Um eines vorweg klarzustellen: Ich finde den deutschen Begriff „Glück“ eigentlich unglücklich gewählt, doch in Ermangelung einer besseren Übersetzung für das englische Wort „Happiness“, werde ich ihn in diesem Artikel verwenden. Was aber meine ich, wenn ich von Glück schreibe? Definitiv nicht das Gegenteil von Pech, denn das zufällige Glück können wir nicht beeinflussen. Unter Glück versteht man auch ein subjektives Wohlbefinden, das wir entweder in einer kurzen Zeitspanne erleben – beispielsweise, wenn wir etwas Gutes essen oder mit Freund*innen beisammen sind – oder dauerhaft empfinden. Das dauerhaft gefühlte Wohlbefinden kommt dem englischen Begriff „Happiness“ am nächsten, und genau um dieses geht es mir in diesem Artikel.
Glück = Lebensqualitätssteigerung
Die Glücksforschung und die Wissenschaftler*innen der positiven Psychologie befassen sich schon seit Jahren mit dem Thema Glück. Sie stellen sich die Frage, wie Menschen, die zufrieden und innerlich ausgeglichen sind, mit schwierigen Situationen umgehen. Welche Werkzeuge haben solche Menschen, und wie schaffen sie es, ein zur Hälfte befülltes Glas Wasser als halb voll und nicht als halb leer zu sehen? Um Glück zur Säule Ihrer Lebensqualität zu machen, braucht es allerdings mehr als bloße Affirmationen. Eine positive Grundhaltung erreicht man nicht durch runtergebetete „Ich-denk-mich-glücklich-Mantras“, die keine innere Ausrichtung bewirken und stets unauthentisch bleiben. Sparen Sie sich die Mühe. Glück braucht mehr.
Eine Studie aus den USA ergab, dass etwa 50 Prozent der Lebenszufriedenheit auf die Genetik, und 10 Prozent auf externe Umstände zurückzuführen sind. In den restlichen 40 Prozent steckt nun das Potenzial, unsere Lebensqualität aktiv zu steuern. Die Wissenschaft hat in mehreren Studien belegt, dass das alte Sprichwort „Glück kann man nicht kaufen“ durchaus seine Berechtigung hat. Aber nur zum Teil. Geld kann Glück bis zu einer Höhe von etwa 75.000 Dollar kaufen – danach hat es keinen signifikanten Einfluss auf unser emotionales Wohlbefinden. Das Streben nach Glück durch immaterielle Mittel ist dabei nachgewiesen effektiver.
Wozu überhaupt Glück?
Glück steht im Zusammenhang mit einer niedrigeren Herzfrequenz und einem niedrigeren Blutdruck, glückliche Menschen werden seltener krank, sie sind besser vor Stress geschützt, weil sie weniger Cortisol ausschütten, neigen weniger zu Schmerzen, Schwindel, Muskelverspannungen und Sodbrennen und leben länger. Mehr noch: Glück macht erfolgreich. Immerhin sind wir mit einer positiven Grundhaltung – wie bereits einstiegs er- wähnt – um satte 31 Prozent produktiver. Dabei muss es kein „natürliches“ Glück sein. Wir wissen, dass die „experimentelle Verstärkung“ positiver Emotionen auch zu besseren Ergebnissen am Arbeitsplatz beiträgt. Menschen, die mit ihrer Arbeit zufrieden sind, kündigen seltener und haben weniger Krankenstände. Dabei sind Glück und Arbeitsleistung eng miteinander verbunden: Glückliche Menschen leisten bessere Arbeit, und Menschen, die gute Arbeit leisten, sind eher glücklich. Die Wissenschaft ist klar: Wir können unser Glücksniveau durch gewisse Maßnahmen steigern.
Meine persönlichen Favoriten zur Steigerung des Glücksempfindens:
1. Verbindung mit Menschen
In einer seit über 80 Jahren geführten Studie der Harvard University wird deutlich, dass zwischenmenschliche Beziehungen der Hauptschlüssel zum Glück sind. Umso wichtiger ist es, seine zwischenmenschlichen Beziehungen zu pflegen, Menschen um sich zu haben, von denen man sich getragen und geliebt fühlt. Nichts ist effektiver.
2. Anderen Gutes tun
Menschen, die anderen etwas Gutes tun, steigern ihr Glücksempfinden erwiesenermaßen deutlich. Sogenannte „Random acts of kindness“ – einer alten Frau über die Straße helfen, jemandem etwas schenken, etc. – führen zu einer erhöhten Ausschüttung von Oxytocin und Dopamin, was wiederum zu einer Steigerung der Lebenszufriedenheit führt.
3. Nutzen Sie Ihre Stärken
Finden Sie heraus, was Ihre Stärken sind – etwa anhand des Clifton-Strengths Finder, und versuchen Sie, sie täglich einzusetzen.
4. Dankbarkeitsübungen
Legen Sie sich ein Dankbarkeitsgefäß zu, das Sie mit Notizen von und Andenken an schöne(n) Momente(n) befüllen. Leeren Sie es am Ende eines Jahres und kleben Sie den Inhalt in ein Buch.
5. Betreiben Sie Psychohygiene
Denken Sie einmal darüber nach, was Ihnen dabei hilft, sich gut zu fühlen. Bei mir sind das ein Stück Schokolade, schöne Musik oder eine Folge Pumuckl. Setzen Sie diese Dinge ein, um nicht ins tiefe Tal des Unglücks abzusteigen und oft selbst kreierte Dramen zu vermeiden.
6. Visionboard
Am Ende jedes Jahres erstelle ich Visionboards darüber, wie ich mich im neuen Jahr fühlen will. Das stärkt die innere Ausrichtung und gibt Glücksmomente.
7. Gefühle zulassen
Wer Gefühle zulässt und sie nicht wegdrückt – auch wenn’s im Moment schwer sein kann, sie zu durchleben – dem wird es de facto langfristig besser gehen. Also, lassen Sie sie zu.
Über die Autorin: Sabine Gromer hat 20 Jahre ihrer Karriere in der Finanzwelt verbracht, in dieser Zeit verschiedenste Führungsrollen übernommen und in London, New York, Hongkong und Tokio gelebt. Zuletzt war sie als Managing Director die Global Head of Organisational Effectiveness bei der Rating- Agentur S&P Global Ratings (ehemals Standard & Poor’s Ratings) in London. Vor zweieinhalb Jahren ist sie nach Wien gezogen und hat sich mit der Gründung ihres Unternehmens MagnoliaTree einen Lebenstraum erfüllt. Heute wirkt sie als Executive Coach für Strategieentscheider:innen und als Transformationsarchitektin für Change Leadership und erforscht die Essenz von Würde.