Ihr Vorname ist Solveig. Aus dem Nordischen übersetzt heißt das „die Kraft des Hauses“. In welche Aufgabengebiete fließt derzeit Ihre Energie?
Ich bin Mitglied des vierköpfigen Vorstands und in meiner Rolle als COO East für alle unsere Geschäftsfelder – also Lösungen für die Gebäudehülle in den Bereichen Neubau und Renovierung als auch für Infrastrukturlösungen im Wasser- und Energiemanagement – in Zentral- und Osteuropa zuständig. In den letzten Jahren und auch besonders aktuell sind wir sehr stark damit beschäftigt, unsere Nachhaltigkeitsziele zu verfolgen. Das Spannende ist, dass wir in dieser Transformation Vorreiter sind und hier bereits einiges bewegt haben.
Worum geht es konkret bei dieser Transformation?
Zum einen geht es darum, den CO2-Fußabdruck in unserer Produktion auf ein Minimum zu reduzieren. Wir wollen unsere Industrie bis 2050 komplett dekarbonisieren und machen das mit ganz klaren Zielen und entsprechenden Maßnahmen. Darüber hinaus entwickeln wir Lösungen, die einen wesentlichen Einfluss auf Gebäude haben – konkret auf das Energiemanagement. Und das dritte große Thema lautet Wassermanagement. Es gibt mittlerweile viele Wetterextreme mit langen Trockenperioden und Überschwemmungen aufgrund von Starkregen. Die Infrastruktur muss darauf ausgelegt werden, Regenwasser zu sammeln, zu speichern und wiederzuverwerten. Mit unseren Regenwassermanagementsystemen von Pipelife, inkl. smarter Sensorik und digitaler Technik, in Kombination mit unseren unversiegelten Semmelrock Flächenbefestigungen, bieten wir beispielsweise ein komplettes Portfolio an Möglichkeiten, um genau das zu tun.
IT und Digitalisierung sind in der Baubranche generell ein Riesenthema – vom Dachflächenkonfigurator für Partnerbetriebe bis hin zu AI-gestütztem Workload-Management von Ziegelwerken. Wie erleben Sie das bei wienerberger?
Ich bin seit mittlerweile sieben Jahre bei wienerberger tätig. Als ich angefangen habe, war eines der großen Themen die digitale Transformation, insbesondere in der Baubranche. Meine erste Erkenntnis damals war, dass die gesamte Branche in der digitalen Transformation an vorletzter Stelle im Vergleich mit anderen Industrien stand. Seitdem haben wir eine massive Aufholjagd hingelegt. Wie das möglich war? Indem wir eine klare Strategie vorgelegt haben. Das geht nicht mit einem einzigen Projekt. Man muss sich auf vielen Ebenen verändern – auch intern. Zu Beginn haben wir uns die Frage gestellt, welche unserer eigenen Prozesse wir optimieren können, indem wir neue oder modernere digitale Tools einführen. Das zweite große Thema ist: Wie verändert sich die Interaktion mit unseren Kunden und Partnern und wie können wir durch digitale Werkzeuge ihr Leben einfachen machen. Die dritte Ebene ist die Kür: Da werden dann neue digitale Geschäftsmodelle gestartet.
Die Digitalisierung hat aber auch Nachteile. Wie stehen Sie zum Thema digitale Auszeit? Sowohl persönlich als auch als Vorgesetzte Ihren Mitarbeiter:innen gegenüber?
Mir persönlich liegt dieses Thema sehr am Herzen. Die digitale Welt hat wahnsinnig viele Vorteile, das steht außer Frage. Für mich ist es aber auch wichtig, Zeit in der Natur zu verbringen. Ich gehe gerne wandern, Radfahren oder segeln, und das auch ohne Handy. Zeitweise bzw. stundenweise am Wochenende muss das in jeder Position möglich sein. Und ich finde, man muss auch den Mitarbeiter:innen eine gewisse Individualität in ihrer Zeiteinteilung zugestehen. Wo ich persönlich sehr diszipliniert bin: Ich versuche, am Wochenende keine E-Mails zu verschicken – auch, wenn ich persönlich das Wochenende gerne nutze, um mich auf Termine und Themen vorzubereiten. Denn ich bin mir sehr wohl darüber bewusst, dass eine E-Mail von mir in meiner Rolle am Wochenende als Arbeitsaufforderung verstanden werden könnte. Wir haben im Unternehmen auch eine E-Mail-Richtlinie, damit sich Mitarbeiter:innen darüber bewusst sind, welche Verantwortung sie beim Versand von E-Mails haben und welche Zeiten eingehalten werden müssen, damit auch die Arbeitszeiten der Kolleg:innen respektiert werden.
Was ist in der Mitarbeiter:innen-Führung noch essentiell? Sie haben 2022 in einem Interview erwähnt, die wichtigsten Leadership-Skills wären Entscheidungen erklären und zuhören können. Sehen Sie das nach wie vor so?
Das hat sich nichts geändert. Zuhören zu können ist wichtig. Das ist eine der großen Herausforderungen in Führungspositionen: sich ganz bewusst die Zeit für individuelle Gespräche zu nehmen. Ich versuche immer draußen in unseren Werken zu sein und mit den Leuten persönlich zu sprechen, zu hören was sie beschäftigt, was sie bedrückt, aber auch welche neuen Ideen sie haben. Wir sehen bei uns im Unternehmen sehr viel Leidenschaft für die unterschiedlichsten Dinge, die getan werden. Das muss man nutzen und wertschätzen. Die zweite wichtige Komponente ist das Erklären: Wie sieht die Zukunft aus? Welche Möglichkeiten haben wir als Unternehmen etwas zu verändern? Wir haben ein wahnsinnig tolles Portfolio an Lösungen, die wirklich einen Beitrag dazu leisten, dass das Thema CO2-Neutralität kein Hirngespinst bleibt, sondern tatsächlich umgesetzt werden kann. Und das ist gar nicht so kompliziert. Wir können heutzutage Häuser bauen, die um 80% energieeffizienter sind als Gebäude, die in den 50er und 60er Jahren gebaut wurden. Das ist ein gewaltiger Schritt. In Zukunft wird jedes Dach ein Energielieferant, ein Wassersammler sein. Das sind Themen, die man seinen Mitarbeiter:innen immer wieder vermitteln muss, denn wir haben wahnsinnig tolle Projekte – und wahnsinnig tolle Jobs. Bei wienerberger hat man wirklich die Möglichkeit, den Wandel mitzugestalten.wien