Für Frauen beginnt oft nach einer Trennung die bessere Karriere, weil sie fokussierter agieren können – bei Männer ist es häufig umgekehrt, selbst wenn sie bei der Arbeit daheim mitgewirkt haben. Warum?
Sören Bauer: Zum einem gehen 90 Prozent der Trennungen bei Langzeit-Beziehungen von Frauen aus. Oftmals aus einer großen Unzufriedenheit, die entweder dem Partner gegenüber nicht kommuniziert wurde, oder die der Partner nicht wahrgenommen hat. Da sich Frauen lange vor dem Schritt der „Befreiung“ aus der Beziehung zurückziehen, ist dies der letzte Schritt, um nun richtig Gas zu geben. Durch die gewonnene „Freiheit“ werden unglaubliche Energien freigesetzt, damit kann sich die Frau viel stärker auf die Karriere konzentrieren. Dazu kommt, dass Frauen etwas schaffen wollen und in der Beziehung häufig nicht die Gelegenheit dazu hatten, da primär der Mann für den Lebensunterhalt sorgte. Bei Männern ist es komplett anders. Jene, die sich trennen, gehen weil sie sich privat verwirklichen wollen. Wir kennen alle das Bild des 50-Jährigen, der beruflich alles erreicht hat und sich nun selbst verwirklichen möchte, indem er sich einen Porsche/ Harley und/oder eine junge Freundin sucht. Bei ihm ist es offensichtlich, dass es nicht ums Berufliche geht.
Ist es so schwierig sich weiterhin auf „Wesentliches“ zu konzentrieren?
90 Prozent der Männer, die verlassen werden, konzentrieren sich (vor der Trennung) komplett auf den Job und ihr Antrieb zu arbeiten, liegt in der Versorgung der Familie. Doch wenn die Ehefrau geht, was bleibt für den Männern übrig? Denken wir mal in die Säbelzahntiger-Zeit zurück. Das Heim, also die Höhle wurde von der Frau geführt und der Mann war den ganzen Tag unterwegs, um Beeren zu sammeln oder zu jagen. Abends brachte er seine Beute nach Hause, die die Frau zu Essen verwandelt hat. Der Mann war also durchgehend weg, jedoch gedanklich bei der Familie. Nun stellen Sie sich vor: Er kommt mit der Beute nach Hause, und da ist niemand. Was ist also sein Antrieb weiterzumachen? Viele Männer leben unbewusst in diesem alten Schema, während Frauen inzwischen alles alleine können. Deshalb kommen Frauen alleine viel besser klar, als Männer.
Laut Studien geraten zirka 50 Prozent der männlichen Langzeitarbeitslosen in diese Situation, weil sie von ihrer Frau/Partnerin verlassen wurden. Wie erklären Sie das?
Wie schon beschrieben, fehlt diesen Personen der Antrieb. Es wird zwar immer totgeschwiegen, doch im Regelfall machen wir Männer doch vieles vor allem, um Frauen zu beeindrucken. Wenn diese Frau zum Beeindrucken fehlt, was ist dann der Antrieb?
Dabei beklagen Frauen ja auch manchmal diesen Antrieb – dass sich Männer nur für ihre Arbeit interessieren würden. Bei einer Trennung kommt es aber dann auf einmal zu diesem beruflichen Scheitern der Männer. Ein Widerspruch?
Überhaupt nicht. Die Arbeit ist für die Männer ein zentraler Punkt, um Aufmerksamkeit zu bekommen. Diese kann direkt – „Toll, was Du wichtiges machst!“ – oder indirekt – „Toll, was für ein schönes Schmuckstück Du mir gekauft hast!“ – erfolgen. Für Männer sind Frauen der Antrieb. Das merken wir ab der Pubertät. Wenn Sie wollen, dass Ihr Junge etwas Ordentliches anzieht, sagen Sie seiner Freundin, dass Sie Ihm sagen soll, dass er im Anzug viel besser aussieht und Ihr Junge trägt nur noch Anzüge. Frauen haben so viel Macht über Männer, dass beide Geschlechter es nicht merken. Und wir Männer wollen die Aufmerksamkeit der Frauen und gelobt werden.
Wie können männliche Trennungs-Opfer möglichst rasch wieder an Boden – auch beruflich – zurückfinden?
Das klingt so banal, doch meistens ist es entscheidend: Sobald ich anfange, Dinge zu tun, die mich glücklich machen, findet man zurück ins Leben. Wenn man dann noch einen Job hat, der einen ebenfalls ausfüllt, wird es einfacher. Bei größeren Firmen könnte sinnvoll sein, einen emphatischen psychologisch geschulten Mitarbeitervertreter einzustellen, der eine Art erste Hilfe leistet bei Mitarbeitern, die unter großem emotionalem Stress stehen. Es geht darum, die passende Unterstützung von außen zu suchen. Damit fängt das Problem an: Wenn Sie Hilfe brauchen, brauchen Sie auch häufig Hilfe um festzustellen, wer Ihnen helfen kann. Mit hat eine radikale Lebensumstellung geholfen, um aus den alten Gedanken rauszukommen: Sport, Ernährung, Urlaub, neue Gewohnheiten. Ganz wichtig sind jedoch auch Menschen, die einem zuhören und die mit einem sprechen!
Wie haben Sie Ihre berufliche Veränderung durch die Trennung von Frau und Familie erlebt? Was hat Sie geschwächt, was gestärkt?
Ich hatte ab der fünften Sekunde nach der Trennung keinen Antrieb mehr. Wofür sollte ich noch arbeiten? Mein (gefühlter) Lebensinhalt waren meine Frau und die Kinder und der war nun für mein Empfinden weg. Die Kinder waren es dann auch, die mir viel Stärke gegeben haben, weil sie sich dafür entschieden haben, dass sie das Wechselmodell leben wollen. Die meisten Männer kommen irgendwann klar damit, dass die Frau gegangen ist, aber wenn die Frau die Kinder mitnimmt und dem Mann vorenthält – daran zerbrechen viele.
Im Zuge ihrer Trennung haben sie auch mehr als 20 Kilo abgenommen. Welche Erfahrung haben Sie seither gemacht: Haben es attraktive Männer leichter bei Karriere und im Job?
Fürs Protokoll: Ich habe 34 Kilo abgenommen (lacht). Es geht nicht darum, ob es attraktive Männer leichter haben. Es geht darum, wie man sich selbst fühlt. Ich fühle mich attraktiver und habe damit ein höheres Selbstbewusstsein und damit schaffe ich meinen Job besser, weil ich mir vertraue und Selbstvertrauen habe! Dies dürfte allerdings ein Punkt sein, der für Frauen gleichermaßen gilt.

Was war das wichtigste Learning für Sie aus dieser Zeit, das Sie, rückblickend gesehen, auch beruflich ein ordentliches Stück weitergebracht hat?
Mich häufiger Fragen: Will ich das? Und weshalb? Will ich es wirklich? Früher habe ich so vieles gemacht, weil ich glaubte, es zu wollen oder weil es andere wollten. Irgendwann hatte ich kein echtes „Warum“ mehr: Warum tue ich, was ich mache? Mir haben so viele Menschen in der Zeit völlig selbstlos geholfen. Mein Freund, der Schauspieler Francis Fulton-Smith, hat in der schwersten Zeit oft drei Stunden pro Tag mit mir telefoniert. Mit mir am Telefon gelacht, geweint und geredet. Was für eine Wertschätzung! Das Buch habe ich geschrieben, weil ich Menschen helfen möchte. Ich möchte Menschen Inspirieren, Visionen wecken, und fördern. Ich möchte Menschen, die etwas bewegen wollen unterstützen und ihnen eine Bühne geben. Alle meine Aktivitäten beinhalten diese Punkte: Inspiration, Vision und Bewegung!
Zum Buch:
Auch bei Sören Bauer war es – Zufall oder nicht – die Zeit nach den berühmten Sommerurlaubsmonaten: Am 6. September 2022, um 10:37 Uhr, teilte ihm seine Frau mit, dass sie sich trennen möchte. Für den erfolgreichen Medienunternehmer, EuroMinds-Initiator und FaceClub.com-Gründer bricht damit nach 20 Jahren Ehe eine Welt zusammen.
Doch anstatt im Schmerz zu versinken, beginnt Bauer die Signale der vergangenen Jahre zu erkennen – und auf sein Bauchgefühl zu hören. Er lernt, wie wichtig offene Kommunikation ist, gerade in Momenten, in denen Schock und Trauma alles zu überlagern scheinen. Schritt für Schritt findet er den Weg zu klaren Entscheidungen und erkennt, welche Fehler ein verlassener Mensch vermeiden sollte.
Eine scheinbar banale Entscheidung – den Crosstrainer aus der Ecke zu holen – wird zum Startpunkt einer beeindruckenden Transformation. Bauer verliert nicht nur über 30 Kilo, sondern befreit sich auch vom Festhalten an der Vergangenheit und von Unabänderlichem. Dabei entdeckt er, wie entscheidend Empathie und die Fähigkeit, sie zu leben, für Heilung und Neubeginn sind.
Seine Reise führt ihn weg aus dem Schmerz und hinein in ein neues Leben – mit den ersten mutigen Schritten zu einem Neuanfang. Unterwegs begegnet er neuen Menschen, erfährt bereichernde Geschichten und erkennt das Glück, das in unerwarteten Begegnungen liegt.
„Vom Erkennen der Signale bis zum Glück, neu anzufangen“ – diese inspirierende, sehr persönliche Geschichte macht Mut: Sören Bauer erzählt von seinem Wandel nach der Trennung – und davon, warum es Zeit ist, mit dem alten Mantra „Männer weinen nicht“ zu brechen.
„Sören und ich. Wie ich durch eine schwere Krise ein glücklicherer Mensch wurde“ von Sören Bauer, Gräfe und Unzer, 240 Seiten, 22,90 Euro. Bestellbar über Amazon, im Buchhandel erhältlich ab 20.08.2025