StartBusinessKarriereAchtung, giftig!

Achtung, giftig!

Woran man eine toxische Arbeitsumgebung erkennt. Warum gerade Frauen sehr oft in „verseuchte“ Arbeitsfallen kippen. Und welches Gegengift es gibt.

Was sagt ein Baby, wenn man versucht, es mit Salat zu füttern? Richtig: Es sagt „Wäh“! Und das ist gut so. Denn Salat – speziell Kopfsalat – kann größere Mengen Nitrat enthalten, das für frischgebackene Erdbewohner giftig ist. Dasselbe gilt übrigens für Rucola, Mangold und aufgewärmten Spinat. Vielleicht ist die Abneigung gegen die Farbe Grün also ein automatischer Selbstschutz, über den wir im Kindesalter verfügen?

Aber auch als Erwachsene haben wir Instinkte, die uns vor Vergiftungserscheinungen schützen – zum Beispiel vor solchen, die durch eine toxische Arbeitsatmosphäre ausgelöst werden. Tatsächlich ähneln die Symptome denen einer schleichenden Vergiftung: Kopfschmerzen, Unwohlsein, Erregungszustände, Atemnot, Kreislaufprobleme und Müdigkeit zählen etwa dazu. Dazu kommen Schlaf- und Angststörungen, Depression und natürlich sinkende Produktivität. „Betroffene haben irgendwann keine Freude mehr daran, zur Arbeit zu gehen“, hat Andrea Weidlich, Podcasterin und Autorin von „Wie du Menschen los wirst, die dir nicht guttun“ (mvg) einmal in einem Interview mit der österreichischen Tageszeitung Kurier erklärt und darauf hingewiesen, dass das toxische Umfeld auch „belastend für den Körper sein kann“. 

Wer in einem vergifteten Klima arbeiten muss, hat beim morgendlichen Weckerklingeln den gleichen „Wäh“-Gedanken wie ein Säugling beim Anblick eines Salattellers. Der kleine Unterschied: Anstatt das Gift schlichtweg zu verweigern, begibt man sich pflichtbewusst ins Büro, um sich die nächste Dosis abzuholen. Ein Grund dafür ist, dass man nicht mehr so jung ist, dass einen jemand füttern würde. Man braucht also Geld. Das man allerdings auch anderswo verdienen könnte – wären da nicht die Selbstzweifel, die dazu führen, dass Mitarbeiter:innen in toxischen Umgebungen bleiben und sogar die Rolle des Sündenbocks übernehmen. Laut Weidlich trauen vor allem Frauen sich nicht, ihre Grenzen zu setzen. „Sie glauben vielmehr, sie müssten diese Belastungen aushalten.“

Der zweite Grund ist, dass man zwar merkt, dass etwas nicht stimmt, aber verlernt hat, seinem Bauchgefühl zu vertrauen. Im Erwachsenenalter verlassen sich ja viele lieber auf Fakten und Indizien als auf ihre Intuition. Umso wichtiger ist, genau hinzuschauen – vor allem, wenn der eigene Instinkt einen bereits gewarnt hat. Hier sind einige Anzeichen dafür, dass man in einem toxischen Arbeitsumfeld werkt:

Hohe Fluktuation

Die Kolleg:innen wechseln schneller, als man sich ihre Namen merken kann? Dann sollte man stutzig werden. Auch hohe Abwesenheitsquoten und häufiges Zuspätkommen können Anzeichen dafür sein, dass Leute versuchen, dieses Arbeitsumfeld zu meiden. Ein klares Warnsignal: Wenn es immer wieder zu Ausfällen wegen Burnouts kommt. Anstatt sich zu denken, „Die halten eben nicht so viel aus wie ich“, sollte man sich fragen, wieviel man eigentlich aushalten muss.

Führungskräfte kommen nur von außen

Alle (oder die meisten) Neueinstellungen kommen von außerhalb des Unternehmens – vor allem, wenn es um die Management- und Führungsebene geht? Damit wird den derzeitigen Mitarbeiter:innen vermittelt, dass sie entweder nicht wichtig oder nicht gut genug für eine bessere Position sind. Beides trägt zu einer toxischen Kultur bei.

Schlechte Kommunikation

Durchs Reden kommen die Leut’ zamm. Und durchs Nicht-Reden driften sie auseinander. Ein wichtiges Zeichen eines toxischen Arbeitsumfelds ist fehlende beziehungsweise mangelnde Kommunikation. Wenn Mitarbeiter:innen in Bezug auf wichtige Informationen ausgeschlossen werden oder auf respektlose Weise kommuniziert wird, können keine vertrauensvollen Beziehungen gedeihen.

Unfreundlicher Wettbewerb

Ein gesundes Match kann anspornen und motivieren. Wenn der Wettbewerb aber im Mittelpunkt der Unternehmenskultur steht, sind Feindseligkeiten die Folge. Vorgesetzte, die ihre Mitarbeiter:innen gegeneinander ausspielen, schaffen eine gifte Atmosphäre, die dem Team und letztlich auch dem Geschäft schadet.

Klatsch & Cliquenbildung

In der Kaffeeküche geht es zu wie am Schulhof? Dann fühlt man sich als erwachsener Mensch dort vermutlich nicht allzu wohl. Dazu kommt, dass die Gruppendynamik zu gefährlichem Verhalten führen kann: Wenn ständig über andere getuschelt wird und eine Kultur des Misstrauens herrscht, ist das Mobbing oft nicht weit.

Fehlende Fehlerkultur

Fehler sind menschlich, und man lernt aus ihnen. An der Art und Weise, wie mit ihnen umgegangen wird, kann man gut erkennen, wie giftig oder ungiftig ein Arbeitsumfeld ist. Trauen sich Verantwortliche, ihr Scheitern einzustehen – oder zeigt jeder auf den anderen? Im letzteren Fall sollten die Alarmglocken klingeln.

Zu wenig Anerkennung

Die drei Mitarbeitenden, die das meiste Geld hereinbringen, werden einmal jährlich bei der Weihnachtsfeier gelobt – und alle anderen nie? Dann wird sich auf Dauer die Mehrheit der Belegschaft unterbewertet fühlen. Die Folge ist häufig ein unangenehmes Betriebsklima, in dem Neid und Feindseligkeit herrschen.

Mangelnde Grundwerte

Sie sind die treibende Kraft eines Unternehmens und haben starken Einfluss auf die Beziehungen der Mitarbeitenden untereinander. Werte wie Empathie, Wärme und Unterstützung fördern eine gute Arbeitsatmosphäre. Sind die Grundwerte nicht klar definiert, entwickelt sich die Unternehmenskultur ohne klare Richtung. Dabei entstehen häufig unerwünschte Subkulturen, die dem Betriebsklima schaden.

Psychopathische Chefs

Psychologen zufolge tummeln sich in Führungsetagen überdurchschnittlich viele Psychopathen, weil sie dort ihr Dominanzstreben gut ausleben können – zu Ungunsten der Mitarbeiter:innen. Die Größe eines Unternehmens spielt dabei keine Rolle. Hinweise können Eigenschaften des oder der Vorgesetzten liefern: Kontrollsucht, Gefühlskälte, Unberechenbarkeit, fehlende Einsicht, aber auch Aggressivität, Arroganz, manipulatives Verhalten, Unfähigkeit zur Teamarbeit oder Freude an der Demütigung des Umfelds sind Indizien, bei denen man aufhorchen sollte.

Pausenlose Arbeit

Bombardiert der Chef das Team jedes Wochenende mit E-Mails? Sind Überstunden nicht die Ausnahme, sondern die Norm? Besteht die tägliche Mittagspause aus einem Weckerl, das vor dem Bildschirm gegessen wird, während man mit einer Hand E-Mails schreibt? Dann stehen die Mitarbeitenden vermutlich unter starkem Zeitdruck oder haben sogar Angst, die nötigen Erholungspausen einzulegen. Beides ist Gift, vor allem für die Gesundheit.

Mögliche Gegengifte

Wie man ein toxisches Arbeitsumfeld (manchmal) entgiften kann:

  • Suchen Sie Unterstützung bei Kolleg:innen, anderen Vorgesetzten, Beratungsstellen oder – falls vorhanden – dem Betriebsrat
  • Nehmen Sie professionelle Hilfe von Mediator:innen, Jurist:innen, Psycholog:innen und Coaches in Anspruch
  • Setzen Sie sich für mehr Diversität ein – das hemmt die Cliquenbildung.
  • Entwerfen Sie eine Liste von Grundwerten und nehmen Sie sie zur Besprechung in die nächste Sitzung mit.
  • Bewerben Sie sich für freiwerdende Führungspositionen und ermutigen Sie auch Kolleg:innen dazu.
  • Schlagen Sie regelmäßige Besprechungen und Feedbackrunden – persönlich, telefonisch
    oder online – vor.
  • Gehen Sie mit gutem Vorbild voran und halten Sie sich an Pausenzeiten. Organisieren Sie einen gemeinsamen Mittagstisch für das Team.
  • Lassen Sie sich in Tratsch und Klatsch nicht hineinziehen und vermeiden Sie es, über andere herzuziehen.
  • Starten Sie Teambuilding-Aktivitäten und unternehmensweite Initiativen, um Teams miteinander ins Gespräch und zur Zusammenarbeit zu bringen.

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