Wer mit den kleinformatigen Conni-Büchern aufgewachsen ist, kennt die Normen, innerhalb derer man sich als Kindergarten- oder Volksschulkind bewegen sollte sehr gut. In erster Linie bedeutet das nämlich: Hausübungen sind ohne große Widerstände zu erledigen, Medizin ist zu schlucken, auch wenn sie bitter schmeckt und das unheimlich surrende Geräusch des Bohrers bei der Zahnärztin bedeutet keinesfalls Schmerzen, sondern immer nur Hilfe. Wer dann auch noch daran glaubt, dass man in der Schule nicht für die »Frau Lehrerin« oder den »Herrn Lehrer«, sondern nur für sich selbst und das eigene Leben lernt, ist eine mindestens genauso gute Conni wie die Pixi-Buch-Conni selbst.

Das allererste Buch der Kinderbuchreihe erschien im Jahr 1992. Conni wäre heute also 28 Jahre alt. Und auch jene Mädchen, die mit der idealen Welt der Kinderbuchheldin aufgewachsen sind, sind jetzt wohl ungefähr in diesem Alter. Auch die Studentin Lea Weber kennt Conni seit ihrer Kindheit und hat ihre Abschlussarbeit an der Goethe-Universität in Frankfurt am Main zu einer neuerlichen Auseinandersetzung mit der Kinderbuchfigur genutzt. Sie hat ein Cover im Stil der Buchreihe entworfen, präsentiert darauf aber eine deutlich ältere Conni. Und statt des linken Schneidezahns wackelt nun das harmonische Familien- und Gesellschaftsbild, das in den Geschichten rund um die kleine Heldin regelmäßig präsentiert wurde (Conni hat Mama und Papa, einen kleinen Bruder, eine Katze und Großeltern, die sich gerne um sie kümmern). Deshalb hat Weber ihr Buch auch »Conni bekommt 21 % weniger Gehalt« genannt. »Ich wollte etwas thematisieren, was viele Frauen betrifft, aber nicht mehr viel mediale Aufmerksamkeit bekommt«, sagt Weber gegenüber der Tageszeitung Der Standard.

Bei der am Cover abgedruckten Prozentangabe handelt es sich um den unbereinigten Gender Pay Gap in Deutschland. Die um Teilzeit, Position und Branche bereinigte Lücke liegt in bei 7 Prozent. Wie von der Statistik Austria berechnet, ist der bereinigte Gender Pay Gap in Österreich bei rund 13 Prozent angesiedelt. Weber geht es, wie sie der Tageszeitung Standard erklärt, jedoch nicht darum, ob die Zahl bereinigt wurde oder nicht, sondern um die strukturellen Ungleichheiten die hinter diesen Zahlen stecken. Sich immer brav in das vorhandene und vorgelebte Gesellschaftsbild einzuordnen oder einzugewöhnen, wird nämlich kaum dazu beitragen können, dass sich die Lohnschere schließt. Vielleicht sollte das bei der Lektüre der Conni-Bücher immer ein wenig mitbedacht werden.