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„Alle schwärmen von Diversität, alle wollen sie – doch sie verlangt ernsthafte Auseinandersetzung mit den Zielgruppen.“

Neulich lernte ich einen bemerkenswerten, jungen Mann kennen. Es war nach einem Konzert im Wiener Musikverein mit dem hinreißenden Duo Leonidas Kavakos (Geige) und Yuja Wang (Klavier). Weil der Abend so sprühend war, nahmen mein Mann und ich im Anschluss noch einen Drink im Hotel Sacher. Zu uns kam ein Kellner, der einen Wein vorstellte, dessen Name wir nicht verstanden. Also fragten wir nach, worauf er freundlich antwortete: „Es tut mir leid, aber Deutsch ist nicht meine Muttersprache“. Weil ich – nicht immer zur Freude meines Mannes – auch nach einem Konzert, in einer Bar und ganz generell im Leben nie ganz aufhöre Journalistin zu sein, wollte ich natürlich gleich wissen, woher er kommt, was ihn nach Wien geführt hatte.

Er erzählte, dass er vor drei Jahren als Flüchtling ins Land kam, ohne ein Wort Deutsch zu können, die Sprache aber rasch lernen wollte und seine Ausbildung in zwei anderen Wiener Luxushotels absolvierte. Ich war tief beeindruckt von seiner Geschichte, auch weil mich das Thema schon seit mehreren Monaten beschäftigt hatte: Warum werden asylberechtigte Menschen nicht stärker darin unterstützt, in der Hotellerie/Gastronomie Fuß zu fassen? Sie haben es dort mit einer Klientel zu tun, die selten etwas dagegen hat, Bestellungen auch mal auf Englisch zu formulieren, lernen rasch die örtlichen Gepflogenheiten kennen, werden nach Kollektivvertrag bezahlt und, weil sie im Team arbeiten, rasch integriert.

Mittlerweile weiß ich, dass ich vieles viel zu blauäugig gesehen habe – unsere Tourismus-Expertin Angelica Freyler hat dazu einen ausführlichen Bericht verfasst, in dem alle Seiten zu Wort kommen. Aber auch: die Kollektivverträge im Gastgewerbe sind bescheiden, viele Chef:innen, Kolleg:innen und Gäste sehen es – sobald man sich aus Wien hinausbewegt – mit dem Englisch doch nicht so locker. Und auch die Arbeitgeber:innen verhalten sich nicht immer wie im Hotel Sacher, wie sich in einer Der Standard-Reportage nachlesen ließ.

Es zeigt sich – und das nicht nur in der Gastronomie: Diversität wird nicht immer so einfach gelebt, wie sie aktuell postuliert wird. Alle schwärmen von ihr, alle wollen sie, weil sie, richtig umgesetzt, Produktivitäts- und Imagegewinn verspricht. Doch sie verlangt ernsthafte Auseinandersetzung mit den Zielgruppen, fundamentale Learnings für alle Seiten, was Sprachregelungen und Verhalten betrifft, Geduld und den beidseitigen Willen aus Fehlern zu lernen.

Mit dieser Erstausgabe von WEconomy, einem Spin-Off von SHEconomy, zeigen wir die Vielfalt von Vielfalt – und mit welch wachem Blick sie betrachtet und gepflegt werden muss, um nicht zum bloßen Schlagwort zu verkommen. Etwa wenn es darum geht, Gender Parity und kulturelle Fairness zu realisieren oder das Potenzial von Menschen mit Behinderung zu würdigen. Zu diesen ebenso wundervollen wie auch heiklen Themen konnten wir hochkarätige Gesprächspartner:innen gewinnen wie u. a. die Soziologin Jutta Allmendinger, die Influencerin Yael Meier, den österreichischen Arbeitsminister Martin Kocher oder den Unternehmer Martin Rohla. Außerdem publizieren wir die wichtigsten Ergebnisse und Erkenntnisse rund um eine top-aktuelle, repräsentative Diversitäts-Studie, die PwC gemeinsam mit Ketchum in Auftrag gab.

Dieses Magazin steht für mehr Offenheit und gegenseitiges Verständnis, für Gerechtigkeit und Chancengleichheit, Anerkennung und Respekt. Tauchen Sie mit uns in ein in diese abwechslungsreiche, bunte, aber auch fordernde Welt, denn ich bin ganz sicher: Sie bringt uns alle weiter!

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