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Zerbrechliche Geschöpfe

von Helene Tuma

Antike Glasvasen aus der Zeit des Jugendstils werden von Sammlern wegen ihrer außergewöhnlichen Form- und Farbgebung geschätzt. Auch als Anlageobjekte sind die dekorativen Stücke interessant, da sie wertbeständig sind. 

Glas wird als schöner, aber zerbrechlicher Werkstoff geschätzt. Einen Höhepunkt erreichte seine Beliebtheit im Jugendstil. Besonders Vasen mit fantasievollen Dekoren und leuchtend bunten Farben wurden gerne gekauft und gesammelt. Die wichtigsten Zentren der Herstellung waren in dieser Zeit in Europa ebenso zu finden wie in den USA. Für den Stil der Glasobjekte, besonders der Vasen, war um 1900 der Einfluss von Hochkulturen wie dem islamischen Orient zu spüren. Für die Struktur der Oberflächen, das Glatte, Vertiefte oder Erhöhte, wurden in der Jugendstil-Glaskunst die Techniken des alten China als Vorbild für die geschnittenen und geätzten Vasen genommen. Zu den bedeutendsten Glasformern des Jugendstils zählen Louis Comfort Tiffany für Glas aus den USA, Émile Gallé und Daum Frères für Glas aus Frankreich und Johann Loetz Witwe, Lobmeyr und Meyr’s Neffe für Glas aus Österreich. 

Museale Stücke 

Die Beliebtheit der Jugendstil-Glasvasen mit ihrem besonderen Dekor aus buntem Überfangglas (Kameoglas) oder irisierendem Glas ist bis heute ungebrochen. Glasobjekte des Jugendstils werden auch gerne gesammelt. „Besonders gefragt sind außergewöhnliche oder museale Objekte der wichtigen Glashersteller der jeweiligen Länder. Bei einer guten Wertanlage ist es wichtig, dass die Nachfrage nach diesen Objekten konstant ist oder steigt, denn somit steigt auch deren Wert. Es gibt nur eine begrenzte Anzahl der seltenen Stücke, und es kann nichts mehr nachproduziert werden. Museen tragen hier eine Schlüsselrolle, sie bringen die Kunst einem breiten Publikum näher und schaffen somit Bewunderung und schlussendlich Nachfrage“, erklärt Kunsthändler Nikolaus Kolhammer aus Wien. Durch die hohe Nachfrage eigenen sich Jugendstil-Glasvasen auch als Wertanlage. „Allerdings sind es, wie in vielen anderen Bereichen auch, eher die außergewöhnlichen Stücke, die beispielsweise für Weltausstellungen oder als Einzelstücke gefertigt wurden. Solche Objekte erzielen auf dem Auktionsmarkt entsprechend herausragende Ergebnisse und sind bei all dem Wandel auf dem Markt immer noch wertstabil. Sehr gesucht sind – ganz generell – große Vasen der Manufakturen Daum Frères oder auch von Émile Gallé“, so Susanne Mehrgardt, Leiterin der Abteilung „Decorative Art“ bei Van Ham Kunstauktionen in Köln. 


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Qualität statt Quantität 

„Jede Glasmanufaktur hat ihre eigenen Besonderheiten und wird von Sammlern wegen unterschiedlicher Dinge geschätzt. Das Wichtigste generell aber ist der Zustand. Während bei einem Silber- oder Porzellanobjekt eine kleine Delle oder Beschädigung nicht unbedingt großen Wertverlust mit sich bringt, wird ein Schaden bei Glas völlig anders gewertet beziehungsweise entwertet er das Objekt stark. Sicherlich spielt aber auch die Provenienz des Stücks eine wichtige Rolle, und es wird besonders geschätzt, wenn man ein Objekt aus einer bekannten oder wichtigen Privatsammlung ergattern kann“, so Susanne Mehrgardt. Kolhammer empfiehlt Qualität vor Quantität zu setzen. „Kaufen Sie lieber eine Vase, die museale Bedeutung hat, statt fünf Objekte, die häufiger am Markt anzutreffen sind. Die Objekte im mittleren- und unteren Preissegment sind Schwankungen von Geschmack und Markt unterworfen, die Spitzenobjekte sind das nicht“, so Kolhammer, und weiter: „Mein seltenstes Stück habe ich vor Kurzem verkauft. Es handelte sich um eine fantastische Vase des Herstellers Johann Loetz Witwe, welche vom wichtigen Entwerfer Franz Hofstötter für die Pariser Weltausstellung 1900 entworfen wurde. Loetz erhielt für Hofstötters Entwürfe damals den Grand Prix, die wichtigste Auszeichnung für Kunsterzeugung dieser Zeit, und machte Loetz international bekannt.“ 

Bei Van Ham Kunstauktionen haben sich vor allem Sammlungen am deutlichsten eingeprägt. „Zuletzt wunderbare Objekte aus der Sammlung Olbricht, die wir sehr erfolgreich wieder in neue Sammlungen vermitteln konnten, wie die Vase ‚Les Corolles’ von Gabriel Argy-Rousseau, die für 6.450 Euro verkauft wurde. Als Einzelstück ist mir die Stangenvase „Vigne et Escargots“ von Daum Frères in Erinnerung. Sie wurde für 14.190 Euro verkauft.“ Bei Sotheby’s Paris wurde die Vase „Sur Socle Grand Iris“ von Emile Gallé um 435.000 Euro versteigert. Im Dorotheum in Wien erzielte eine Marqueterievase mit Narzissen von Gallé 44.220 Euro. 

Für den Ankauf von bedeutenden Stücken empfiehlt es sich, im Kunsthandel oder Auktionshäusern zu kaufen, da diese eine Garantie für die Echtheit übernehmen. Mit Angeboten auf Plattformen wie Etsy oder Ebay verhält es sich wie mit Flohmarkt-Fundstücken. Ein Sensationsfund ist möglich, aber eher ein Glücksfall. Auch ist die Provenienz schwer zu belegen, was für den Wiederverkauf entscheidend ist. Werden Stücke mit der Bezeichnung „Im Stile von …“ angeboten, handelt es sich um Repliken, nicht um Originale. 

Sichere Aufbewahrung 

Glas ist ein zerbrechlicher Werkstoff. Deshalb sollten Glasobjekte an einem geschützten Ort aufbewahrt werden, am besten in einer Vitrine, in Nischen oder einem Regal. Abgesehen von seiner Zerbrechlichkeit ist Glas relativ unproblematisch aufzubewahren. So kann ihm zum Beispiel Lichteinstrahlung nichts anhaben. Im Gegenteil, gerade ein schöner Standort im Sonnenlicht oder bei künstlicher Beleuchtung in einer Vitrine kann das Farbspiel, das bei Jugendstilglas so faszinierend und gesucht ist, besonders hervorheben. „Nur sollte es nicht unbedingt als alltäglich benutzte Blumenvase verwendet werden aufgrund der Ablagerungen, die dann im Inneren entstehen können. Aber auch das kann, wenn es einmal der Fall sein sollte, wieder entfernt werden“, so Mehrgardt. 

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