Sie sind meist noch äußerst rüstig und wollen ihren Lebensabend durchwegs genießen: Die Rede ist von den sogenannten Silver Agers, wobei der englische Fachjargon freilich eine Anspielung auf das graumelierte Haar älterer Menschen ist. Die langfristige Entwicklung in dieser Bevölkerungsgruppe sollte dabei nicht unterschätzt werden. Denn sie wächst kontinuierlich, wie Prognosen belegen. Laut einer Studie der Weltgesundheitsorganisation WHO aus 2022 wird bis zu dem Jahr 2030 bereits einer von sechs Menschen über 60 Jahre alt sein, deren Anteil an der Weltbevölkerung wird damit auf gut 1,4 Milliarden ansteigen.
Und wie sieht es insbesondere in der EU aus? Auch in dieser Region ändert sich das Altersprofil, konstatiert Monika Kiss, Hauptautorin der Studie Demografischer Ausblick für die Europäische Union, die im vergangenen Jahr veröffentlicht wurde. Kiss ist Policy Analyst im Europäischen Parlament. Und sie meint weiters, dass anhand eines Vergleichs des Jahres 2001 mit dem Jahr 2020 ein Anstieg des Medianalters von 38,4 Jahren auf 43,9 Jahre zu beobachten sei.
Die Studie offenbart noch weitere Details. So sei die Lebenserwartung von Frauen nach wie vor höher als bei Männern, wenn gleich die geschlechtsspezifische Diskrepanz etwas abgenommen hat. Konkret wird die durchschnittliche Lebenserwartung in der EU-27 für die im Jahr 2019 Geborenen bei Frauen auf 84 Jahre und bei Männern auf 78,5 Jahre geschätzt.
„Die Lebenserwartung von Frauen ist nach wie vor höher als jene von Männern.“
Einzig, die alternde Gesellschaft bringe auch Herausforderungen aufgrund des wachsenden Bedarfs etwa an Gesundheits- und Pflegedienstleistungen sowie – mit Blick auf die Einsamkeit – die Notwendigkeit einer sozialen Inklusion älterer Menschen mit sich, betont Kiss. Doch auch auf zahlreiche Wirtschaftsbereiche haben die demografischen Veränderungen weitreichende Auswirkungen. Zahlreiche Sektoren profitieren von den Entwicklungen.
Darauf verweist Silvia Richter, Leiterin Private Banking Wien und Vorstandsmitglied der Zürcher Kantonalbank Österreich (ZKB Oe). Richter spannt den Bogen zu gleich mehreren Segmenten, zu denen sie nicht nur den Gesundheitsbereich zählt. Die Privatbankerin meint, dass auch die Freizeitbranche sowie Finanzdienstleister und der Konsumsektor von den Entwicklungen profitieren dürften.
Breites Silver-Age Universum
Aus Sicht der Vermögensverwaltung steht für Richter in diesem Zusammenhang deshalb fest: „Auch Anlegerinnen können mit gezielten Investments entsprechend auf die demografischen Entwicklungen langfristig setzen.“ Denn immer mehr Unternehmen, die teils an der Börse notiert sind, haben das Potential dieser Bevölkerungsschicht erkannt und bieten mitunter maßgeschneiderte Lösungen speziell für ältere Menschen an.
Anlegerinnen sollten jedoch, wie bei allen Investments, breit gestreut investieren. Eine Möglichkeit bietet beispielsweise der CPR Silver Age Fund (FR0010836163). CPR ist ein französische Fondsgesellschaft und Tochter des Vermögensverwalters Amundi, der ebenfalls seinen Hauptsitz in Frankreich hat.
CPR-Fondsmanager Eric Labbé veranlagt in diesem Portfolio in europäische Titel (inklusive Großbritannien), da die Alterung in der Region bereits sehr weit fortgeschritten sei, wie er sagt. Überhaupt sei das Silver Age-Universum äußerst vielfältig, betont Labbé in Hinblick auf die Entwicklungen weltweit.
„Denn Pensionisten haben, je nach Altersgruppe, unterschiedliche Bedürfnisse. Im Alter von 60 Jahren, bei guter Gesundheit und Agilität, geben sie einen Großteil ihres Geldes für Freizeit und Wohlbefinden aus. Sie achten zudem darauf, dass ihr Vermögen gut verwaltet wird, um es an die nächsten Generationen weiterzugeben.“ Bei noch älteren Menschen mache die Gesundheitsfürsorge und Pflege einen großen Teil ihrer Ausgaben aus.
Medizin als wachsendes Thema
Besonders fündig wird Labbé derzeit in Frankreich, so etwa mit dem Pharmaunternehmen Sanofi. Der Konzern entwickelt unter anderem Krebsmedikamente. Denn mit der immer älter werdenden Bevölkerung nehme schließlich auch die Zahl der bösartigen Tumorerkrankungen kontinuierlich zu, heißt es seitens Sanofi.
In den französischen Versicherungskonzern Axa, sowie in den deutschen Versicherer Allianz investiert der CPR-Fonds ebenfalls. Labbé meint, „auch Finanztitel haben ihren Platz im Themenfeld ‚Ageing‘.“ Versicherer etwa böten Pensionsversicherungslösungen an. Und weshalb sind Aktien von Autobauern wie etwa BMW und Daimler im Fonds enthalten? „Pensionisten sind die größten Käufer von Neuwagen, wenn man von Unternehmensfuhrparks absieht, und sie kaufen zudem eher Fahrzeuge der Spitzenklasse“, weiß der CPR-Fondsmanager.
Der iShares Ageing Population UCITS ETF (IE00BYZK4669) veranlagt hingegen weltweit. Bei einem ETF handelt es sich grundsätzlich um einen börsengehandelten Fonds (Exchange Traded Fund), der in der Regel einen Index kostengünstig abbildet.
In diesem Fall ist es der STOXX Global Ageing Population Index. Darin sind selbst Aktien aus den Emerging Markets wie China und Brasilien enthalten. Bahram Sadighian, Head of iShares & Wealth Austria and Central Eastern Europe bei BlackRock, meint, der Anteil der Bevölkerung im Alter von 65 Jahren und darüber sei immerhin die am schnellst wachsende Alterskohorte weltweit – auch in zahlreichen Schwellenländern. In China etwa sind die Folgen der Ein-Kind-Politik deutlich sichtbar. Die Bevölkerung schrumpft und altert zunehmend.
Doch worum genau geht es in diesem Produkt? Der STOXX-Index investiert ebenfalls in Wirtschaftsbereiche, die vom wachsenden Anteil älterer Menschen profitieren dürften. Dabei ist der Bereich der Gesundheitsversorgung mit rund 50 Prozent am höchsten gewichtet. Schließlich geben etwa 70-Jährige dreimal mehr für die Gesundheitsversorgung aus als 35-Jährige, zeigt Sadighian auf.
So ist beispielsweise die niederländische Argenx Teil des Indexes. Der Konzern entwickelt Therapien zur Bekämpfung von Autoimmunerkrankungen sowie Krebs. Der Finanzsektor ist im Index ebenfalls hoch gewichtet. Sadighian sieht auch darin interessante Chancen und meint, „ältere Menschen sind heute hauptsächlich auf Staat und Familie angewiesen, die beide durch zunehmende Abhängigkeitsverhältnisse, eine längere Lebenserwartung und eine hohe Staatsverschuldung unter Druck geraten sind.“ Und so ist etwa American Equity Investment Life Insurance ebenfalls Teil des Indexes.
Chancen im Private Banking
Doch auch im Private Banking stehen die Silver Agers zunehmend im Fokus, berichtet ZKB Oe-Expertin Richter. Immerhin wachse die Zahl der Kunden in der Gruppe ab 55 Jahre am stärksten. „Ein großes Anliegen dieser Gruppe liegt auf den Vermögenserhalt für sich und die nächste Generation, wobei die Vermögensübergabe immer mehr in den Vordergrund rückt.“
„Ein großes Anliegen älterer Kunden liegt auf dem Vermögenserhalt für sich und die nächste Generation.“
Das Thema der alternden Bevölkerung ist damit sichtlich umfangreich und wird von immer mehr Wirtschaftsbereichen wahrgenommen. Risiken bei solchen Themeninvestments an der Börse können jedoch auch hier nicht ausgeschlossen werden, trotz der langfristigen Perspektive. Das müssen Anlegerinnen ebenfalls beachten.