Die Luftfahrtbranche ist klar männerdominiert. Auch wenn der Anteil von Frauen im Cockpit von Jahr zu Jahr steigt, wird es noch Jahrzehnte dauern, bis eine Frauenquote von 50 Prozent erreicht ist. Beschleunigen kann das die frühe Begeisterung für MINT-Berufe bei jungen Frauen und das Schaffen von Vorbildern.
Jahrtausendelang war die Fliegerei nur in der Fantasie des Menschen möglich. Die ersten Menschen, die den Flug in die Höhe gewagt haben sollen – so überbringt es zumindest der griechische Mythos – waren Dädalus und Ikarus. Sie bauten sich Flügel aus Federn und Wachs und entflohen so dem Minotaurus auf der Insel Kreta. Ende des 19. Jahrhunderts entdeckte Otto Lilienthal das Flugprinzip „schwerer als Luft“ und führte mehrere erfolgreiche Gleitflüge mit seinem Flugapparat durch. Rund 130 Jahre später können Menschen mit der modernen Luftfahrt Strecken in einer Zeit und Geschwindigkeit zurücklegen, die sich Otto Lilienthal wohl nicht zu träumen gewagt hätte.
Täglich bringen rund 200.000 Flugzeuge Passagiere und Fracht von einem Punkt auf der Erde zum anderen. Am Steuerhorn der Flugzeuge sitzen meist Männer. Nur 5% der Pilot*innen sind weiblich. Frauen sind im Cockpit also extrem unterrepräsentiert.
Fanni Pajer ist eine von rund 9.400 Berufspilotinnen weltweit. Ihre Heimatbasis ist am Flugplatz Wiener Neustadt Ost, rund 40 Kilometer südlich von Wien. Hier ist sie Betriebspilotin für einen österreichischen Hersteller von ein- und zweimotorigen Leichtflugzeugen. Ihr Aufgabengebiet umfasst eine der wohl spannendsten Arten des kommerziellen Fliegens: das Überstellen von Leichtflugzeugen von der Flugwerft bis zu den Kund*innen, und das nicht selten über Distanzen von mehreren Tausend Kilometern.
In ihrem Team ist Fanni Pajer das einzige weibliche Mitglied. Was andere Frauen davon abhält, eine Karriere in der Luftfahrt einzuschlagen? „Ich denke, der Beruf des Piloten oder der Pilotin ist für viele Frauen nach wie vor abschreckend. Viele Frauen trauen sich die Tätigkeit nicht zu“, so Pajer. Wie in vielen anderen MINT-Berufen ist dies vor allem ein strukturelles Problem und findet seinen Ursprung in der allerfrühesten Kindererziehung und -sozialisierung. Es ist wichtig, Kinder schon früh für Berufe im MINT-Bereich zu begeistern und zu fördern. „Bereits im Kindergarten sollte das Thema behandelt werden und Begeisterung bei Mädchen für MINT Berufe gefördert werden um so tradierte Rollenbilder zu neutralisieren“, so Pajer.
Was fehlt sind vor allem weibliche Vorbilder um alte Rollenbilder, wie sie in der Luftfahrt bestehen, aufzubrechen. Berufe im Cockpit sind nicht allein Männern vorbehalten und auch ob der körperlichen Anforderungen macht es keinen Unterschied mehr, ob Frau oder Mann. „Dem Flugzeug ist es egal, ob es mit den Händen und Füßen von Frauen oder Männern bedient wird. Mittlerweile besteht in der Fliegerei kein Bedarf mehr für körperliche Stärke wie es vielleicht ganz früher der Fall war“, so Pajer. Sie empfiehlt Eltern oft das Buch „Willow Willpower – High in the Sky!“ – die Geschichte eines jungen Mädchens, das davon träumt zu fliegen und ganz nebenbei damit genau die alten Rollenbilder aufbricht, die es gilt zu überwinden.
In der Theorie hat die Chancengleichheit bei den Anforderungen an den Pilot*innen–Beruf schon Einzug gefunden, in der Praxis sind wir allerdings noch weit davon entfernt sagen zu können, dass sowohl jungen Frauen und Männern die gleichen Chancen in Hinblick auf eine Karriere in MINT–Berufen gegeben wird. Es wird also noch dauern, bis die Frauenquote im Cockpit durchstarten kann – wenn auch mit Vorbildern wie Fanni Pajer der Weg dorthin etwas kürzer zu werden scheint.