In der Bau- und Immobilienbranche entstehen täglich riesige Datenmengen – von Ausschreibungsunterlagen und BIM-Modellen über Pläne, Protokolle und Fotos bis hin zu Mess- und Sensordaten. Vieles davon verschwindet in Ordnerstrukturen, E-Mail-Threads oder Insellösungen. Wissen geht verloren, Entscheidungen basieren auf Fragmenten statt auf dem Gesamtbild.
Mit seiner KI-Plattform bietet das 2024 in Wien gegründete Start-up Howie eine Lösung, die diese verstreuten Informationsquellen zusammenführt und in einen zentralen Wissensspeicher überführt. Ziel ist es, das „AI Brain for the Built World“ aufzubauen – ein intelligentes System, das Daten versteht, verknüpft und in konkrete Handlungsempfehlungen übersetzt. AEC-Unternehmen – also Akteur*innen aus Architektur, Engineering und Construction – sollen damit schneller Antworten auf zentrale Fragen finden: Was hat bei ähnlichen Projekten gut funktioniert? Welche Risiken tauchen immer wieder auf? Wo liegen Effizienzpotenziale, die bislang ungenutzt bleiben?
Die Idee entstand aus der Praxis: Gründerin und CEO Ewa Lenart war selbst mehrere Jahre als Architektin tätig und erlebte, wie viel wertvolles Erfahrungswissen in Projekten steckt – und wie schwierig es ist, dieses Wissen im entscheidenden Moment abzurufen. Für sie sei der Einstieg des neuen Investors ein entscheidender Schritt: Dar Ventures an Bord zu haben, sei „sowohl ein starkes Vertrauensvotum als auch eine enorme Chance“, sagt sie. Die tiefe Branchenexpertise und die globale Präsenz von Dar machten den Fonds zum idealen strategischen Partner, „während wir unsere Plattform skalieren und KI-gestützte Einblicke liefern, die die Arbeit von Architektur-, Ingenieur- und Bauteams grundlegend verändern“.
Technologisch setzt Howie auf eine Kombination aus KI-gestützter Suche, semantischer Analyse und Datenintegration. Die Plattform kann mit unterschiedlichsten Datenquellen umgehen – von BIM- und Planungsdaten über Bilder und Reports bis hin zu unstrukturierten Archiven oder Sensordaten. Anstatt nur Dateinamen zu durchsuchen, versteht die KI Inhalte, Kontexte und Zusammenhänge. Projektteams können so gezielt nach früheren Lösungen für komplexe Detailpunkte suchen oder aus abgeschlossenen Projekten systematisch lernen.
Strategischer Investor als Wachstumsturbo
Dass der Ansatz in der Branche einen Nerv trifft, zeigt der Einstieg von Dar Ventures. Der Venture-Capital-Arm von Dar, einer weltweit tätigen Design- und Engineering-Consultancy und Gründungsmitglied der globalen Design-Kollaboration Sidara, investiert einen sechsstelligen Betrag in Howie. „Howie passt perfekt zu unserem strategischen Fokus auf den Einsatz von KI im AEC-Sektor“, erklärt Nader Aboushadi, Group Chief Treasurer Sidara & Director Dar Ventures. Die Plattform adressiere direkt den dringenden Bedarf der Branche nach effizientem Informationsmanagement, operativer Transparenz und skalierbarer Automatisierung. Man freue sich darauf, eng mit dem Team zusammenzuarbeiten, „um ihr Wachstum zu unterstützen und echten Mehrwert für jene Unternehmen zu schaffen, die unsere gebaute Umwelt prägen“.
Das Investment baut auf früherer Unterstützung durch Pi Labs und die Wirtschaftsagentur Wien auf und verankert die Vorbereitung auf die erste größere Finanzierungsrunde im ersten Quartal 2026. In den kommenden zwölf Monaten will Howie von aktuell fünf großen AEC-Unternehmen auf rund 20 Enterprise-Kund*innen wachsen, das Wachstum von Quartal zu Quartal beschleunigen und den Weg für einen breiteren Markteintritt in Europa und der MENA-Region ab 2027 ebnen.
Parallel dazu plant das Team, die KI-Analyse-Engine weiter zu vertiefen und zusätzliche Integrationen zu gängigen Datenquellen zu entwickeln – von BIM und Zeichnungen über Bilder und Reports bis hin zu Archiven und Sensordaten. So positioniert sich Howie als Intelligenzschicht über der gebauten Umwelt, die Wissen sichert und nutzbar macht.
Mit Ewa Lenart steht eine Female Founder an der Spitze eines Deep-Tech-Start-ups in einer traditionell männlich geprägten Branche. Sie verbindet Architektur-Know-how mit Technologie- und Business-Fokus – und zeigt, wie datengetriebene Innovation die Bauwelt effizienter, transparenter und nachhaltiger machen kann. Wenn es gelingt, das „AI Brain for the Built World“ zu etablieren, könnten künftige Bauprojekte nicht nur schneller und wirtschaftlicher, sondern auch ressourcenschonender und resilienter realisiert werden.
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