Warum und seit wann lebst und arbeitest Du im Van?
Ich lebe nun seit 2021 in meinem New Work Van. Mich treibt meine Freiheitslust und meine Neugier an: Warum leben, wohnen, reisen und arbeiten wir, wie wir es tun – und geht es auch anders? Denn wir hatten hier in Mitteleuropa noch nie so viele Möglichkeiten, aber leben gleichzeitig recht vorgefertigte Lebensentwürfe. Dass wir Neues ausprobieren ist nicht nur – das ist mir wichtig zu betonen – Selbstzweck für mehr Selbstverwirklichung und individuelle Zufriedenheit, sondern auch Faktor für einen gesünderen Planeten, gesündere Menschen, eine stabilere Gesellschaft und eine erfolgreiche Wirtschaft.
Wie bist Du drauf gekommen, das Vanlife mit Business zu verbinden?
Ich habe als sehr nomadische Seele schon mehrere Lebensformen ausprobiert – von der Weltreise bis zum Zugnomadinnen-Leben mit der BahnCard 100 im Studium. In Australien im Wohnmobil merkte ich, wie gut mobiles Leben funktioniert – so entstand dann im ersten Corona-Lockdown die Idee, mit dem New Work Van nicht nur selbst mobil zu leben, sondern auch einen fahrbaren Coachingspace und Workshopraum zu kreieren.
Wie planst Du die Route?
Meine Route ergibt sich aus analogen Kundenterminen, meinen Vorträgen, Fortbildungen, Treffen mit Freunden und meinen Freizeitaktivitäten. Meist bleibe ich in Deutschland, gelegentlich bin ich auch in Europa unterwegs. Dieses Jahr war ich zum Beispiel anlässlich meiner Outdoor-Ausbildung einen Monat in Skandinavien mit dem Van unterwegs und habe währenddessen weiterhin mobil gearbeitet. Manche Termine stehen monatelang vorher fest, andere ergeben sich spontan. Ich teile jeden Monat auf LinkedIn meine Route, daraufhin melden sich immer wieder interessierte Personen und Unternehmen bei mir.
Wie sieht ein typischer Job- und Van-Tag aus?
Einen typischen (Arbeits-)Tag im Van gibt es nicht. Termine vor Ort, wie Workshops und Vorträge, und meine digitalen Meetings und Coachings geben den festen zeitlichen Rahmen vor, üblicher Weise bin ich an mehreren Orten pro Woche. Drumherum organisiere ich meinen Vanlife-Haushalt sowie Treffen mit Freunden und Familie, Fitnessstudio-Besuche etc. Immer geprägt wird mein Arbeitstag von dem Ort an dem ich bin: Ich erkunde eine Stadt, die ich noch nicht kenne, spaziere durch den Wald, neben dem ich geschlafen habe, oder schaue mir ein Museum in der Umgebung an – und bekomme dort auch oftmals Inspirationen für meine Arbeit.
Was war Dein coolster Workshop mit einer Organisation, wie sah das aus?
Ich arbeite in sehr unterschiedlichen Formaten mit meinen Teams, vom LEGO Serious Play-Workshop am Konferenztisch bis zum Outdoor-Workshop. Mein aktuelles Lieblingsformat ist mein Workshop „Leading with Fire“, bei dem wir den Tag draußen verbringen, auf verschiedenen Weisen das Feuermachen üben und daraus Erkenntnisse für die Führungs- oder Teamkultur sowie die Organisationsentwicklung ziehen.
Wie überwinterst Du?
Ich haben meinen Van beim Ausbau isoliert und er hat eine Heizung, ist also wintertauglich. Üblicher Weise bin ich fast das ganze Jahr in Deutschland, den Winter im Van finde ich sehr gemütlich. Letzten Winter war ich zum ersten Mal ein paar Wochen in Spanien, das war eine schöne Abwechslung.
Wo fühlst Du Dich zuhause und warum? Wo ist Deine Postadresse?
Gemeldet bin ich in meiner Heimatstadt Bielefeld, meine Post kommt inzwischen zu 95% digital zu mir. Ich fühle mich fast überall zu Hause, sowohl in meinem Van als auch an den meisten Orten, an denen ich mit ihm bin, und Netzwerk an Orten wächst ständig. Da ich meinen Van selbst ausgebaut und eingerichtet habe, fühlt er sich quasi noch persönlicher an als eine klassische Wohnung.
„In einer klassischen Wohnung würde ich mich eingeengt fühlen“
Was fehlt manchmal?
Tatsächlich vermisse ich nichts – außer mein Klavier, das natürlich nicht in den Van passt. Dafür bin ich aber auf Ukulele und Hang umgestiegen.
Was ist unbezahlbar?
Die Freiheit, meinen Alltag selbst zu gestalten, jeden Tag woanders zu sein und Arbeit mit Abenteuer zu verbinden. Auch die vielen kleinen Erlebnisse und Begegnungen unterwegs. Ich gehe mit sehr wachen Augen durch die Welt und finde überall Inspiration und Schönheit, ob in Landschaften, Architektur oder Menschen, im Winter wie im Sommer.
Ist ein fester Wohnsitz noch vorstellbar?
Aktuell tatsächlich nicht. Ich fühle mich im Van absolut wohl, genieße es, der Natur so nahe und so ortsflexibel zu sein. In einer klassischen Wohnung würde ich mich eingeengt fühlen.
Du hast kürzlich ein kleines Festival für Family and Friends veranstaltet – wie pflegst Du persönliche Beziehungen?
Meine Freunde & Familie leben in ganz Deutschland verteilt. Gerade durch meinen Lebensstil ist es mir möglich, mit vielen in sehr engem und häufigen Kontakt zu sein. Ich bin im Alltag sehr gerne alleine und freue mich dann immer wieder auf die Begegnungen. Außerdem habe ich zwei Vanlife-Freundeskreise, mit denen ich mich mehrmals im Jahr auf Vanlife-Events und Festivals treffe.
Wie funktioniert die Van-Community?
Es gibt in Deutschland dutzende Vanlife-Communitys und Events, die man im Laufe des Jahres besuchen kann. Ich selbst veranstalte das jährliche BarCAMP New Work, das erste Business-Camp, und bin Mitgründerin des Female Vanlife Weekends, bei dem wir uns zwei Mal im Jahr mit Vanliferinnen auf einem Campingplatz treffen. Über Apps gibt es auch die Möglichkeit, sich mit noch fremden Vanlifern zu vernetzen, und auch Tipps zum Ausbau, Routen etc. gibt es viele online.
Wast hast Du genau beim BarCAMP New Work vor?
Das BarCAMP New Work vom 19. bis 21.September 2025 ist das erste Outdoor-Event rund um die neue Arbeitswelt. Wir campen zusammen auf einem Naturcampingplatz zwischen Fulda und Würzburg und barcampen rund um neue Arbeitsformen: Die Teilnehmenden bringen also ihre Themen und Ideen mit, tagsüber arbeiten wir, und abends sitzen wir zusammen am Lagerfeuer. Ursprünglicher geht das Netzwerken nicht! Ich selbst genieße das Arbeiten in der Natur und freue mich darauf, zum ersten Mal mit Gleichgesinnten unsere Arbeitswelt unter freiem Himmel weiterzuformen.
Welche Learnings kannst Du weitergeben?
Ich möchte Menschen und Organisationen inspirieren, Leben und Arbeit neu zu denken. Das geht am einfachsten, in dem man schnell ausprobiert, auch verrückten Ideen eine Chance gibt und sich immer wieder fragt: Wie könnten wir das anders machen? Das Vanlife kann eine tolle Lebensweise für Abenteurer sein, aber man muss nicht in einem Fahrzeug leben, um ein freieres, selbstbestimmtes Leben zu leben, oder um als Organisation neue Wege zu gehen.