StartInnovationTechWie FinTechs die zunehmenden Anforderungen im Regulatory- und Compliance Bereich erfüllen

Wie FinTechs die zunehmenden Anforderungen im Regulatory- und Compliance Bereich erfüllen

Die Erfüllung von Regulationen im FinTech Bereich wird zunehmend zu einer großen und technisch anspruchsvollen Aufgabe. Linda Stein ist Executive Director bei Dock Financial in Luxemburg und spricht im Interview mit SHEconomy über ihre Funktion als Geschäftsleiterin und was die erhöhten Anforderungen im Regulatory- und Compliance-Bereich für die Branche bedeuten.

Frau Stein, Sie sind Executive Director und Geschäftsleiterin bei Dock Financial in Luxemburg. Was sind hier Ihre Aufgaben?

Dock Financial S.A. ist ein reguliertes E-Geld-Institut im Großherzogtum Luxemburg. Zu meinen zentralen Aufgaben als Executive Director gehört das Entwickeln und Umsetzen von Strategien zur Förderung der Mission und „Stimme“ der Dock Gruppe. Hierbei ist es wichtig, ein effektives Team aufzubauen. Zusammen mit dem Team wird sichergestellt, dass die täglichen Aktivitäten und langfristigen Pläne des Unternehmens den festgelegten Richtlinien und gesetzlichen Vorschriften entsprechen. Es ist von fundamentaler Bedeutung, dass vertrauensvolle und transparente Beziehung mit der Aufsichtsbehörde (und anderen externen Behörden) sowie den Partnern aufgebaut und gepflegt wird.

Dock Financial erlaubt es seinen Partner:innen Zahlungskonten und -karten zu gestalten. Was kann man sich darunter vorstellen?

Dock Financial stellt Mastercard-Debitkarten für B2C- und B2B-Kunden aus. Jeder Kunde erhält ein E-Geld-Konto mit einer individuellen virtuellen IBAN und eine oder mehrere dazugehörige virtuelle oder physische Mastercard-Karten, die mit diesem E-Geld-Konto verbunden sind. Damit lassen sich, wie mit jeder klassischen Karte auch, z. B. Einkäufe tätigen. Interessanter wird es aber, wenn diese Karten in Echtzeit ausgestellt werden, zum Beispiel von Ihrer KfZ-Versicherung im Notfall. So müssen Sie nicht für die Kosten aufkommen und die Versicherung hat weniger Aufwand in der Schadensabwicklung.

Besonders im Regulatory- und Compliance-Bereich sind die Anforderungen an Firmen, FinTechs und Banken extrem hoch geworden. Was bedeutet das für die Branche?

Ein FinTech zu leiten, ist die ständige Suche nach einem Äquilibrium zwischen dem zunehmenden regulatorischen Druck und einer sich schnell wandelnden Geschäftswelt. Die Finanzindustrie ist ein stark regulierter Markt. Aber auch wenn die Anforderungen sehr hoch sind, können FinTechs diesen in unterschiedlicher Weise gerecht werden. Mit leistungsfähiger und skalierbarer IT-Infrastruktur, entsprechender Digitalisierung von Prozessen und effektiver interner Organisation haben FinTechs einen Vorteil gegenüber den großen traditionellen Finanzinstituten. FinTechs sind in der Lage, mit ihren überschaubaren, klar definierten Prozessen mit kurzen Kommunikationswegen, schnell und effizient ein Produkt anzubieten. Demzufolge ist die FinTech-Branche mit steigender Regulierung absolut konkurrenzfähig.

Die Erfüllung der Bandbreite an Auflagen und Regulationen war in der Vergangenheit extrem kostenintensiv. Was hat sich verändert beziehungsweise was kann sich verändern, um dies effizienter und kostengünstiger zu gestalten?

Wir arbeiten daran, dass der „Tech“-Bestandteil unseres FinTech leistungsfähig und skalierbar ist. Mit solider IT-Infrastruktur und digitalisierten Prozessen wird man effizient in diversen Geschäftsbereichen. Wenn man auf dem Feld der Regulatorik unterwegs ist, muss man darauf achten, dass man als Unternehmen auch qualifizierte und motivierte Mitarbeiter*innen hat, die dann all diese Tools erfolgreich umsetzen. Die Kombination aus ordentlicher IT-Architektur und kompetentem Team, das diese im FinTech-Alltag anwendet, ist meines Erachtens der Schlüssel zum (kosten)effizienten Gestalten des regulierten Geschäfts.

Sie kommen aus dem juristischen Bereich, arbeiten aber bereits seit 2011 in einem wirtschaftlichen Kontext. Wie sah ihr Weg bis hierher aus?

Ich hatte immer das Gefühl, dass die Tätigkeit als Anwältin in einer Anwaltskanzlei, obwohl sehr herausfordernd und aufregend, mir keine vollständige Verbindung zu den tatsächlichen Geschehen innerhalb von Unternehmen und den Entscheidungsprozessen vermittelt. Daher interessierte ich mich schon immer für das Innenleben von Unternehmen und suchte nach Möglichkeiten, wo ich mit meinen juristischen Kenntnissen und Erfahrungen einen Beitrag zur Unternehmensentwicklung leisten konnte. Bei einem Unternehmen in der freien Wirtschaft hat man viel mehr Werkzeuge in der Hand, um das Geschehen aktiv zu beeinflussen, nicht nur durch juristisches Wissen, sondern auch durch Führungs- und Managementqualitäten, zwischenmenschliche Beziehungen und Ähnliches.

Besonders die Finanz ist nach wie vor ein sehr männerdominierter Bereich. Würden Sie behaupten, dass hier in den letzten Jahren ein „Change“ stattfindet?

Oh ja, absolut. Die positive Wandlung ist sehr eng im Zusammenhang mit dem Begriff Diversity zu sehen. Was hier meines Erachtens wichtig ist, dass erfolgreiche Unternehmen es erkannt haben und umsetzen. Hierbei meine ich nicht nur das überaus wichtige Thema der Gender Diversity, das jetzt überall in der Öffentlichkeit thematisiert wird. Viel wichtiger ist es, auf Diversity of Mind zu achten. Wenn wir uns zum Beispiel die Zusammensetzung von Vorständen anschauen: Ein Unternehmen entfaltet sich viel schneller und besser, wenn es Mitarbeiter*innen auf der Führungseben hat, die Business-Aspekte aus verschiedenen Blickwinkeln betrachten und demzufolge entsprechenden Mehrwert beitragen.

Die Förderung von Unternehmerinnen sollte oben auf der Agenda stehen

Was müssen wir tun, um mehr Frauen in Positionen, die vergleichbar mit Ihrer sind, zu holen?

Ich denke, die Schaffung von Quoten oder verbindlichen Mindestanforderungen für Frauen in Führungspositionen werden das Problem nicht lösen, da dies der Natur des freien Wettbewerbs widerspricht. Dennoch sollte die Förderung von Unternehmerinnen oben auf der Agenda stehen. Je mehr Unternehmerinnen es gibt, desto mehr Gleichberechtigung werden wir in den Teams und Chefetagen sehen.


Zur Person

Linda Stein ist Executive Director und Geschäftsleiterin bei Dock Financial in Luxemburg. Sie ist zuständig für die rechtliche und regulatorische Strategieentwicklung, die geschäftliche Umstrukturierung, die Personalplanung und die Kommunikation mit Investoren. Als Geschäftsleiterin unterhält sie zudem die Beziehung zur Finanzaufsicht und repräsentiert das Unternehmen in Luxemburg. An ihrer Position bei Dock Financial begeistert die 38-Jährige, das Äquilibrium zwischen den aufsichtsrechtlichen Anforderungen an die Finanzinstitute und den geschäftlichen Interessen auszuarbeiten. Sie spricht Deutsch, Englisch, Französisch und Russisch. Linda Stein ist Mitglied des Luxemburgischen Geschäftsführer-Instituts ILA (Institut Luxembourgeois des Administrateurs) und von der luxemburgischen Aufsicht des Finanzsektors in ihrer Position als Geschäftsleiterin zugelassen.

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