Andrea Viehauser, Managing Director bei der international tätigen Personalberatung Amrop Jenewein, beobachtet derzeit ganz genau, welche Auswirkungen die Corona Krise auf den Arbeitsmarkt hat und wie sich die von der Regierung gesetzten Maßnahmen auf Bewerbungsprozesse auswirken. Wir haben mit ihr gesprochen.
Wie wirkt sich Corona auf den Jobmarkt aus? Welche Branchen suchen momentan verstärkt?
Wir beobachten als Personalberatung grundsätzlich keine verminderte Nachfrage nach Top-Führungskräften weil ein Großteil der Unternehmen das langfristige Wachstum im Fokus haben. Vakante Positionen sollen nach wie vor zügig besetzt werden, wobei die Vorsichtsmaßnahmen in Hinsicht Covid-19 den Rekrutierungsprozess (aus verständlichen Gründen) etwas verzögern. Dennoch trifft die Corona Krise Luftfahrt, Gastronomie, Hotellerie, Eventmanagement und Öl/Gas besonders hart. Andere Branchen wie beispielsweise Banken, die Automobilindustrie, die Modeindustrie und Industrien, die Luxusgüter verkaufen, sind ebenfalls betroffen.
Wir gehen aber davon aus, dass speziell Branchen in der medizinischen Versorgung, der allgemeinen Gesundheitsfürsorge, aber auch der Medien und Unternehmen, die mit der Entwicklung von E-Learning- und E-Commerce-Tools zu tun haben, verstärkt rekrutieren werden. Darüber hinaus natürlich auch der Lebensmittelhandel, Logistikunternehmen sowie Telekom/IT Unternehmen.
Die Maßnahmen der Regierung wirken sich auch erheblich auf Bewerbungsprozesse aus. Bewerbungsgespräche werden in erster Linie digital durchgeführt. Wie gut oder schlecht sind die österreichischen Firmen hier Ihrer Meinung nach aufgestellt?
Generell haben die österreichischen Unternehmen sehr gut und rasch auf den Shutdown reagiert; dies quer durch die verschiedenen Branchen. Die entsprechende IT-Infrastruktur (Laptops etc.) konnte für das Arbeiten im Home Office zur Verfügung gestellt werden. Am schlechtesten vorbereitet waren jedoch Banken und die öffentliche Hand.
Grundsätzlich ist die Kommunikation über Video sehr einfach einzurichten. Das Grundproblem in vielen Bereichen ist, dass die Datenleitung nicht die gewünschte Qualität bieten. 95 Prozent aller Anbieter stellen zwar ausreichen Bandbreite zur Verfügung. Da diese jedoch sehr große Schwankungen und Aussetzer haben, ist die Video-Telefonie oft sehr holprig. Im privaten Umfeld kann dies mittels Mobiltelefonen recht gut abgefedert werden. Das Thema Sicherheit sollte jedoch unbedingt beachtet werden. Hersteller wie WhatsApp, Microsoft Teams, Cisco Webex etc. bieten hier verschlüsselte Dienste an. Diese sind recht stabil und einfach zu bedienen. Viele gratis Apps haben dies nicht und können daher sehr einfach gehackt und abgehört werden. Mit professionellen Applikationen können auch problemlos Dateien geteilt und gemeinsam bearbeitet werden.
Worauf sollten Unternehmen bei Bewerbungsgesprächen über Video besonders achten?
Unternehmen sollten datenschutzkonforme Videosysteme (beispielsweise Skype for business, GoToMeeting, Webex etc.) verwenden und den Bewerbern die Einladung zum Interviewtermin per Link des jeweiligen Videosystems zusenden. Nicht jedem Kandidaten stehen privat obige Videosysteme im Home Office zur Verfügung. Die Interviewpartner auf Unternehmensseite sollten in Hinsicht der Anwendung der Technik genauso gut vorbereitet sein wie die Bewerberin oder der Bewerber. Außerdem sollte die Moderatorin oder der Moderator auf Unternehmensseite ebenso seine Kamera aktiviert haben wie die Bewerberin oder der Bewerber. Dies zeigt Wertschätzung und schafft ein positives Gesprächsklima.
Teilt die Moderatorin oder der Moderator während des Interviews seinen Bildschirm mit der Bewerberin oder dem Bewerber, um zum Beispiel Präsentationen zu besprechen, sollte darauf geachtet werden, dass nicht währenddessen auch andere Fenster (z.B. Outlook Kalender etc.) am Bildschirm geöffnet sind, da alle KonferenzteilnehmerInnen dies sehen können.
Welche Rolle spielt die Wahl des Outfits tatsächlich? Wirkt es sich tatsächlich auf meinen Auftritt vor der Webcam aus, ob ich eine Jogginghose oder einen schönen Rock anhabe?
Bitte kleiden Sie sich so, wie wenn Sie physisch gegenübersitzen würden. Eine Videokonferenz ist keine Einladung dazu sich lockerer zu kleiden. Dies betrifft auch den Teil, der von der Kamera nicht erfasst wird. Bedenken Sie auch immer, dass man auch einmal aus unvorhergesehen Gründen aufstehen muss, weil es beispielsweise Probleme mit der Technik gibt. Damit käme dann Ihre Jogginghose doch zum Vorschein. Ein vollständiges business likes Outfit hilft auch Ihnen selbst sich besser auf die Gesprächssituation einstellen zu können. Zudem zeigt Ihre Kleidung Wertschätzung gegenüber Ihrer Gespächspartnerin oder Ihrem Gesprächspartner.
Im zweiten Teil zum Thema »Bewerbungsgespräche digital« verrät uns Andrea Viehauser die wichtigsten Regeln für Video-Bewerbungsgespräche. Und selbstverständlich auch sämtliche No-Gos.