StartBusinessEntrepreneur"Umsatz machen - aber nicht auf Kosten der Umwelt oder der Menschen"

„Umsatz machen – aber nicht auf Kosten der Umwelt oder der Menschen“

Geld verdienen und gut wirtschaften – das wollen Founder*innen, wenn sie ihre Unternehmen gründen. Was aber, wenn zu den Einnahmen und Ausgaben der Impact dazukommt? Wenn man persönliche Werte pflegt, sich der Gesellschaft verpflichtet fühlt und hohe Standards in der Produktion einhalten möchte? Drei Gründerinnen zeigen, wie dieser Spagat machbar ist.

Nachhaltigkeit + Investieren = Geld verdienen – eine Rechnung, die aufgeht. Zumindest für Sophie von Oertzen, Gründerin von Sophie Williamson Design. Sie entwirft fantasievolle Muster für Tischdecken, Stoffservietten, Kissenbezüge und Lampenschirme. Produziert wird in Indien unter hohem ethischem Anspruch, ausschließlich mit Biotextilien und einem umweltfreundlichen Druckverfahren.

„Dass sich in unserer Gesellschaft hartnäckig der Gedanke hält, nachhaltige Produktion und Geldverdienen ließe sich nicht vereinen, halte ich für veraltet. Natürlich möchte ich mit meiner Firma Umsatz machen, aber nicht auf Kosten der Umwelt oder der Menschen, die meine Produkte herstellen.“ Eine Frage, die sie sich stellt: „Wann wird endlich umgedacht und die echten Kosten, wie zum Beispiel die Verödung des Bodens in der regulären Baumwollwirtschaft, sowohl von Hersteller*innen als auch von Konsument*innen miteinbezogen?“ Ihre aktuell größte Herausforderung: In der Bau- und Inneneinrichtungsindustrie ein Bewusstsein für Nachhaltigkeit herzustellen. Aber Sophie von Oertzen hat Hoffnung. „Auffällig ist vor allem, dass die Auswirkungen von Polyester und Chemikalien in Textilien auf unsere Gesundheit einen immer wichtigeren Stellenwert einnehmen.“

Sophie von Oertzen lebt zurzeit mit Mann und drei Kindern in den USA, wo ihr Unternehmen seinen Sitz hat, wo auch ihr Hauptklientel ist. „In den USA geht es der Kundschaft vor allem um die Farben, die Designs und das Branding – der Nachhaltigkeitsfaktor spielt dort für die Konsument*innen keine so große Rolle. In Deutschland und Europa steht neben der Einzigartigkeit des Designs die Nachhaltigkeit hoch oben auf der Liste und hat großen Einfluss auf die Kaufentscheidung.“ Darum will Sophie von Oertzen ihre Marke hier auch noch bekannter machen. Sie ist überzeugt davon, dass sie mit ihren farbenfrohen Designs Schritt für Schritt eine Veränderung bewirken kann. „Für den Planeten, für uns selbst und für kommende Generationen.“

„Wir wollen Zivilisationskrankheiten wie Adipositas und Diabetes bekämpfen.“

Jaclyn Schnau, Gründerin Pumpkin Organics

Ähnlich empfindet es Jaclyn Schnau. Wenn sie über Babynahrung spricht, ist sie voll in ihrem Element. Sie wartet mit Zahlen, Daten und Fakten auf. Viele Jahre lang war die gebürtige Kanadierin in der Lebensmittelindustrie bei Big Playern tätig und erlebte den Preisdruck, der die Branche beherrscht. Sie kennt die Tricks, mit denen gearbeitet wird, damit die Einnahmen stimmen: So werden zum Beispiel bei Fertigprodukten unnötige Mengen an Zucker beigesetzt, als günstiger Geschmacksverstärker.

Erfolgreiches Gründerpaar: Jaclyn Schnau führt ihr Unternehmen mit ihrem Ehemann Florian.

Jaclyn Schnau, die inzwischen mit ihrer Familie in München lebt, wollte es (moralisch) besser machen: An der Isar gründete sie gemeinsam mit ihrem Ehemann Florian Schnau Pumpkin Organics, und stellt unter diesem Namen Babynahrung und -snacks ohne jegliche Zusatzstoffe her, dafür mit Gemüse in Bio-Qualität. Sie weiß, dass es Produkte gibt, mit denen sie mehr Gewinn einfahren könnte, aber das ist nicht ihr Antrieb: „Wir wollen Zivilisationskrankheiten wie Adipositas und Diabetes bekämpfen.“ Das geht nur, wenn man auf eine gesunde Zusammensetzung und hochwertige Zutaten setzt.

Jaclyn und Florian Schnau sind Eltern von zwei kleinen Kindern.

Bei Investor*innen punkten Jaclyn und Florian Schnau mit ihrem Business-Ansatz, der die Gesellschaft nachhaltig positiv beeinflussen soll – allein 2023 kamen in einer neuen Finanzierungsrunde 4,3 Millionen Euro zusammen. Unter anderem sind Unternehmerin Tijen Onaran und Schauspielerin Wolke Hegenbarth investiert.

Taschen als Gegenbewegung

Christina Stahl, die seit sieben Jahren in der Schweiz lebt, startet derweil in der Modebranche eine Gegenbewegung. Sie rief 2020 AMELI Zurich ins Leben. Das Handtaschen-Label steht nicht für Fast Fashion und immer neue Hypes, sondern schicke Klassiker in zeitlosen Farben und Formen, die dank hoher Qualität besonders langlebig sind „Unser Ziel ist es, Produkte zu schaffen, bei denen ein optimales Kosten-Nutzen-Verhältnis entsteht.“ Das heißt: Je länger und öfter die Kundinnen ihre Handtaschen tragen, desto besser.

„Unser Ziel ist es, Produkte zu schaffen, bei denen ein optimales Kosten-Nutzen-Verhältnis entsteht.“

Christina Stahl Gründerin AMELI Zurich

Die Modelle sind hochpreisig: eine Clutch kostet um 100 Euro, Laptop-Taschen über 600 Euro. Aber dafür wird unter fairen Arbeitsbedingungen in einem kleinen Handwerksbetrieb im norditalienischen Varese produziert. Materialien bezieht das Unternehmen ebenfalls transparent aus Italien, und während des gesamten Produktionsprozesses wird darauf geachtet, Ressourcenverschwendung zu vermeiden.

Christina Stahl will zum kontrollierten Konsum anregen. Und inspirieren: Dafür sorgt sie mit speziellen Kollektionen, die bisher in Zusammenarbeit mit Tech-Leaderin Annahita Esmailzadeh sowie Journalistin und Kriegsberichterstatterin Düzen Tekkal entstanden. Christina Stahl möchte insbesondere Frauen bestärken – ins Taschenleder eingravierte Botschaften wie „Break the bias“ oder „Sisterhood“ sollen als Reminder und Ansporn dienen. Bei der Kollektion mit Düzen Tekkal zum Internationalen Frauentag spendet AMELI Zurich zehn Prozent der Erlöse an die Menschenrechtsorganisation HÁWAR.help. „Das heißt, der Impact geht in diesem Fall weit über das Empowerment unserer Kund*innen und der Community hinaus.“

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