programms mit persönlichem Sparring. Daraus entwickelte sich die Leadership Performance Masterclass. Die Teilnehmer*innen können sich die fünf Kapitel selbst einteilen und erhalten über Videos und Handouts einen Guideline, um ihre Führungskompetenz zu steigern und als Führungskraft erfolgreicher zu werden, Teams besser und effizienter zu führen und mehr Performance zu bringen. Aber auch, um sich selbst weiterzuentwickeln, mehr Widerstandskraft, Standing und Selbstbewusstsein zu entwickeln. Die Zeiteinteilung ist dabei komplett flexibel möglich – ob um sechs in der Früh oder elf am Abend, am Flughafen, im Homeoffice oder im Büro ist egal. Die Inhalte sind überall von jedem Gerät abrufbar und man kann jederzeit mit der Masterclass starten. Einmal pro Woche gibt es einen fixen Termin für alle Führungskräfte: ein Gruppensparing mit mir, wo Fragen gestellt werden können. Zusätzlich gibt es auf LinkedIn eine Gruppe, in der sich die Teilnehmer*innen untereinander austauschen können. Es nehmen ganz unterschiedliche Unternehmen an der Masterclass teil, das Führungslevel ist jedoch bei allen Teilnehmer*innen die mittlere Leitungsebene.

Wie hat sich Führung während der Corona-Pandemie verändert? Führungskräfte mussten ja ihre Mitarbeiter*innen ins Homeoffice entsenden – gerade im deutschsprachigen Raum bis zu diesem Zeitpunkt nicht oft oder gerne gesehen. „Zu unproduktiv“ war nicht selten der Tenor. Stehen Führungskräfte dem Ganzen nun lockerer entgegen?

Generell spaltet das Thema noch immer die Gesellschaft, finde ich. Wie die Haltung zum Thema Homeoffice ist, hängt davon ab, wie eine Führungskraft die Situation selbst erlebt hat. Während Corona saßen wir alle im gleichen Boot, auch Führungskräfte mussten ins Homeoffice. Aus meiner Beobachtung heraus würde ich schätzen, dass zirka 50 Prozent der Führungskräfte Vorteile darin sehen, weil sie diese selbst durchlebt haben. Es gibt aber auch diejenigen, die die Mitarbeiter*innen größtenteils wieder zurück ins Office holen möchten. Gleichzeitig ist auch ihnen bewusst: Das geht nicht, weil die Leute ein neues System kennengelernt haben. Für die oberste Führungsebene ist es oft schwierig, Führungskräften die Freiheit zuzustehen, selbst über die Homeofficeregelung ihrer Mitarbeiter*innen zu entscheiden. In der jungen Generation ist häufiger die Ansicht vertreten, dass das Team nicht unbedingt vor Ort sein muss. Beim alten Führungsstil herrscht eher noch die Meinung vor, dass Anwesenheit mit Produktivität gleichzusetzen ist.

Führungskräfteentwicklung wird sich in Zukunft also stark verändern?

Deshalb gibt es auch unsere Masterclass. Diesen alten Working-Style, den gibt es nicht mehr. Das überfordert Führungskräfte ein Stückweit – zum Beispiel durch all die Themen wie Nachhaltigkeit, Gender Balance, Diversität und Homeoffice. Führungsverantwortung ist seit der Pandemie komplexer geworden. Es gibt mehr Meetings, weniger Hierarchien, Mitarbeiter*innen mit unterschiedlichen Befindlichkeiten, die an unterschiedlichen Standorten sitzen. Für viele Führungskräfte ist es eine Challenge, zu begreifen, was aus soziologischer Perspektive gerade passiert. Die Generationen verändern sich, Anwesenheit wird nicht mehr als Voraussetzung für Performance angesehen. Die Menge an Menschen, die sich diese Veränderung – mehr Homeoffice, einen anderen Arbeitsstil – wünschen, ist viel größer als diejenigen, die es nicht wollen und diese Meinungen prallen nun aufeinander. Der Druck wird größer und dadurch verändert sich das System. Das sehe ich momentan als größte Herausforderung für Organisationen an, sich diesen Veränderungen am Bewerber*innenmarkt erfolgreich zu stellen.

Sie sagen, dass zukünftigen Generationen das „Wir“ wichtiger als das „Ich“ ist – und dieser Grundsatz einen Wandel unserer bisherigen Gesellschaft bedeutet. Können Sie diesen Gedanken näher ausführen?

Das „Wir“, das Kollektive, bildet sich heutzutage durch Social Media. Diese sozialen Netzwerke sind, wenn man es genau nimmt, Community Netzwerke. Daraus kann eine positive oder auch negative Bewegung entstehen. Früher musste man für eine Community viel Energie aufwenden, heute ist das nicht mehr unbedingt so. Das Wirgefühl wird stärker, weil neue Generationen in Communities und mit Social Media aufwachsen. Der menschliche Drang, als soziale Wesen miteinander Dinge zu gestalten, wird durch einfache Zugänge zu Communities verstärkt. Für Organisationen und auf Führung hat das im Moment noch wenig Auswirkungen, da diese Generation entweder noch nicht in den Unternehmen angekommen ist oder gerade erst ins Berufsleben einsteigt und noch versucht, sich vorhandenen Strukturen anzupassen.

Zum Thema High Performance Culture: In den jüngeren Generationen und auch gesamtgesellschaftlich gesehen gibt es heute mehr Auseinandersetzung mit dem Thema Mental Health Awareness, Stichwort Toxic Productivity zum Beispiel. Wie kann man High Performance Culture ohne zu viel Druck vorleben?

High Performance geht definitiv ohne mentalen Druck. Es geht dabei ganz stark um die eigene Haltung. In unserer Masterclass gibt es zwei Kapitel, die sich vorrangig mit dem Thema Resilienz beschäftigen, die notwendig ist, um mentale Stärke zu entwickeln. Wenn ich mich mit meinen eigenen Glaubenssätzen und meinem Mindset zu Dingen auseinandersetze, entwickele ich Resilienz. Wenn Führungskräfte Menschen mit klaren Vorgaben, Systemen und Rahmenbedingungen führen, sinkt der Druck. Gehe ich als Führungskraft selbst mit der Haltung heran, dass es ruhig Spaß machen darf und auch mal nicht perfekt sein muss, fällt viel Druck ab.

Das ist aber eine Haltung, die viele nicht haben.

Bei meiner Masterclass bekomme ich nach dem ersten Kapitel dann oft das Feedback: Es ist mehr Entspannung da, der Druck ist weg. Mentale Stärke ist für mich High Performance. Das beste Beispiel dafür ist der Spitzensport, egal welcher. Mentale Stärke führt auch hierbei dazu, höchste Leistungen zu bringen. Der zweite Faktor, der für High Performance ohne Druck enorm wichtig ist, ist Zeitmanagement. Viele Führungskräfte denken, sie seien fremdbestimmt, dabei kann man in der Führungsebene sehr viel beeinflussen. Wie werden Meetings abgehalten? Müssen sie wirklich eine Stunde dauern oder reichen 20 Minuten mit einer besseren Vorbereitung? Zeitmanagement ist der größte Faktor für Performance. Die meisten Führungskräfte sind sehr gut ausgebildet, wissen aber nicht, wie sie sich die Zeit für sich nehmen, um strategische Dinge umzusetzen. Eine wohlwollende Haltung führt zu einem entspannteren, effizienteren Führungsstil.

Was sind Ihre drei Top-Tipps für einen entspannteren Leadership-Stil?

Erstens, für sich festzustellen, wie man über sich selbst als Führungspersönlichkeit denkt. Bin ich wohlwollend mir gegenüber oder kritisch mit mir und mit meinem Team? Übertrage ich die Erwartungshaltung, die ich an mich selbst stelle, auch auf meine Mitarbeiter*innen? Je perfektionistischer man ist, desto mehr wird diese Haltung übertragen. Es ist wichtig, sich über die eigenen Verhaltensweisen, das Mindset und Ziel bewusst zu werden. Diese Erkenntnis führt zu mehr Entspannung. Dann kann man den negativen Aspekten entgegensteuern. Der zweite Punkt ist, sich zu überlegen, ob jedes Meeting eine Stunde dauern muss. Vielleicht reichen auch 20 bis 30 Minuten aus? Was braucht es dazu – eine bessere Vorbereitung und Agenda? Das rüttelt viele wach, wenn sie darüber nachdenken. Der dritte Tipp: auch mit Hardfacts zu führen. Die Emotionalität nimmt zu und Führungskräfte wissen oft nicht, wie sie mit diesen Emotionen umgehen sollen. Dazu zählen unbegründete Vorwürfe und Krisensituationen. Mein Tipp ist es, Situationen auf einer Sachebene zu analysieren und Daten, Zahlen und Fakten miteinzubeziehen. Das bedeutet nicht, den emotionalen Teil nicht zuzulassen, sondern die Hardfacts miteinzubeziehen. Dies nicht zu übersehen, hilft stark in der Führung und dabei, Situationen neutraler und entspannter zu betrachten.


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