Nicht, wenn es nach Kim Eichler und Katharina Rapp geht. Beide arbeiten bei EY und haben dort das interne Women Network Germany gegründet. Im Interview berichten sie, warum es noch immer Netzwerke für Frauen braucht und wie es um die Zukunft der Gleichberechtigung bei der Arbeit steht.
Hallo Kim, hallo Katharina. Ihr habt 2022 ein internes Netzwerk für eure Kolleginnen gegründet. Was hat euch dazu bewogen?
Katharina: Ich hatte in den letzten Jahren das Glück, von anderen Frauen unterstützt und gefördert worden zu sein. Dafür bin ich sehr dankbar. Weil es aber nicht selbstverständlich ist, wünsche ich mir, dass jede Frau von einem Netzwerk profitieren kann, das ihr hilft, die täglichen Herausforderungen zu meistern. Die Themen sind natürlich sehr individuell. Während manche Kolleginnen vielleicht etwas Unterstützung brauchen, wenn es um klassische Business-Themen wie „Besser verhandeln“ geht, sind andere hier die absoluten Profis und eher an Best-Practices zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie interessiert. Wieder andere treiben die Karriereplanung und Familiengründung um.
Kim: Wir Frauen sollten deshalb darauf achten, uns noch mehr gegenseitig voranzubringen, um uns gegenseitig den Weg zum Erfolg zu ebnen – egal aus welcher Richtung wir kommen und wo wir hinwollen. Da hilft es, sich ein Netzwerk aufzubauen und sich inspirierende Mentorinnen zu suchen.
Netzwerke für Frauen sind grundsätzlich nichts Neues. Seid ihr „Late to the party“?
Kim: Wenn wir uns die Entwicklungen anschauen, dann könnte man vielleicht meinen, dass wir „spät dran“ sind. Fakt ist, dass die Entwicklung des Frauenanteils in den Vorständen der größten deutschen Unternehmen in den vergangenen 15 Jahren um rund 15 % angestiegen ist. Das liegt jedoch nicht allein an einem „allgemeinen Sinneswandel“, sondern ebenso an einer verschärften Regulatorik seitens der Regierung. Fakt ist aber auch, dass Deutschland im europäischen Vergleich noch immer die größte Entgeltlücke zwischen Frauen und Männern aufweist. So zeigt der Gender Gap Report 2022 sogar eine Rückwärtsentwicklung der wirtschaftlichen Teilhabe von Frauen auf ein Niveau, das wir bereits im 2009 verzeichneten. Deshalb glaube ich, dass wir genau richtig „auf der Party erscheinen.“
Und wie sieht es bei EY aus?
Katharina: Wir haben das große Glück, in einer globalen Organisation wie EY zu arbeiten, die sich schon lange für ein diverses und inklusives Arbeitsumfeld einsetzt. Unsere Vision, ein Women Network gemeinsam für und mit unseren Kolleginnen aufzubauen ist daher nur die logische Konsequenz. Wir sind davon überzeugt, dass die nötigen Grundsteine gelegt sind, sowohl EY-intern als auch extern, um die Stärkung der Frauen weiter zu fordern und zu fördern.
Was ist mit Männern? Können sich eure Kollegen am Women Network beteiligen?
Kim: Natürlich richtet sich das Netzwerk in erster Linie an unsere Kolleginnen bei EY. Wir wollen uns damit aber nicht abschotten. Vielmehr wollen wir Sichtbarkeit für die Themen schaffen und den Diskurs anregen. Und zu einer guten Konversation gehören immer mehrere Stimmen – und damit auch die unserer Kollegen.
Katharina: Wichtig ist uns aber auf jeden Fall, dass wir Frauen einen Raum geben, in dem sie sich sicher fühlen. Das heißt, ohne Bedenken ihre Sorgen und Nöte teilen zu können. Um das zu gewährleisten, wird es auch Formate geben, die women-only sind.
Welche Formate sind denn geplant?
Katharina: Im März haben wir zum Beispiel unsere erste Women Connect Night in München veranstaltet, an der rund 75 Kolleginnen teilgenommen haben. An dem Abend gab es eine Paneldiskussion sowie viel Zeit zum Netzwerken.
Den Blick in die Zukunft gerichtet. Wie sieht eure Vision für das Netzwerk aus?
Kim: In meiner Idealvorstellung wäre unser Netzwerk eine alltägliche Selbstverständlichkeit. Dazu gehört auch ein offener Umgang mit Fehlern. Nur wenn diese Dinge thematisiert werden, können Offenheit, gegenseitige Empathie und Vertrauen in einem Unternehmen gefördert und verankert werden.
Katharina: Wir haben nach der Vorstellung des Netzwerks so viel Enthusiasmus, Begeisterung und Motivation gesehen – das war sehr beeindruckend und hat das große Potenzial und das Bedürfnis nach solchen Netzwerken gezeigt. Wenn ich also an die nahe Zukunft denke, sehe ich eine Plattform, die lebt, die jeden Tag stärker wird und die auch allen Beteiligten Spaß macht.
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