Home Office ist die eine Sache, Home Office mit Kind die andere Sache. Wir haben bei Rechtsanwältin Irena nachgefragt, wie sie mit ihrem momentanen Alltag zwischen Schreibtisch und Kinderzimmer umgeht.
Während wir telefonieren sitzt Irena gerade im Garten. Bei mir läuft eine Platte der Stone Roses ganz leise im Hintergrund, bei ihr hört man immer wieder die Stimme ihrer dreijährigen Tochter, die während des Gesprächs teilweise um sie herumwuselt, teilweise die angenehmen Sonnenstunden in ihrem Liegestuhl genießt. Während ich die Stone Roses ganz einfach abdrehen oder die Lautstärke noch etwas mehr herunterschalten kann, ist es bei Irena nicht ganz so einfach. Home Office mit Kind ist eine Herausforderung. »Unser Alltag ist aktuell etwas chaotisch«, erzählt Irena lachend. »Wir frühstücken gemeinsam, dann begebe ich mich langsam aber sicher in mein Büro.« Irena ist Rechtsanwältin, ihr Mann ist selbstständig und ihre kleine Tochter hat beschlossen, dass sie über das Mittagsschläfchen nun endgültig hinausgewachsen ist.
»Ich habe auch vorher schon ab und zu Home Office gemacht, aber eher punktuell und meistens eher dann, wenn meine Tochter im Kindergarten war. Oder ich habe mir Arbeit mitgenommen und diese dann am Abend erledigt, damit ich am Nachmittag mehr Zeit mit ihr verbringen kann. Das kam mir sogar entgegen, weil ich eine Nachteule bin«, fasst die in der Wirtschaftsrechtskanzlei Benn-Ibler tätige Rechtsanwältin zusammen. Home Office über längere Zeitperioden kennt sie eigentlich nur aus ihrer Karenzzeit. »Der Großteil meiner Arbeit ist Denkarbeit. Wenn ich beispielsweise an einem Vertrag arbeiten muss, dann sollte ich mich mindestens fünf oder sechs Stunden am Stück konzentrieren können. Das ist natürlich sehr schwierig, wenn die Kleine alle zehn Minuten ins Zimmer kommt und fragt, ob ich schon fertig bin.« Irenas Partner, der ein Concierge-Service betreibt und Host-Management für Kurzzeitvermieter von Ferienwohnungen macht, hilft ihr bei der Betreuung der Dreijährigen, die momentan allerdings sehr auf ihre Mama fixiert ist.
»Sie findet es im Moment nicht so toll, dass ich zwar zu Hause bin, für sie aber trotzdem nicht wirklich greifbar bin, weil ich arbeiten muss. Wenn ich merke, dass es gar nicht geht, dann beschäftige ich mich mit ihr und schiebe die Arbeit auf den Abend. Glücklicherweise haben wir einen Garten, da kommt sie zu etwas mehr Bewegung«, erklärt sie. Spielregeln wurden bislang noch keine aufgestellt, aber vielleicht wird es für die kommende Zeit eine Art Tagesplan geben, mit dem sich der Alltag etwas besser strukturieren lässt. »Momentan ist es das Wichtigste, dass sie gut beschäftigt ist, damit ich meine Arbeit machen kann.« Allerdings merkt Irena bereits, dass sich die Situation langsam einpendelt, weil ihre Tochter immer mehr versteht, dass es so etwas wie fixe Arbeitszeiten gibt.
Das gesamte Ausmaß der Situation rund um Covid-19 begreift die Dreijährige naturgemäß noch nicht, erklärt Irena. »Wir haben ihr gesagt, dass sie jetzt Urlaub hat, sie versteht aber beispielsweise nicht, warum sie ihre Oma nicht sehen kann. Wir haben ihr erklärt, dass momentan viele Leute krank sind und wir deshalb zu Hause bleiben müssen. Sie weiß auch schon, dass Corona ein Virus ist. Da ist sie sehr interessiert.« Urlaubsfeeling kommt bei Irena nicht auf, denn in der Wirtschaftskanzlei beginnen sich die Anfragen rund um Corona langsam zu häufen. Weil sie sich im Büro einfach besser konzentrieren kann, wird die Rechtsanwältin auch in Zukunft ihren Arbeitsplatz im Office ihrem Schreibtisch zu Hause vorziehen. Die notwendige Infrastruktur für die Arbeit von daheim hatte sie aber schnell beisammen. »Wir waren da sehr rasch, weil wir auch schon vorher sehr gut ausgestattet waren. Wir bedienen uns zum Beispiel digitaler Rechtsdatenbanken und mussten uns als Juristinnen und Juristen nicht wirklich umstellen. Ich habe schon vor Beginn der Maßnahmen alles mitgenommen und mich auf die neue Situation vorbereitet. Ich hatte schon das Gefühl, dass so etwas auf uns zukommen wird«, sagt sie.