StartBusinessKarriereGender Bias im Recruiting: Überqualifikation als Eintrittskarte?

Gender Bias im Recruiting: Überqualifikation als Eintrittskarte?

Gender Bias machen auch vor der Arbeitswelt keinen Halt. Schließlich sind diese, nicht selten unbewussten, Vorurteile und Stereotype tief in der Gesellschaft und den Denkweisen der Menschen verwurzelt.

Sie können mit dem Begriff Gender Bias nicht viel anfangen? Lesen Sie hier und hier mehr zum Thema in unserer Topic of the Month Reihe zu Gender Bias nach.

Eine im Jänner 2022 publizierte Studie zweier amerikanischer Forscher:innen impliziert, dass Frauen eher für einen Job in Betracht gezogen werden, wenn sie überqualifiziert sind, als es bei Männern der Fall ist. Elizabeth Lauren Campbell (University of California San Diego) und Oliver Hahl (Carnegie Mellon University) führten ein Experiment durch. Sie ordneten identische Lebensläufe jeweils männlichen und weiblichen Kandidat:innen zu – alles außer den Namen war gleich. Die CVs einer Gruppe wurden so gestaltet, dass die Person offensichtlich überqualifiziert für eine bestimmte Jobausschreibung war, die andere Gruppe beinhaltete besonders geeignete Kandidat:innen. Personalverantwortliche sollten dann die Eignung der Bewerber:innen für die Stelle beurteilen.

Das Resultat: männliche Bewerber aus der Gruppe der Überqualifizierten wurden häufiger abgelehnt, als weibliche Bewerberinnen derselben Gruppe. Allerdings wurden Frauen aus der Gruppe der Qualifizierten weniger häufig eingestellt, als qualifizierte Männer. Das bedeutet, die Personalverantwortlichen stellten eher überqualifizierte Frauen als überqualifizierte Männer ein, präferierten aber qualifizierte Männer im Vergleich zu qualifizierten Frauen. Heißt das also, dass Frauen überqualifiziert sein müssen, quasi ein Extra mitbringen sollten, um einen Job zu bekommen, während Männer für denselben Job „nur“ die geforderten Fähigkeiten benötigen?

Die Studie hinterfragte weiters die Beweggründe für die Entscheidungen der Personalverantwortlichen. Diese stellten sich als problematisch heraus: Es herrschte die Überzeugung, überqualifizierte Männer würden nicht lange in der Position bleiben, da sie durch ihre Überqualifikation „zu gut“ für den Job wären und ihn bald wieder verlassen würden. Überqualifizierte Frauen hingegen wurden als engagiert angesehen, sie würden Beziehungen stärker schätzen und den Job daher weniger wahrscheinlich für eine bessere Position wieder aufgeben. Bei der Gruppe der qualifizierten Kandidat:innen hingegen wurden die männlichen Bewerber als engagierter wahrgenommen, als Frauen mit einem identischen Lebenslauf (Quelle: Quartz at Work).

Bias Breaker: KIs problematisch, Hilfe durch anonymisierte Bewerbungen

Die Studie zeigt gut auf, wie gängige Gender Stereotype im Recruiting funktionieren. Frauen müssen für die selbe Position nicht selten mehr geben und/oder mitbringen, als ihre männlichen Kollegen, um sich im Job zu beweisen.

Wie kann man nun Gender Bias im Beruf, speziell bei Personalentscheidungen, vermeiden? Häufig werden Systeme, die auf künstlicher Intelligenz basieren, als Lösungsvorschlag gebracht. Allerdings weisen Studien darauf hin, dass Geschlechtervorurteile durch KIs (künstliche Intelligenzen) nur verstärkt werden. Grund dafür ist oft, dass solche Systeme von Menschen programmiert werden und durch kontinuierliche Datenansammlung intelligent werden. Da Programmierer:innen aber auch Menschen mit bewussten und unbewussten Vorurteilen sind, werden diese ins System übernommen, welches die Denkweisen dann reproduzieren. Wie in anderen von Gender Bias betroffenen Bereichen ist (Selbst-)Reflexion der erste Schritt zur Besserung, Verantwortliche können zudem in diese Richtung geschult werden, um sich ihrem Einfluss bewusst zu werden.

Anonymisierte Bewerbungen oder Lebensläufe sind eine weitere Möglichkeit, um Gender Bias im ersten den Kampf anzusagen. Auch hier gibt es Forschungen im Bereich der Wissenschaft, die nahelegen, dass anonymisierte Bewerbungen von Frauen häufiger angenommen werden, wenn ihr Geschlecht nicht auf den ersten Blick ersichtlich ist.

Quelle: Stefanie K. Johnson, Jessica F. Kirk, Harvard Business Review | Anmerkung: Bewerbungen von Frauen machten einen Anteil von 28% aus.

Dass objektive, transparente Kriterien zur Bewertung von Berwerber:innen zum Einsatz kommen sollten, versteht sich von selbst. Diverse Tools können darüber hinaus helfen: beispielsweise der Diversifier des Unternehmens Witty Works, der dabei unterstützt, Jobausschreibungen in inklusiver und gendergerechter Sprache zu verfassen.

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