Weil sie sich dazu entschied, ein Kind zu bekommen und in Elternzeit zu gehen, musste Westwing-Gründerin Delia Lachance ihren Vorstandsposten abgeben. Als Initiatorin von #stayonboard möchte sie die rechtlichen Rahmenbedingungen, die dazu geführt haben, nun ändern.
Mit 26 Jahren gründet Delia Lachance, die damals noch Delia Fischer heißt, das E-Commerce-Unternehmen Westwing. Die Idee geht auf, das Unternehmen wächst und sieben Jahre später bringt sie es an die Börse. Sie zieht in den Vorstand ein, muss ihren Vorstandsposten nur 17 Monate später aber schon wieder abgeben. Es ist kein schwerwiegender Fehler, der diesem Umstand zugrunde liegt. Sie muss gehen, weil sie Mutter wird und ein halbes Jahr in Elternzeit gehen möchte. So will es nämlich das Gesetz.
In einer Meldung, die auch auf der Seite des Unternehmens zu lesen ist, heißt es: »Die rechtlichen Rahmenbedingungen in Deutschland sehen für Vorstandsmitglieder von Aktiengesellschaften aktuell nicht die Möglichkeit vor, Mutterschutz sowie Elternzeit in Anspruch zu nehmen.« Lachance sei deswegen »wie rechtlich erforderlich von ihrem Amt als Vorstandsmitglied zurückgetreten«. Längerfristige Abwesenheit (z.B. Mutterschutz, Elternzeit, längerfristige Krankheit, Pflege von Angehörigen) zwingt Vorstandsmitglieder in Deutschland also faktisch zu einer Mandatsniederlegung. Wird das Mandat nicht beendet, bestehen die Organpflichten auch während der Abwesenheit fort, und es drohen erhebliche Haftungsrisiken, insbesondere weil Überwachungsaufgaben nicht ordnungsgemäß wahrgenommen werden können. Das Problem beschränkt sich natürlich nicht auf die (wenigen) weiblichen Vorstandsmitglieder. Auch männliche Vorstandsmitglieder sind davon betroffen, denn auch sie können keine Elternzeit oder Pflegezeit in Anspruch nehmen, um sich um ihre Kinder zu kümmern oder pflegebedürftige Angehörige zu betreuen.
Die Initiative #stayonboard, der sich bereits zahlreiche deutsche Topmanager angeschlossen haben, möchte nun die rechtlichen Rahmenbedingungen für Vorstandsmitglieder von Aktiengesellschaften verbessern. Mitgründerin Verena Pausder, Fox & Sheep, Haba Digitalwerkstätten und Aufsichtsrätin der Comdirect-Bank, formuliert die Vision der Initiative in einem Interview mit dem Handelsblatt folgendermaßen: »Es ist an der Zeit für moderne und menschliche Führungsetagen. Eine Mandatsniederlegung muss für Mutterschutz, Pflege oder Krankheit möglich sein. Als ich im März gelesen habe, dass Delia Lachance ihren Vorstandsposten bei Westwing aufgeben musste, weil sie ein Baby bekommt und in Mutterschutz geht, da konnte ich das zunächst gar nicht fassen. Es ist an der Zeit, dass aus Haltung Handlung wird.«
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