Wie begegnet man Zeiten, in denen Brücken fehlen? In denen alte Führungsmodelle brüchig werden und neue noch nicht gebaut sind? Die Antwort von Psychoanalytikerin und Polit-Beraterin Erika Freeman klingt so einfach wie inspirierend: „Wenn du nicht über die Brücke gehen kannst, dann schwimme. Beim 7. CEO & GM Circle – initiiert von Julia Pfneißl-Mauritz, Kornelia Diemunsch und Manuela Kaiser – wurde genau das praktiziert: schwimmen, denken, ausprobieren, austauschen. Offen, mutig und generationenübergreifend.
Weisheit mit 98 Jahren: Erika Freeman begeistert den Circle
Sie ist eine Legende der internationalen Politik- und Wirtschaftsberatung und wurde kürzlich für ihre Pionierrolle mit dem Minerva-Award von sheconomy ausgezeichnet: Erika Freeman. Mit 98 Jahren überraschte sie das Publikum nicht nur mit Witz und Klarheit, sondern auch mit einer Botschaft, die viele Führungskräfte heute brauchen: „Man muss ein bisschen meschugge sein in dieser Welt, um nicht verrückt zu werden.“ Und mehr denn je gilt: „Führst du mit Hass, ist es gefährlich. Führst du nur mit Liebe, kann es auch gefährlich sein. Führe mit Respekt.“
Wachstum unter Unsicherheit
Eröffnet wurde der Tag von Ali Mahlodji, Modern Business Humanist, der provokant fragte: „Wie willst du Transformation vorantreiben, wenn du in deiner Firma keine Persönlichkeiten hast?“ Er erinnerte daran, dass viele in ihren Jobs unzufrieden sind – und dennoch kaum bereit, Veränderung aktiv anzugehen. Zukunft, so seine These, sei kein Schicksal, sondern eine Entscheidung, die jede:r täglich treffen müsse. Er zitiert Viktor E. Frankl, „Das Leben wird nie durch die Umstände unerträglich, sondern nur durch das Fehlen von Sinn und Zweck“. Und weist darauf hin: „Optimismus zu lernen, ist ein täglicher Beschluss unserer inneren Einstellung und führt zur Verbundenheit mit unserer Umwelt“. Kurz gesagt: Es gibt keine Ausrede, es gar nicht erst zu versuchen.
Wie bleibt man nicht nur robust, sondern entwickelt sich gerade unter Druck weiter? Antworten dazu lieferte Sabine Gromer in ihrem Workshop über Antifragilität. Sie ermutigte dazu, Unsicherheit nicht zu bekämpfen, sondern als Quelle für neues Denken zu nutzen. Sie empfahl dazu das Buch „Transitions“ von William Bridges und plädierte für differenziertes Denken: Was darf sich verändern? Was sollte bewusst stabil bleiben? Ihre Gruppen-Übung mit Lawinen-Rettungssonden sorgte nicht nur für eine tolle Dynamik im Raum, sondern machte auch humorvoll klar: Ohne kluge, abgestimmte Zusammenarbeit bleibt jede Strategie in der Luft hängen.
Generationen verbinden – Wissen bewahren
Besonders intensiv wurde beim Thema „Innovative und inklusive Generationen-Lösungen“ diskutiert, wo auch SHEconomy mit am Tisch vertreten war. Moriz Piffl-Percevic, Gründer, Gesellschafter und Ideengeber des Generationen-Cafés und „Oma-Backschule“ Vollpension, kritisierte, wie wenig systematisch Unternehmen wichtiges und bereits etabliertes Wissen beim Offboarding sichern. Zudem machte er auf die sozialen Folgen fehlender Aktivität im Alter aufmerksam: „Menschen, die man nicht aktiv sein lässt, werden öfter krank und kosten letztlich mehr. Wer nichts zu tun hat, wird depressiv.“ Dirk Adam, CFO von Volvo, zeigte sich hoffnungsvoll angesichts jüngerer, gesellschaftlicher Entwicklungen: „Ich bin überzeugt, dass sich in diesem Bereich gerade viel bewegt.“ Auch weil die Sinnfrage wieder stärker in den Vordergrund rückt und nicht mehr nur das reine Optimieren, wie Josef Pfabigan, CEO von den Vier Pfoten, festhält.
Was bleibt von diesem Tag? Vor allem die Erinnerung daran, dass Führung heute Beweglichkeit braucht: den Mut zum Schwimmen, wenn alte Brücken fehlen. Und das Vertrauen, dass kollektives Wissen und offener Austausch stärker machen – über alle Hierarchien und Generationen hinweg.