StartMoneySo funktioniert die nachhaltige Geldanlage

So funktioniert die nachhaltige Geldanlage

Die jüngsten Aussagen von mächtigen Politikern zur „Nachhaltigkeit“ unterstreichen den Ernst der Lage rund um den blauen Planeten: Während die EU einen Teil der Corona-Hilfsgelder an nachhaltige Projekte koppelt, stellte vor wenigen Monaten Chinas Staatschef Xi Jinping klar, dass sein Land bis 2060 klimaneutral sein wird. Damit soll eine Balance zwischen Kohlenstoffemissionen und der Aufnahme von Kohlenstoff hergestellt werden, etwa indem mehr Bäume gepflanzt werden. Auch die USA hegen ehrgeizige Pläne. Der neue Präsident Joe Biden verkündete etwa den Wiedereintritt in das Pariser Klimaabkommen. Bei dem Abkommen einigten sich Ende 2015 fast 200 Länder, die globale Erwärmung auf unter zwei Grad Celsius im Vergleich zum vorindustriellen Niveau zu begrenzen.

Verständlich, dass die Nachhaltigkeit auch an der Börse zunehmend in den Fokus rückt. Einzig, dabei zählen längst nicht nur grüne Aspekte. Mit Ausbruch der Pandemie geraten soziale Aspekte verstärkt in den Mittelpunkt, etwa zum Thema Gesundheit: „Menschen müssen weltweit einen Zugang zu medizinischer Versorgung erhalten und die Produktsicherheit muss gewährleistet werden“, verweist Ingrid Szeiler, Chefanlagestrategin bei der Raiffeisen Capital Management (RCM) auf ein soziales Thema. Außerdem müssen die Herstellung der Wirkstoffe fehlerfrei „und Produkte ausreichend verfügbar sein“. Auf all diese Themen achte man bei der Titelselektion aus der Gesundheitsbranche konsequent, spannt Szeiler den Bogen zu ihrem Haus: „Wir hinterfragen Herstellungsprozesse, Zugangsmöglichkeiten und
Verteilungssysteme von Unternehmen und Staaten.“

Damit ist längst nicht Schluss. Auch die faire Unternehmensführung wird zunehmend thematisiert. Es geht dabei um gerechte Lösungen für Mitarbeiter in Krisenzeiten, aber auch um eine faire Entlohnung sowie die Gleichberechtigung von Frauen. All diese Themen – von ökologisch zu sozial – werden in der Welt des nachhaltigen Investierens im Übrigen unter den Buchstaben „ESG“ zusammengefasst. Sie stehen für die englischen Worte „Environmental“, „Social“ und „Governance“ und bilden die Entscheidungsgrundlagen für viele nachhaltige Geldanlagen.

Verstoßen einzelne Unternehmen oder ganze Branchen allzu sehr gegen diese Grundlagen, werden sie von den Investmentprofs kategorisch ausgeschlossen. Szeiler von der RCM verweist auf solche Ausschlusskriterien in ihrem Haus: „Dazu zählen Verstöße gegen Menschen- und Arbeitsrechte genauso wie Korruption oder fossile Energieträger.“ Auch die Waffen- und die Alkoholbranche werden oftmals ausgeschlossen.

Danach geht es mit der Titelselektion auch schon los. In der Regel werden aus jenen Branchen, die nicht kategorisch ausgeschlossen sind, jeweils Unternehmen gewählt, die als besonders nachhaltig gelten. Ein Beispiel ist der japanische Automobilhersteller Toyota, der gerade seine Elektromobilität weiterentwickelt. Die Bemühungen gefallen dem US-amerikanischen Finanzdienstleister MSCI. Die Aktie hat es deshalb in den Nachhaltigkeitsindex „MSCI World ESG Screened Index“ geschafft.

Interessierte AnlegerInnen können dabei in den Index investieren, etwa mit einem börsengehandelten Indexfonds. Solche Produkte werden im Fachjargon ETFs (Exchange Traded Funds) genannt. Das Besondere daran: ETFs bilden einfach nur die Wertentwicklung eines Indexes ab, ohne dass ein Fondsmanager aktive Investmententscheidungen trifft. Und weil deshalb auch kein Fondsmanager bezahlt werden muss, sind ETFs günstiger als aktiv gemanagte Fonds. Ein Beispiel ist der iShares „MSCI World ESG Screened UCITS ETF“ (IE00BFNM3K80).

Einzig, vielen AnlegerInnen reicht inzwischen rein die Selektion der geringsten „Sünder“ pro Branche nicht mehr aus. Katja Filzek, Senior ESG-Strategin bei Union Investment, verweist in diesem Zusammenhang auf den Aspekt der Transformation, der zunehmend in den Fokus rückt. Ähnlich lautet der Tenor in anderen Investmenthäusern. Tanja Dillenberger, Marketingexpertin bei der deutschen Ökoworld meint, „wir schließen Unternehmen, die gegen unsere Auswahlkriterien verstoßen, konsequent aus und benötigen gleichzeitig einen verbessernden Zukunftsaspekt des Unternehmens, um es aufzunehmen“.

Die Strategie scheint bei Ökoworld aufzugehen. So kann sich etwa der „Ökoworld Ökovision Classic Fonds“ (LU0061928585) langfristig behaupten. Der Fonds investiert in Aktien aus unterschiedlichen Branchen, unter anderem in die Energieeffizienz mit dem Solarenergieproduzenten SunPower, in den nachhaltigen Transport mit dem dänischen Transportkonzern A. P. Møller-Mærsk, aber auch in den Pharmabereich etwa mit Eurofins Scientific. Der Konzern bietet analytische Dienstleistungen für die
Lebensmittel- und Pharmabranche an.

Hinzu gibt es eine weitere junge Dynamik: Immer öfters bringen sich Fondsmanager in die Unternehmensstrategie ein. Das heißt, sie treffen sich mit Vorständen, um Nachhaltigkeitsdefizite zu besprechen, und stimmen auf Hauptversammlungen über die Vorhaben der Unternehmen ab. Walter Hatak, Leiter Sustainable Investments in der Erste Asset Management, präzisiert: „Wir setzen die Stimmrechte mit den Aktieninvestments unserer Anleger gezielt ein und halten uns streng an eine nachhaltige Abstimmungsrichtlinie.“

Damit ist noch immer nicht Schluss. Ein weiterer wichtiger Trend ist die wachsende Zahl an Einzelthemen. Bei der RCM wurde im April 2020 der „Raiffeisen-Smart Energy-ESG Fonds“ (AT0000A2DFF8) lanciert, der das Ziel hat, etwa mit Unternehmen aus der Wind- und Wasserstoff Industrie, zur Energiewende beizutragen. Ein weiteres Thema in der Welt der Nachhaltigkeit ist die Ressourcenverschwendung, welches etwa das „Vontobel Circular World Indexzertifikat“ (DE000VE85VQ6) abdeckt. Dabei wird in jene Firmen investiert, die zur Abfallvermeidung und zum Recycling beitragen. In jene Unternehmen, denen Genderdiversity ein Anliegen ist, setzt wiederum der „Lyxor Global Gender Equality UCITS ETF“ (LU1691909508).

Auch bei Anleiheinvestments gibt es interessante Entwicklungen. Vor allem der Bereich der „Green Bonds“ wächst. Der Erlös aus diesen Anleihen muss für nachhaltige Zwecke eingesetzt werden. Einerlei, ob die „Green Bonds“ von einem Staat oder einem Unternehmen begeben werden, wobei das Volumen vor allem in Europa wächst. Besonders geschickt selektiert das Fondsmanagement des „ODDO BHF Green Bond“ (DE0008478082) die Papiere – fast ein Drittel entfallen auf Emittenten aus Frankreich.

Dabei ist Europa nicht nur bei „Green-Bond“-Emissionen Vorreiter. Auf politischer Seite wurden jüngst mit der Verabschiedung der EU-Taxonomie wichtige Schritte gesetzt: Es geht um ein gemeinsames Klassifikationssystem, anhand dessen Investoren erkennen, welche Wirtschaftstätigkeiten als ökologisch nachhaltig gelten. Das schaffe Transparenz und Orientierung, sagt Filzek von der Union Investment. Sie meint aber auch, „die Umsetzung kann mit großen Kosten einhergehen. Derzeit entsprechen wenige Firmen den Standards der Taxonomie“. Zudem beziehe sich die Taxonomie bisher nur auf das Klima und erneuerbare Energien. Filzek ist dennoch überzeugt: Mit der EU-Taxonomie nehme die Region eine führende Rolle bei der Nachhaltigkeit ein.

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