Zuckertag bietet Fremdbetreuung ab dem ersten Lebensmonat – ein Angebot, das nicht überall Zustimmung findet. Was entgegnen Sie Kritiker*innen?
Ich mag das Wort „Fremdbetreuung” nicht – denn wir sind den Kindern nicht fremd. Unsere Pädagog*innen bauen schnell eine enge Beziehung auf. Für Eltern ist es nie leicht, ihr Kind in andere Hände zu geben. Gerade Mütter erleben hier oft einen inneren Konflikt – verstärkt durch gesellschaftliche Vorurteile. Die Vorstellung, dass Betreuung erst ab einem bestimmten Alter „richtig“ ist, ist tief in konservativen Bildern verankert. Aber sie passt nicht mehr zur Lebensrealität vieler Familien – vor allem jener Frauen, die hochqualifiziert sind und ihren Beruf nicht aufgeben wollen. Für sie schaffen wir Angebote, die Vereinbarkeit tatsächlich ermöglichen.
Sie kombinieren Co-Working mit Kinderbetreuung. Wie wird dieses Modell angenommen?
Anfangs sind viele Mütter unsicher – darf ich das? Funktioniert das überhaupt? Aber meist schon nach kurzer Zeit merken sie: Es funktioniert sogar sehr gut. Das Co-Working ermöglicht den Müttern, in der Nähe des eigenen Kindes zu sein, aber gleichzeitig in ihrem Beruf aktiv zu bleiben. Die Wege entfallen, das gibt Zeit und Ruhe. Und das Gefühl: Ich bin da, wenn ich gebraucht werde – ohne mich selbst aufzugeben.
Ist Ihr Modell für alle Frauen zugänglich oder sprechen Sie eine bestimmte Ziel gruppe an?
Unser Ziel ist es, möglichst vielen Frauen Wegezu öffnen. Natürlich sprechen wir besonders Frauen an, die bereit sind, in ihre berufliche Zukunft zu investieren – denn unsere Kita Plätze kosten rund 1000 Euro im Monat. Aber wir bieten auch niederschwellige Angebote wie betreute Spielgruppen oder unsere „Babywelt“ an. Hier werden die Kinder an 9 Stunden pro Woche betreut. Zudem gibt es geförderte Plätze. Unser Ziel ist nicht, ein Luxusmodell zu bieten – sondern eines, das Frauen unterstützt, ihre Karriere fortzusetzen, ohne die Familie hintenanzustellen. Es geht darum, Betreuung nicht als Kostenpunkt zu sehen, sondern als Investition in die eigene Zukunft.
Wie sehen Sie die aktuelle Situation berufstätiger Mütter in Deutschland? Beobachten Sie gesellschaftlich eher Fortschritt oder einen Flashback in alte Rollenbilder?
Es ist ein Spagat: Auf der einen Seite sind mehr Frauen berufstätig denn je. Auf der anderen Seite erleben wir Rückschritte – etwa durch Kürzungen beim Elterngeld oder den Mangel an verlässlicher Kinderbetreuung. Der Staat sendet widersprüchliche Signale. Frauen sollen arbeiten – aber bitte nicht zu viel. Es fühlt sich für viele Mütter wie ein täglicher Balanceakt an – zwischen Selbstverwirklichung, wirtschaftlichem Druck, eigener Absicherung und gesellschaftlicher Erwartung.

Was haben Sie in den letzten Jahren über das Mutterbild in unserer Gesellschaft gelernt?
Dass es voller Widersprüche ist. Mütter sollen liebevoll, präsent, geduldig sein – aber auch stark, ehrgeizig und unabhängig. Sie sollen Karriere machen – aber bitte nur in Teilzeit. Früh wieder arbeiten – aber das Kind bloß nicht „zu früh“ betreuen lassen. Es gibt nicht mehr das eine klassische Mutterbild, aber ein realistisches, modernes Bild gibt es auch noch nicht. Als Unternehmerin sehe ich täglich Frauen, die alles unter einen Hut bringen wollen – Kind, Job, Partnerschaft und ein bisschen Zeit für sich selbst. Und die spüren: Es wird ihnen oft nicht leicht gemacht.
Gab es in ihrer Gründungsphase Momente, in denen Sie sich als Mutter rechtfertigen mussten – für Ihre Ambitionen, Ideen, vielleicht auch Ihre Entscheidungen?
Leider ja. Die häufigste Frage war nicht: Was willst du erreichen? Sondern: Warum machst du das – als Mutter? Warum kümmerst du dich nicht einfach um deine Familie? Es ging weniger um Interesse an meiner Idee als um die Frage, warum ich beruflich so ehrgeizig bin. Auch heute muss ich mich manchmal noch für meine berufliche Entscheidung rechtfertigen. Das macht mich nachdenklich.
Was wünschen Sie sich für die nächste Generation von Müttern?
Ich wünsche mir eine Gesellschaft, in der Vereinbarkeit selbstverständlich ist. In der Politik gezielt flexible Kita-Plätze schafft, Elterngeld gerecht strukturiert ist, und Unternehmen Verantwortung übernehmen.